Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

07.03.2021, 08:00 Uhr

Arbeitest du noch oder testest du schon? (Foto: Alex Schelbert)

Arbeitest du noch oder testest du schon? (Foto: Alex Schelbert)


4. März 2021

Mein liebes Tagebuch, war nicht auch schon mal von mindestens zwei kostenlosen Schnelltests pro Woche für alle Bürgerinnen und Bürger des Landes die Rede? Nix da. Unsere Bundesregierung hat sich dazu entschlossen, lediglich einen kostenlosen Schnelltest pro Woche zu bezahlen. Mein liebes Tagebuch, mal ehrlich, eigentlich hätte man sich angesichts der vollmundigen Ankündigung für eine nationale Teststrategie und unter dem Eindruck der Parole „testen, testen, testen“ mehr versprochen. Außerdem sollen bekanntlich Schnelltests den Weg in die Normalität weisen. Nun ja, man wird sehen, wie weit man mit einem Test pro Woche kommt. Und ob man damit überhaupt weiterkommt. Denn eine ausreichend große Zahl an Testzentren, testenden  Apotheken und sonstigen Anbietern von Schnelltests, die die Nachfrage nach diesen wöchentlichen Gratis-Tests stemmen könnten, gibt es noch gar nicht im Land. Und, vor allem mein liebes Tagebuch, gibt es noch keine Infrastruktur, mit der diese Tests und vor allem die Abrechnung der Tests erfasst werden kann. So könnte sich eine Person beispielsweise in der Apotheke A testen lassen, und zwei Tage später in der Apotheke B oder in einem Testzentrum. Wie werden diese Tests erfasst, wie werden sie abgerechnet? Und das Beste: am Montag, 8. März, soll es losgehen. Das kann heiter werden. 
Unsere ABDA jedenfalls begrüßt die Einbindung der Apotheken in die Teststrategie, erwartet aber eine pragmatische Umsetzung. Und sie sagt, dass das Testen in Apotheken unbürokratisch funktionieren und wirtschaftlich machbar sein muss. Aber sie weiß auch, dass die Durchführung der Antigen-Tests ein freiwilliges Angebot jeder Apotheke sein wird. Denn es wird nicht jede Apotheke anbieten können. Mein liebes Tagebuch, was die Wirtschaftlichkeit der Tests betrifft, so hätte ich mir von der ABDA noch einen deutlichen Appell gewünscht, dass es mit einer  Vergütung von insgesamt 18 € wirtschaftlich nicht machbar ist.


Mittlerweile hat es sich bis zur Ständigen Impfkommission (STIKO) herumgesprochen: Auch Menschen über 65 Jahre profitieren von einer Impfung mit dem Covid-19-Impfstoff von AstraZeneca. Endlich, mein liebes Tagebuch, es hat gedauert, bis die STIKO Ihre Einschätzung änderte, da war einiges „dumm gelaufen“, wie STIKO-Chef Mertens suffisant einräumt, aber nun ja. Jetzt muss die aktuelle Empfehlung nur noch in die Priorisierungsliste eingepflegt werden und dann wird endlich auch dieser anfangs ungeliebte Impfstoff schneller und besser den Weg in die Oberarme der Älteren finden. Mein liebes Tagebuch, wie viele Personen hätten bereits geimpft werden können, wenn die STIKO schneller und flexibler reagiert hätte.

 

Die Pandemie ist noch nicht zu Ende. Der Deutsche Bundestag hat festgestellt, dass die epidemische Lage von nationaler Tragweite weiterhin fortbesteht. Das war auch nicht anders zu erwarten, muss aber offiziell auch festgestellt werden, damit die Sonderermächtigungen, die Sondergesetze und Verordnungen auch weiterhin Bestand haben können, beispielsweise auch die für Apotheken wichtige Sars-CoV-2 Arzneimittelversorgungsverordnung. Die getroffenen Sonderregelungen sind zu dem nicht mehr an ein fixes Datum wie den 31. März 2021 gebunden, sondern in Zukunft nur an die Feststellung der epidemischen Lage. Und so muss in Zukunft der Bundestag alle drei Monate neu entscheiden, ob eine epidemische Lage noch besteht. Außerdem hat das Parlament  einen Gesetzentwurf zur Fortgeltung der Pandemie-Maßnahmen beschlossen.

