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1. Dezember 2020
Apothekerin Beatrice Guttenberger versucht’s: Sie gründete einen neuen Verein, den Verbund starke Apotheke, seit Kurzem auch zu finden auf der neuen Webseite www.starkeapotheke.de. Auslöser für ihre Vereinsgründung waren die AvP-Insolvenz, von der die Apotheke ihres Bruders betroffen ist, und ihr Gefühl, in dieser Krise von der Politik und der Berufsvertretung in Stich gelassen zu sein. Gemeinsam mit gleichgesinnten Kolleginnen und Kollegen will sie über den neugegründeten Verein ein gewisse politische Schlagkraft entwickeln. Die Apothekerin, die ihre Apotheke im unterfränkischen Ochsenfurt betreibt und selbst nicht von der AvP-Insolvenz betroffen ist, ist schon seit geraumer Zeit unzufrieden mit der Art, wie wir Apothekers politisch vertreten werden. Und so haben sich dem neuen Verein nicht nur AvP-Geschädigte angeschlossen, sondern auch etliche andere Apothekerinnen und Apotheker, die unzufrieden mit der Standesvertretung sind. Auf der Agenda stehen z. B. E-Rezept, Honoraranpassung, Securpharm, Nullretax, Lieferengpässe und vieles mehr. Guttenberger beklagt vor allem eine mangelnde Basisnähe: Statt Standesvertretung aus dem Elfenbeinturm, so ihre Vision, braucht es ein System, das von unten nach oben aufgebaut ist. Mein liebes Tagebuch, vermutlich sind solche Gedanken von vielen nachvollziehbar. Mit dem neugegründeten Verein will Guttenberger auch sehen, ob die Kolleginnen und Kollegen nur schimpfen wollen oder ernsthaft bereits sind, einen, auch finanziellen Beitrag zu leisten: Derzeit haben sich dem Verein schon über 340 Mitstreiter:innen angeschlossen und Beiträge bezahlt. Die Apothekerin ist sich bewusst, dass ihr Verein eine gewisse Größe und entsprechende finanzielle Mittel braucht, um handlungsfähig zu sein. Guttenberger sieht eine akzeptable Größe dann erreicht, wenn rund zehn Prozent aller deutschen Apotheken dabei sind. Bis Ende Januar 2021 möchte sie die 1900 Mitglieder erreicht haben – wenn nicht, will sie nicht weitermachen, dann war’s für sie eine Initiative, „bei der ich viele neue Freunde gefunden und tolle Menschen kennengelernt habe“, wie sie sagt. Mein liebes Tagebuch, eine gewisse Unzufriedenheit ist durchaus bei vielen Apothekerinnen und Apothekern zu spüren. Viele fühlen sich nicht mehr verstanden und alleine gelassen. Die mangelhafte Unterstützung in der AvP-Krise durch Kammern, Verbände und auch durch die ABDA brachte das Fass zum Überlaufen. Ein neuer Verein ist da per se keine verkehrte Idee. Und er zeigt, wie ernst es denjenigen ist, die etwas verändern wollen.
Arzneimittel-Lieferengpässe rauf und runter, es wird nicht besser. Die ABDA hat daher Vertreter von Fachverbänden sowie EU-Politiker zu einer digitalen Fachkonferenz eingeladen, um europäische Ansätze gegen Arzneimittel-Lieferengpässe zu diskutieren. Wie ABDA-Vize Mathias Arnold richtig anmerkte: „Nicht zu handeln ist keine Option“. Wie wahr, mein liebes Tagebuch, aber was tun? Das Thema stärker priorisieren, sagt Peter Liese, Arzt und Sprecher der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament für Umwelt, Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. Die pharmazeutische Industrie muss dazu bewegt werden, Wirkstoffe vermehrt in der Europäischen Union zu produzieren. Für die approbierte Apothekerin und Grünen-Europaabgeordnete Jutta Paulus ist das nur eine von mehreren Optionen. Die Hersteller müssten auch zu mehr Transparenz in der Lieferkette und Herstellung verpflichtet werden. Paulus möchte auch den „One health“-Ansatz verfolgen, will heißen: „Es gibt keine gesunden Menschen in einer ungesunden Umgebung.“ In die Gute Herstellungspraxis (GMP) für die pharmazeutische Industrie müssen auch ökologische Kriterien übernommen werden. Keine kleine Aufgabe.
Auch der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) veranstaltete eine Online-Konferenz zu den Themen Versorgungssicherheit, zur Verwendung von Versorgungsdaten und zu Freistellungen aus der Verschreibungspflicht. Der BAH-Vorstandsvorsitzende Jörg Wieczorek betonte, dass nationaler Protektionismus nicht gefragt sei – die Arzneimittelhersteller seien systemrelevant, und es brauche offene Grenzen. Auch die BAH-Konferenz befasste sich mit Arzneimittel-Lieferengpässen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte unterscheidet bekanntlich gerne zwischen Liefer- und Versorgungsengpässen – ein Unterschied, der für die Praxis im Apothekenalltag und die Versorgung der Patienten so nicht immer gesehen wird. BfArM-Präsident Karl Broich meinte, dass man es mit echten Versorgungsengpässen wie in der Pandemie nur zu tun habe, wenn es nicht genügend Alternativen gebe. Mein liebes Tagebuch, Versorgungsengpässe mit Alternativen zu begegnen, kann bei Patienten durchaus zu Problemen führen. Und wenn Versorgungs- und Lieferengpässe durch Alternativen gemildert werden sollten, dann sollte man uns Apothekers endlich auch dauerhaft auf breiter Front und nicht nur in Pandemie-Zeiten zugestehen, ein geeignetes vorhandenes Arzneimittel auswählen zu dürfen. Aber da stehen die Krankenkassen mit den Rabattverträgen im Weg. Mein liebes Tagebuch, die Lösung von Liefer- und Versorgungsengpässen liegt noch in weiter Ferne.
5 Kommentare
Bohn
von Karl Friedrich Müller am 06.12.2020 um 20:35 Uhr
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AW: Ahnung? Nicht die Bohne!
von Bernd Jas am 06.12.2020 um 22:07 Uhr
AW: Bohn
von Karl Friedrich Müller am 06.12.2020 um 22:48 Uhr
Was ist ein (Wahl-) Aufsatz wert…
von Gunnar Müller, Detmold am 06.12.2020 um 9:49 Uhr
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Was lohnt mehr?
von Ulrich Ströh am 06.12.2020 um 8:54 Uhr
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