Referentenentwurf für weiteres Digitalisierungsgesetz

Neues zum E-Rezept

Berlin - 17.11.2020, 16:45 Uhr

Künftig sollen Versicherte E-Rezepte auch über ihre elektronische Gesundheitskarte abrufen lassen können. (p / Foto: Ivan / stock.adobe.com)

Künftig sollen Versicherte E-Rezepte auch über ihre elektronische Gesundheitskarte abrufen lassen können. (p / Foto: Ivan / stock.adobe.com)


Bundesgesundheitsminister Jens Spahn will das „große Potenzial der Digitalisierung“ im Gesundheitswesen und der Pflege weiter ausschöpfen. Dazu hat sein Haus jetzt den Referentenentwurf für ein „Gesetz zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege“ vorgelegt. Unter anderem geht es um die Weiterentwicklung der Telemedizin, der elektronischen Patientenakte und des E-Rezepts.

Nach dem Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) und dem Patientendaten-Schutzgesetz (PDSG) hat das Bundesgesundheitsministerium das dritte Digitalisierungsgesetz in dieser Legislaturperiode in Angriff genommen. Im Oktober wurden zunächst die Eckpunkte für dieses Vorhaben bekannt. Jetzt liegt der erste Referentenentwurf für das „Digitale Versorgung und Pflege-Modernisierungs-Gesetz“ (DVPMG) vor – ein nicht ganz leicht zu durchdringendes 114-Seiten-Werk mit einer Vielzahl von Änderungen in mehreren Gesetzen und Verordnungen. Vor allem am Sozialgesetzbuch V wird Hand angelegt.

Für Apotheken wichtig sind vor allem die Pläne im Hinblick auf das E-Rezept. Nachdem mit dem PDSG bereits geregelt wurde, dass im Januar 2022 die grundsätzliche E-Rezeptpflicht für verschreibungspflichtige Arzneimittel startet, sollen nun die bisherigen Ausnahmen für T- und BtM-Rezepte fallen – und zwar zum 1. Januar 2023. So werden die Voraussetzungen geschaffen, dass künftig auch Verschreibungen über Arzneimittel mit den teratogenen Wirkstoffen Lenalidomid, Pomalidomid und Thalidomid elektronisch auf Sonderrezepten erfolgen können. Diese elektronischen T-Rezepte sollen künftig unmittelbar über die Telematikinfrastruktur  – bereinigt um Patientendaten – an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte übermittelt werden.

Ferner ist eine Ermächtigungsgrundlage vorgesehen, um in der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung (BtMVV) Regelungen für die elektronische Verschreibung von Betäubungsmitteln zu treffen. Wie bei sonstigen Rx-Arzneimitteln gilt auch bei T- Rezepten: Die Pflicht zur elektronischen Ausstellung fällt, wenn dies „aus technischen Gründen im Einzelfall nicht möglich ist“. Bei BtM-Rezepten gehen die Ausnahmen sogar noch weiter, ein „Einzelfall“ ist hier nicht erfordert, und auf Papier sind überdies Notfall-Rezepte nach § 8 Abs. 6 BtMVV möglich.

Ferner soll es E-Rezepte künftig auch für den Bereich der häuslichen Krankenpflege, der außerklinischen Intensivpflege, der Soziotherapie und der Heil- und Hilfsmittel geben. Damit all diese E-Rezepte auch abseits des Arzneimittelbereichs genutzt werden können, werden entsprechend weitere Leistungserbringergruppen sukzessive zum Anschluss an die Telematikinfrastruktur verpflichtet. 

E-Rezept-Einlösung auch per Gesundheitskarte oder digitaler Identität

Versicherte können derzeit wählen, ob ihnen die für den Zugriff aufs E-Rezept erforderlichen Zugangsdaten entweder durch einen Ausdruck in Papierform oder elektronisch – via App – bereitgestellt werden sollen. Der jüngste Referentenentwurf aus dem Hause Spahn sieht nun eine weitere Möglichkeit vor: Versicherte sollen ihre E-Rezepte in der Apotheke künftig auch personenbezogen mit der elektronischen Gesundheitskarte oder der „adäquaten digitalen Identität“ abrufen lassen können. Die entsprechenden Voraussetzungen soll die Gematik bis zum 30. Juni 2021 schaffen. „Dies führt zu einem erhöhten Komfort, falls Versicherte sehr viele Verordnungen einlösen müssen oder der 2D-Code der Verordnung nicht lesbar ist“, heißt es in der Begründung.