 

Die von Apotheken betriebenen Corona-Testzentren bekommen Konkurrenz: Die Drogeriemarktkette dm plant, in den Markt der Corona-Schnelltests einzusteigen und Testzentren zunächst in Baden-Württemberg zu eröffnen. Der Startschuss fiel am Freitag in Karlsruhe. Die Drogeriemarktkette hat dem Land und dem Bund sogar ein Konzept vorgelegt, wie der Aufbau weiterer Schnelltestzentren bei ihren dm-Märkten bundesweit umgesetzt werden soll. Ja, mein liebes Tagebuch, da wird nicht lang gefackelt, die machen einfach. Und wir gehen mal davon aus, die kriegen das auch hin. Und die Apotheke neben dem dm-Markt schaut zu. Spätestens jetzt stellt sich bei dem einen oder der anderen von uns möglicherweise Nachdenklichkeit ein: Warum haben wir uns nicht eher darum gekümmert? Warum überlassen wir das den Drogeriemärkten? Und überhaupt, hätte uns die ABDA nicht besser unterstützen sollen, wie man solche Testzentren schnell und unbürokratisch auf die Beine stellt? Oder eine ganz verwegene Idee: Wie wäre es gewesen, wenn die ABDA, die Verbände dem Bundesgesundheitsminister einen Plan vorgelegt hätten, wie die deutschen Apotheken bundesweit Testzentren aufbauen und zu welchen Konditionen dies hätte geschehen können – jedenfalls nicht für eine 18 Euro-Vergütung. Mein liebes  Tagebuch, das sind zu viele Hätte und Wäre, zu viel Irrealis. Wie gesagt, jetzt schauen wir bei dm zu, wie der das macht.



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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6 Kommentare

„Wenn sich die Last auf mehrere Schultern verteilt ...

von Gunnar Müller, Detmold am 07.03.2021 um 19:37 Uhr

... schmerzt vielleicht die geringe Vergütung weniger. Aber der Dank der Kommunen und der Bevölkerung wäre den Apotheken gewiss“ (???)
Könnte „unsere“ ABDA-Präsidentin nicht perfider formuliert haben...

Tja, lieber Tagebuchschreiber, die Hoffnung stirbt offenbar auch bei Ihnen zuletzt und ersetzt so manch ansonsten richtiges Argument.
Und wenn bereits Schwerter zu Pflugscharen wurden - warum also nicht auch Apotheken zu Testzentren. Zwar durchaus unterbezahlte aber vor allem: unterbeschäftigte MitarbeiterInnen gibt es ja gem. DAV-Experise „weniger Rezepte“ offenbar zuhauf (in Berlin ist man offenbar der Meinung, dass wir in den Apotheken nach Rezepten beschäftigt und bezahlt werden!!) ...

Nach Pneumokokkenimpfungs-, Corona-Impfstoff-, Masken- und Coupondesaster also nun die nächste Sau, die die Politik durchs Dorf treibt!

Und immer noch kommen die Menschen mit einem viel zu spät zugestellten Coupon 1 in die Apotheken.
Bin schon auf die ALG-II-Empfänger ab Montag gespannt, die lediglich max. 3 Wochen Zeit hatten, ihre Masken abzuholen, und nun leer ausgehen, da auch ihr Termin überschritten ist...
Aber darüber redet offenbar keiner.

