Kontrahierungszwang – ja oder nein?

TeleClinic widerspricht ABDA

Berlin - 05.11.2020, 10:00 Uhr

Auch wenn die TeleClinic freudig verkündet, ihre Rezepte seien bereits über mehr als 2000 Apotheken abgewickelt worden – nicht alle Pharmazeuten jubeln. (p / Screenshot: Teleclinic.com)

Auch wenn die TeleClinic freudig verkündet, ihre Rezepte seien bereits über mehr als 2000 Apotheken abgewickelt worden – nicht alle Pharmazeuten jubeln. (p / Screenshot: Teleclinic.com)


Vergangene Woche verkündete der Telemedizinanbieter TeleClinic den Launch eines neuen Portals, das Apotheken vor Ort eine problemlose Belieferung der TeleClinic-Privatrezepte ermöglichen soll. Auf seiner Webseite erklärt TeleClinic, dass für die Apotheken sogar ein Kontrahierungszwang bestehe. Die ABDA äußerte gegenüber DAZ.online allerdings Zweifel an dieser Annahme. Doch TeleCinic pocht darauf: Ihre Rezepte werden ordnungsgemäß übermittelt – die Einschätzung der ABDA sei „nicht korrekt“.

Die in München ansässige Teleclinic mit ihren Online-Sprechstunden hebt sich eigentlich positiv ab von Telemedizin-Anbietern mit Sitz in Ländern wie Großbritannien, die Kunden lediglich nach einer Fragebogen-Anamnese mit dem gewünschten Präparat versorgen. Doch seitdem sich die TeleClinic von der Schweizer Zur Rose Group hat schlucken lassen, weht dem deutschen Telemedizinanbieter ein kühler Wind aus weiten Teilen der Apothekerschaft entgegen. Gleich nach der Übernahme hatte sich apotheken.de aus der zuvor bestehenden Kooperation verabschiedet. Apotheken.de hatte bis dato für die Schnittstelle mit den Vor-Ort-Apotheken gesorgt. Doch die neue Verbundenheit des Online-Arzt-Portals mit einem Arzneimittelversandhändler ließ alle Alarmglocken schrillen.

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apotheken.de beendet Zusammenarbeit mit TeleClinic

Die TeleClinic stellte die Trennung von apotheken.de vor ganz praktische Probleme – vertraglich verbunden war sie nun nur noch mit einer deutschen Versandapotheke. Stationäre Apotheken, die nun mit Rezepten von TeleClinic-Patienten konfrontiert waren, gerieten in Schwierigkeiten – die Verordnungen erreichten sie per Fax oder Mail. Die erforderliche, aber nicht auffindbare qualifizierte elektronische Signatur bereitete den Apotheken ebenso Bauchschmerzen wie die Möglichkeit, dass das Rezept in verschiedenen Apotheken angelandet sein und mehrfach bedient werden könnte.

All diese Probleme sollen nun aus der Welt sein. In der vergangenen Woche gab TeleClinic den Launch eines neuen Portals zur Vernetzung mit Vor-Ort-Apotheken bekannt. So soll es funktionieren: Nach der Online-Behandlung stellt der Arzt des TeleClinic-Netzwerks ein Privatrezept aus und versieht es mit einer qualifizierten elektronischen Signatur. Der Patient entscheidet dann, wo er das Rezept einlösen möchte: Er kann sie in der App wählen, die Apotheke muss sich vorher nicht registrieren. Die TeleClinic wiederum informiert dann die ausgewählte Apotheke und übermittelt dieser das Rezept elektronisch. „Der Patient erhält niemals das signierte Rezept“, betont die TeleClinic auf ihrer Webseite – offenbar um klarzustellen, dass eine wiederholte Einlösung nicht möglich ist. Schließlich erhält der Patient eine Benachrichtigung, wenn das gewünschte Arzneimittel abholbereit ist.

TeleClinic: Ein PC mit E-Mailzugang reicht

Da die TeleClinic zu den auf seiner Webseite gestellten „Häufigen Fragen“ erklärt, das elektronische Rezept dürfe nicht nur beliefert werden, sondern es bestehe sogar ein „Kontrahierungszwang gemäß § 17 Abs. 4 ApoBetrO“, hatte DAZ.online bei der ABDA nachgehakt, ob sie ebenfalls eine solche Abgabepflicht sieht. Unter anderem antwortete die ABDA, dass nicht ordnungsgemäß ausgestellte Rezepte, etwa solche, die ausschließlich per Telefax übermittelt werden, nicht beliefert werden dürften – von eben solchen Fällen hatten Apotheker schließlich berichtet.

Doch TeleClinic widerspricht nun: Die Rezepte würden nicht per Telefax übermittelt. Zwar erhalte die vom Patienten gewählte Apotheke durchaus eine E-Mail oder ein Fax – doch diese enthielten eine URL, über welche das Rezept sodann aufrufen werden könne. „Erhält ein Apotheker ein Fax von TeleClinic, so handelt es sich demnach lediglich um die Benachrichtigung, nicht jedoch um das Rezept als solches“, so TeleClinic-Gründerin und Geschäftsführerin Katharina Jünger. Sie versichert überdies, dass die übermittelten Rezepte die qualifizierte elektronische Signatur des Arztes enthielten – dies prüfe TeleClinic explizit vor Übermittlung. Insofern seien die Verordnungen ordnungsgemäß ausgestellt.

Die ABDA hatte auch darauf verwiesen, dass Apotheken etwaige Änderungen am Rezept ebenfalls mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen müssen. „Dass bereits heute jede Apotheke die hierfür erforderlichen technischen Voraussetzungen in allen Fällen erfüllen können muss, um eine elektronische Verschreibung zu verarbeiten, ist zu verneinen“, so die ABDA. Und wenn dies nicht so ist, sei der Kontrahierungszwang in dieser Hinsicht eingeschränkt.

Dass eine Korrektur nur mit qualifizierter elektronischer Signatur möglich ist, sei korrekt, räumt Jünger ein. Aber auch hier liegt für sie die Lösung auf der Hand: mit dem Arzt Kontakt aufnehmen und sich ein neues, korrektes digitales Rezept schicken lassen. Katharina Jünger betont: „Zur Einlösung eines TeleClinic Rezeptes muss lediglich ein PC mit E-Mail-Zugang vorhanden sein“.

Laufender Rechtsstreit 

Auch wenn die TeleClinic freudig verkündet, ihre Rezepte seien bereits über mehr als 2000 Apotheken abgewickelt worden – nicht alle Pharmazeuten jubeln. So hat Thomas Grittmann, Apotheker im unterfränkischen Miltenberg, nach eigenen schlechten Erfahrungen mit einem TeleClinic-Rezept im September juristische Schritte gegen den Telemedizinanbieter eingeleitet. Das Gericht hat seine Entscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren für den heutigen Donnerstag angekündigt. 



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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1 Kommentar

Bzgl. online-Arzt-eRezept-Glücksritter/in

von Alfons Neumann am 06.11.2020 um 0:59 Uhr

fällt mir nur das damalige Zitat von Peter Struck bzgl. der CDU ein... dkmm

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