Digitale Identität 

Der Referentenentwurf zum DVPMG sieht vor, dass die Krankenkassen ihren Versicherten spätestens ab dem 1. Januar 2023 ergänzend zur elektronischen Gesundheitskarte auf Verlangen eine digitale Identität für das Gesundheitswesen zur Verfügung stellen müssen. Diese digitale Identität ist nicht an eine Chipkarte gebunden, soll aber ab dem 1. Januar 2024 in gleicher Weise wie die elektronische Gesundheitskarte als Versicherungsnachweis dienen – soweit die technischen Voraussetzungen hierfür gegeben sind.

Eine entsprechende digitale Identität soll es auch für die Leistungserbringer geben. Ebenfalls spätestens ab dem 1. Januar 2023 müssen jene Stellen, die Heilberufsausweise (HBA) und Institutionskarten (SMC-B)  ausstellen, den Leistungserbringern auf Wunsch eine digitale Identität zur Verfügung stellen. Auch hier dient die digitale Identität in gleicher Weise wie die Ausweise bzw. Karten, ohne an diese gebunden zu sein.

Zudem soll jeder Versicherte auf Wunsch und mit seiner Einwilligung die Möglichkeit haben, Dispensierinformationen aus eingelösten Arzneimittelverordnungen über eine sichere Schnittstelle automatisiert in die elektronische Patientenakte (ePA) zu übertragen. Diese kann er dann als Arzneimittelhistorie nutzen. Elektronische Verschreibungen und deren Dispensierinformationen werden anderenfalls nach spätestens 100 Tagen aus der E-Rezept-Anwendung gelöscht.

EU-Versender werden eingebunden

Die Gematik soll Versicherten zudem bis Anfang 2022 ermöglichen, ihre E-Verordnungs-App auch für einen Zugriff auf qualitätsgesicherte Informationen aus dem kürzlich vom BMG gestarteten nationalen Gesundheitsportal zu nutzen. So sollen sie sich über Arzneimittel, Wirkstoffe und Indikationen, die im Rahmen ihrer elektronischen Verordnung gespeichert werden, informieren können. Ziel ist, die versicherteneigene Gesundheitskompetenz und die Compliance zu stärken.

Weiter heißt es im Referentenentwurf: Die Rezepteinlösung in Apotheken im europäischen Ausland wird ermöglicht. Die Weichen hierfür wurden bereits im PDSG gestellt: Mit ihm wurde im Sozialgesetzbuch V (§ 340 Abs. 4) bestimmt, dass die Gematik EU-ausländische Apotheken mit den nötigen Komponenten zur Authentifizierung gegenüber der Telematikinfrastruktur versorgt – das heißt mit Heilberufsausweisen (HBA) und Institutionskarten (SMC-B). Nun soll die entsprechende Vorschrift dahingehend ergänzt werden, dass Apotheken aus einem der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union der Gematik einmal jährlich zum 1. Januar eine Bestätigung darüber vorzulegen haben, dass sie weiterhin dem Rahmenvertrag nach § 129 Absatz 2 beigetreten sind. Weiterhin hat die Gematik bis zum 1. Januar 2024 die Voraussetzungen für den grenzüberschreitenden Austausch von E-Rezept-Daten über die „nationale eHealth-Kontaktstelle“ zu schaffen. Der Zugriff auf diese Daten durch einen berechtigten Leistungserbringer eines anderen EU-Mitgliedstaats ist zulässig, wenn der Versicherte auf mehrfache Weise eingewilligt hat. 