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Logik?

von Reinhard Rodiger am 07.03.2021 um 12:11 Uhr

Welch eine Logik! Statt eines konstruktiven Angebots zum Mitmachen kommt ein unterirdisches , weil nicht machbares Scheinangebot zum Testen.Das erzeugt moralischen Druck und beschädigt die Glaubwürdigkeit der Apotheken und vermittelt die Botschaft: "die können es nicht". Wenn sie nicht bereit sind, weit unter Wert und Machbarkeit zu arbeiten.So degeneriert eine existenzielle Aufgabe zum Marketing- goodie für die , die es sich leisten können.Und schafft schärft die Argumente zur sowieso gewollten Abschaffung.
Dieses perfide Ziel blieb ohne adäquate Antwort.Das ist die eigentliche Misere, die Verantwortung einfach auf die abzuschieben, denen die Möglichkeit verwehrt wird im Sinn der Versorgungssicherung tätig zu werden.
Die Gelegenheit, die Notwendigkeit von Wirtschaftlichkeit und die Dimension der Machbarkeit am "lebenden Beispiel" vorzuführen , wurde schmetternd verpasst.Dabei wäre hier das Thema, klar zu machen, dass Gemeinwohlaufgaben - wie auch der stetig bewältigte Alltag-Respekt und Achtung verdienen.Ausgedrückt in machbarer Honorierung ohne moralischen Druck, unter Wert tätig zu werden.

Hängen bleibt die Aufforderung an Aldi , Lidl , etc zu verkaufen und den Apotheken den Schneid abzukaufen..Ausser ansatzweise in Bayern nähert sich nirgends ein Angebot der in anderen Ländern als machbar erkannten Vergütung.Zeichen der Missachtung.

Kein Wunder, es wird ja auch nicht hörbar gefordert, zum Mitmachen auch bezahlt zu werden.

Nicht zuletzt ist nicht hinnehmbar, dass eine Politik verfolgt wird, Einzelunternehmen mit Gemeinwohlauftrag dem ungehinderten Konzerndruck (Incl.Versand!) auszusetzen.Denn
sie haben gegen beliebigen apitalzufluss keine Chance.
Das bedeutet, dass nichts verstanden wurde, was die Krise gelehrt hat. Resilienz ist der Schlüssel zur Sicherung in allen Belangen. Das ist die Befähigung, die Versorgung zu sichern und die gestellten Aufgaben zu erfüllen.

Die Resilienz wird stetig unterlaufen.Äusserst traurig, wie unter dem Brennglas zusehen zu müssen wie so Strukturen zerstört werden und es unwidersprochen bleibt.

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belegte Brötchen

von atopom am 07.03.2021 um 10:57 Uhr

Herr Laumann; LGM NRW, möchte doch bitte vorzugweise
die geliebten Bäcker für Corona-Schnelltests zum Einsatz
bringen.

In den Großstädten und dicht besiedelten Gebieten die
Filialisten auf dem Dorf, in den Tiefen und Weiten des
Landes die, die nicht unbedingt kleine Brötchen backen.

So könnte ein jede|r in den Genuss von Brötchen mit
Auf- und Abstrich kommen.

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Deutschland 2021

von Sabine Schneider am 07.03.2021 um 9:35 Uhr

Die Menschen stehen wie Bitsteller in Schlagen vor einem Aldimarkt. Herr Spahn Danke !

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AW: Deutschland 2021

von Bernd Jas am 07.03.2021 um 13:12 Uhr

@ Frau Schneider,
das sind keine Menschen oder Mitbürger, das sind Konsumenten und Steuerzahler.

.

von Anita Peter am 07.03.2021 um 9:10 Uhr

In den USA werden in den Zoos mittlerweile Affen geimpft, während meine 87-jährige Mutter noch nicht mal einen Termin hat.
Eine unfähige Regierung, die entscheidende Dinge an die noch unfähigere EU abgibt. Deutschland im Jahr 2021. Aber hauptsache das mit dem Gender-Sprech funktioniert.

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