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22. Januar 2021
Das ist Digitalisierung wie sie leibt und lebt. Da sind die ersten Schritte noch gar nicht vollzogen, das E-Rezept noch nicht ausgerollt, schon sind die nächsten Schritte in der Planung. Die Gematik, unsere Oberbehörde fürs Digitale im Gesundheitswesen, will die Telematikinfrastruktur (TI), die gerade mal so zum Laufen kommt, schon bald generalüberholen. In ihrem Whitepaper schwärmt die Gematik von einem Zukunftsszenario, in dem sie selbst eine neue Rolle spielt als Zulassungs- und Attestationsstelle. Und so soll’s werden: Das derzeitige System gilt als zu starr (stimmt!), es soll bis zum Jahr 2025 abgelöst werden von einem Plattformmodell und über Schnittstellen mit dem Internet von überall aus erreichbar sein – das wird die TI 2.0!. Mein liebes Tagebuch, die derzeit mühsam angeschafften Konnektoren, Kartenterminals, Heilberufsausweise und Institutionskarten können wir dann in die Tonne werfen. Was natürlich Vorteile hat, sprich, was man nicht braucht, kostet nicht und kann nicht kaputt- oder verlorengehen. Den Zugriff der berechtigten Nutzer auf die TI 2.0 werden in der Zukunft „Identity Provider“ freischalten, das sind z. B. die Apothekerkammern. Noch in diesem Jahr wird die Gematik die Vorgaben für ein „föderiertes System elektronischer Identitäten (eID-System)“ festlegen, heißt es im Gematik-Sprech. Und dann geht’s parallel zum laufenden Betrieb schrittweise mit der neuen IT-Architektur bis 2025 voran. Mein liebes Tagebuch, wenn’s denn so funktioniert wie angedacht.
Auf jeden Fall ist es ein interessantes Projekt, das die DAK zusammen mit der Ärztegenossenschaft Nord, drei kardiologischen Zentren, dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, einem Technologiepartner (Nambaya), einem Institut für Versorgungsforschung und Sekundärdatenaufbereitung (SmartStep Data Institute) und dem Apothekerverband Schleswig-Holstein auf die Beine gestellt hat. In dem Projekt „QT-Life“, das vom GKV-Innovationsfonds des G-BA gefördert wird, geht es darum, die seltene, aber bedrohliche Nebenwirkung der Verlängerung der QT-Zeit im EKG, die bei einigen Arzneimitteln (z. B. Amiodaron, Procainamid, Sotalol u. a.) auftreten kann, rechtzeitig zu erkennen. Solche Nebenwirkungen können zu Herzrhythmusstörungen, im schlimmsten Fall zum plötzlichen Herztod führen. Aufgabe der Apotheke ist es dabei, DAK-Versicherte, die solche Arzneimittel einnehmen, anzusprechen, aufzuklären, einen EKG-Sensor für ein 24-h-Langzeit-EKG anzubringen und die gewonnenen Daten auf einen speziellen Server zu laden. Stellt eine Software ein problematisches Ergebnis fest, fordert die Apotheke den Versicherten zum Arztbesuch auf. Apotheker:innen, die an diesem Projekt mitmachen wollen, müssen sich vorher schulen lassen. Als Vergütung für den Aufwand erhalten die Apotheken 50 Euro pro Patient als Honorar. Mein liebes Tagebuch, es ist richtig, wenn sich Apotheken in solche Projekte einbringen. Ob daraus allerdings mehr wird als ein punktuelles regionales Projekt, bleibt abzuwarten. Und ob solche Projekte Einfluss auf die geplanten pharmazeutischen Dienstleistungen haben, die die ABDA in ihrem Tresor unter Verschluss hält, steht gänzlich in den Sternen.
4 Kommentare
Kausalitäten berücksichtigen
von Reinhard Rodiger am 24.01.2021 um 16:48 Uhr
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Wiederholungsrezepte
von Gregor Huesmann am 24.01.2021 um 12:34 Uhr
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Digital überall?
von Dr.Diefenbach am 24.01.2021 um 11:53 Uhr
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Impfprioisierung ohne Vakzine ... typisch Spahn oder nur des Ende vom Anfang? ...
von Christian Timme am 24.01.2021 um 8:42 Uhr
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