Neue Pläne hat das BMG auch für die elektronische Gesundheitskarte: Sie soll künftig ausschließlich als Versicherungsnachweis der Versicherten und nicht mehr als Datenspeicher dienen. Der elektronische Medikationsplan und die elektronischen Notfalldaten werden dann nur noch in der ePA geführt. Damit der Übergang beim E-Medikationsplan gelingt, wird die Gematik beauftragt, bis zum 1. Januar 2023 die nötigen Voraussetzungen zu schaffen. Ein Austausch der in Umlauf befindlichen Gesundheitskarten ist laut Entwurf übrigens nicht erforderlich.

Jetzt sind die betroffenen Verbände, etwa die ABDA, zu einer ersten Stellungnahme aufgerufen.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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5 Kommentare

Versandhandel

von Gregor Nelles am 21.11.2020 um 14:29 Uhr

Das ist alles nicht mehr zu verstehen. Wie ist es möglich , dass ein Bundesminister die deutschen Interessen so missachtet und dem Versandhandel ein solches Tor öffnet, um das deutsche Gesundheitswesen so zu zerstören. Mit aufwändigen Mitteln wurde jetzt die Struktur für die Gematik geschaffen und und schon werden unsere legitimen Interessen an holländische Versandhandels Häuser vergeben, die noch nicht einmal öffentliche Apotheken sind,die sich jeglicher Kontrolle entziehen, die keine Not und Nachtdienst verrichten, die keine Rezepturen herstellen, die keine Altenheim beliefern, die kein Hände- Desinfektionsmittel herstellen, die keine Bevölkerung trösten in schwierigen Zeiten wie Corona, die einfach nur nach Gewinnstreben. Das ist unglaublich Wir sollten jetzt beginnen auch den Versandhandel nach Holland Frankreich Italien Österreich zu fordern und durchzusetzen, denn es kann nicht sein, das wir als einziges Land in Mittel Europa durch unsere hohe Mehrwertsteuer auf Arzneimittel und durch unser ausgereiftes und über alle Maßen gelobt das Gesundheitssystem den Versandhandelsinteressen ausgeliefert sind. Das wäre so zu verstehen, als würden wir den Bundesminister Sahn erlauben in den Bundestag Gäste einzuladen, die dann in jedes Zimmer , in alle Raum hinein können alle Politiker ungestraft Büromöbel wegnehmen können, Infrastrukturen zerstören und letztendlich auch noch beschimpfen . Das kann es doch in Deutschland so gar nicht geben.
Aber es sieht so aus, als wolle der Minister das unbedingt so durchziehen und wir stehen als Leidtragende dieser wie Entwicklung am Rande als Zuschauer.
Die Politiker der übrigen Parteien begreifen es nicht, die Abda ist zu schwach, die Verbände lassen es geschehen und wir alle lassen uns Sand in die Augen streuen weil wir ja so begeistert von dieser digitalen Welt sind. Eine schöne Zukunft ....

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Versandladen

von Thomas Kerlag am 17.11.2020 um 21:15 Uhr

Das ist unglaublich, die setzen uns mit der Funktion des Postboten gleich.
Die Versandläden haben Apotheker nur in der Alibizahl da.
Und die kennen eh keinen Patienten

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Spahn

von Conny am 17.11.2020 um 19:56 Uhr

Um Spahn zu verstehen, sollte man Spahn und Ponte googeln. Dieser Mensch ist unglaublich.

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SGB V

von Uwe Hüsgen am 17.11.2020 um 19:12 Uhr

Der Entwurf sieht vor, dass „die Gematik EU-ausländische Apotheken mit den nötigen Komponenten zur Authentifizierung gegenüber der Telematikinfrastruktur versorgt – das heißt mit Heilberufsausweisen (HBA) und Institutionskarten (SMC-B)“.

Frage: Wie will die Gematik prüfen und sicherstellen, dass solche EU-ausländischen Arzneimittelversender tatsächlich APOTHEKEN sind?

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Ja dann

von Stefan Haydn am 17.11.2020 um 18:40 Uhr

Dürfen die Versender dann jetzt in Zukunft auch BTM und Pille danach?
Ist ja nun mit Doku nicht mehr schwer und wer will schon auf lukratives Geschäft verzichten?

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