- DAZ.online
- News
- Debatte & Meinung
- Mein liebes Tagebuch
9. Februar 2021
Mit dem Masernschutzgesetz, das im März letzten Jahres in Kraft getreten ist, hat der Bundesgesundheitsminister die Möglichkeit geschaffen, dass Apotheken im Rahmen von Modellprojekten Grippeschutzimpfungen durchführen können. Fein, dachte man anfangs, nun ist auch in Deutschland möglich, was bereits in vielen EU-Ländern gemacht wird. Und nachdem auch endlich die ABDA ihre genuine Scheu vor solchen Neuerungen abgelegt hatte, hätte man denken können, dass die notwendigen Verträge z. B. zwischen Apothekerverbänden und Krankenkassen rasch in allen Bundesländern geschlossen werden und Impfwillige sich im Herbst 2020 in vielen Apotheken Deutschlands gegen Grippe impfen lassen können. Nein, mein liebes Tagebuch, nicht wirklich. Es war ein Trauerspiel, das viele Verbände darboten. Die meisten wollten oder konnten keine Verträge abschließen: Sie fürchteten den Groll der lieben Ärzteschaft und hielten sich vornehm zurück. Dem Apothekerverband Nordrhein sei noch heute Dank, dass er als Vorreiter ganz mutig bereits Anfang Juli 2020 einen Vertrag mit der AOK Rheinland/Hamburg abgeschlossen und auch ein Honorar fürs Impfen ausgehandelt hat. Kurz darauf folgte der Saarländische Apothekerverein. Zwar nahmen dann noch einige wenige Apothekerverbände behutsam Verhandlungen mit den Kassen auf, z. B. im Bereich Westfalen-Lippe, in Niedersachsen, in Hessen, Berlin, Baden-Württemberg und Bayern, aber weitere Abschlüsse kamen bisher so gut wie nicht zustande. Und von anderen Apothekerverbänden kam sogar das Signal, dass man zunächst keine Modellprojekte für die Grippeschutzimpfung geplant habe und es im Übrigen noch andere Projekte wie z. B. E-Rezept und pharmazeutische Dienstleistungen gebe, also im Klartext: Wir haben anderes zu tun, als uns um Grippeschutzimpfungen in Apotheken zu kümmern. Und der Apothekerverband Brandenburg fühlt sich gleich ganz und gar nicht motiviert, dieses Thema anzupacken, im Gegenteil: Er hat sich zusammen mit den Präsidenten von Landesapothekerkammer und Landesärztekammer in einer gemeinsamen Resolution gegen die Modellprojekte zur Grippeschutzimpfung in Apotheken ausgesprochen. Na super. Mein liebes Tagebuch, es ist traurig zu sehen, wie hier den Apotheken Zukunftschancen verbaut werden. Umso besser ist es, dass das Masernschutzgesetz (vermutlich in weiser Voraussicht) nicht nur Standesorganisationen die Möglichkeit gibt, solche Verträge über Modellprojekte auszuhandeln, sondern auch Gruppen von Apotheken. Und erfreulicherweise ist nun so eine Vereinbarung zustande gekommen: In Schleswig-Holstein haben die AOK NordWest und die Pharmagroßhandlung Gehe (ohne Beteiligung des örtlichen Apothekerverbands) eine Vereinbarung für ein Modellprojekt Grippeschutzimpfung geschlossen. Mein liebes Tagebuch, so kann’s gehen. Wenn die Apothekerverbände nicht wollen, nicht können oder was auch immer, dann machen’s eben andere. In Schleswig-Holstein können nun mehr als 150 Apotheken in den Modellregionen mitmachen, darunter natürlich die Apotheken der Gehe-Kooperation „gesund leben“, aber auch Apotheken der Alphega-Kooperation und andere interessierte Apotheken, die „sich von Gehe beim Beitritt zur Modellvereinbarung vertreten lassen“. Mein liebes Tagebuch, vielleicht kommt auf diesem Weg mehr Druck, mehr Fahrt in die Modellprojekte. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Pandemie wäre es doch wünschenswert, wenn Apotheken in die Grippeschutzimpfung einsteigen und die Ärzte entlasten. Und wer weiß, vielleicht freuen wir uns auch mal in nicht allzu ferner Zeit darüber, wenn unsere Apotheken auch die Corona-Impfung anbieten dürfen.
4 Kommentare
Blau-Weiß-Rot mit Gehe!
von Ulrich Ströh am 14.02.2021 um 8:56 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Noch einmal Masken
von Gert Müller am 14.02.2021 um 8:08 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten
AW: Noch einmal Masken
von Anita Peter am 14.02.2021 um 9:02 Uhr
AW: Noch einmal darüber nachdenken ....
von Bernd Jas am 14.02.2021 um 20:08 Uhr
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.