Schmidt zum gekürzten Maskenhonorar

„Diesen Arschtritt haben einige von uns eingefordert“

Berlin - 22.04.2021, 10:45 Uhr

Friedemann Schmidt (hier noch während seiner Amtszeit als ABDA-Präsident) beim Deutschen Apothekertag 2019 in Düsseldorf. (c / Foto: Schelbert)

Friedemann Schmidt (hier noch während seiner Amtszeit als ABDA-Präsident) beim Deutschen Apothekertag 2019 in Düsseldorf. (c / Foto: Schelbert)


Dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) inmitten der laufenden Maskenausgabe-Aktion das Honorar für die Apotheken gekürzt hat, geht aus Sicht von Friedemann Schmidt auch auf die Kappe einzelner Kollegen, die öffentlich über die Einkaufspreise für die Masken berichteten und preisgaben, was sie daran verdienten. Der Präsident der Sächsischen Landesapothekerkammer fand dafür gestern bei der Kammerversammlung deutliche Worte.

Ende Januar dieses Jahres schockte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Apotheker, als er die Vergütung für die Ausgabe von Schutzmasken inmitten der laufenden Aktion von 6 Euro brutto je Maske auf 3,90 Euro stutzte. ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening sprach von einem „fatalen Signal“ an die Apotheker:innen, die all ihre Kraft in die Pandemiebekämpfung steckten. Von einem Tag auf den anderen gingen sie in Vorkasse, beschafften zig Millionen Schutzmasken und gaben diese an Risikopatient:innen und Senior:innen aus. Die abrupte Honorarkürzung „erschüttert ihr Vertrauen in die Zusagen der Politik“, sagte die Präsidentin damals.

Ihr Amtsvorgänger aus Sachsen, Friedemann Schmidt, sieht die Verantwortung dafür auch bei einigen Kolleg:innen, die in den Publikumsmedien über ihre Einkaufspreise für die Masken berichteten und vorrechneten, wie viel Umsatz sie mit der Aktion machten. Wer sowas öffentlich kommuniziere, „der hat es nicht anders verdient“, sagte der Präsident der Sächsischen Landesapothekerkammer (SLAK) am gestrigen Mittwoch bei der Online-Kammerversammlung. „Diesen Arschtritt haben einige von uns eingefordert.“

Sehr zufrieden zeigte sich Schmidt dagegen mit der Leistung der Apotheken bei der Impfstoffverteilung. Auch der Informationsfluss zu den sich wöchentlich ändernden Bestellmodalitäten von den Kammern und Verbänden hinein in die Apotheken habe sich als zuverlässig erwiesen – anders als bei den Ärzt:innen. Es gebe offenbar „zu wenig Information an die Praxen“, sagte er. Denn diese erkundigten sich allzu oft in den Apotheken nach dem aktuellen Stand. „Das haben unsere Kammern und Verbände gut hinbekommen, auch wenn die Intensität natürlich sehr hoch ist“, so der SLAK-Präsident.

Thomas Dittrich, Chef des Sächsischen und Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbands, betonte zudem, das strenge Bestellsystem sei nötig, um eine geordnete Verteilung der Impfstoffe zu gewährleisten. Der Mechanismus sei „hochkomplex“ – auch weil der Großhandel es nicht leicht habe, das nötige Impfzubehör zu beschaffen. „Der Markt ist derzeit etwas knapp“, sagte Dittrich. Dennoch gelinge die Verteilung der Impfstoffe entlang der bewährten Arzneimittel-Lieferkette bis auf wenige Ausnahmen sehr gut, betonte der DAV-Chef. Das habe auch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) erkannt. „Und das BMG weiß einzuordnen, welche Leistung dahinter steckt.“ Hoffnung setzt Dittrich in die angekündigte Neubewertung der Apothekenvergütung. Bis zum 17. Mai muss die ABDA dem Ministerium eine Aufstellung vorlegen, welcher Aufwand durch die Impfstoff-Distribution tatsächlich in den Apotheken anfällt. Darauf basierend könnte das BMG das Honorar für die Offizinen noch nach oben korrigieren.


Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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5 Kommentare

echt jetzt

von Zapf am 27.04.2021 um 21:30 Uhr

Immer mehr Menschen sind heute ehrlich: Sie stellen sich nicht dumm, sie sind's!

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Opposition brauchte keine Whistleblower

von Andreas Grünebaum am 26.04.2021 um 7:23 Uhr

Sie so schön hier in dieser Zeitung zu lesen war, wurde das BMG vor allem von Seiten der Grünen und Linken im Parlament energisch bedrängt. Die Folge war die Notbremse zu ziehen, die Vergütung zu kappen und damit Dampf aus dem Kessel zu lassen. Befeuert wurde das Ganze auch noch durch die Klage des Wettbewerbsverbandes wegen des 2 Euro Erlasses. Wer glaubt, dass die Opposition nicht auf den Trichter gekommen wäre, diese Steilvorlage zu nutzen, sofern die Apotheker sich "still verhalten" hätten, der glaubt auch an den Osterhasen.

"Die 6 Euro Vergütung pro abgegebener Maske an Risikopatienten und Senioren wackeln: Insbesondere die Grünen kritisieren diese Vergütung als zu hoch. Und auch der CDU-Abgeordnete Dietrich Monstadt kündigte heute bei einer Debatte im Bundestag an, man prüfe derzeit eine Absenkung des Honorars. Einer Abgabe zum Selbstkostenpreis, wie von der Linksfraktion in einem Antrag gefordert, lehnte das Gros der Abgeordneten jedoch klar ab."

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Arschtritt

von Sabine Schneider am 22.04.2021 um 15:24 Uhr

Ja Herr Schmidt, Sie müssen natürlich ihren Senf dazugeben. Ich hätte Ihnen gerne jeden Tag Ihrer Amtszeit eine A..tritt gegeben.

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Wie immer

von Reinhard Rodiger am 22.04.2021 um 14:38 Uhr

Es ist wohlfeil, das politisch erwünschte Verhalten einiger als ursächlich für die Unfähigkeit darzustellen, die Diskrepanz zwischen Leistung und Ertrag zu fokussieren.Es ist politisches Ziel, die Gesundheit zu merkantilisieren.Sie ist absichtsvoll Ware.Folgerichtig wird danach gehandelt.Das bedeutet, dass die Flächendeckung ausgedünnt wird und die Konkurrenzdichte in dicht besiedelten Gebieten steigt.Mehr als die Hälfte der Apotheken ist unterfinanziert, die andere Hälfte kämpft mit allen Bandagen.Das besagt,sie nutzen genau die Mittel, die zum Aushungern der Konkurrenten führt.Das gilt anderenorts als unvermeidliche Transformation.Nur so ist eine Struktur nicht zu erhalten, da stirbt alles, was nicht dem Gesetz der Masse gehorcht.Ursächlich ist die Abschaffung der Querfinanzierung und die Frequenzabhängigkeit in Gemeinschaft mit sinkenden Margen und fehlender Anpassung an wirtschaftliche Kennzahlen wie Inflation,Kostensteigerung etc. Das ist die fundamentale Fehlorientierung.

Den A..Tritt hat die Instanz verdient, die das Heilberufliche jeder Art den brutalen Marktgesetzen ausliefert und Patienten zu den neuen Geldquellen macht.

Wie immer werden die eigenen Fehler überproportional gewertet und auf den Zusammenhang verzichtet.Solche Exzesse sind Folge der politischen Zielsetzung.Damit entschuldige ich nicht das kontraproduktive Handeln, sondern möchte darauf hinweisen, dass Verzicht auf Transparentmachen der Kausalitäten den Weg zum Treten besonders frei macht.

Nochmal: ich finde solche marktwirtschaftlichen Exzesse keineswegs gut, aber sie werden gefördert durch die politischen Rahmenbedingungen.Deren Kausalität bleibt völlig unter dem Radar.

Es ist doch offensichtlich, dass der Politik nichts willkommener ist als Verwischung der Kausalitäten.Und wie immer liegt "unserer" Vertretung das Selbstgeißeln näher als eine kausale Fokussierung.So wird jede Verständnismöglichkeit torpediert.

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Arschtritt

von Radman am 22.04.2021 um 12:11 Uhr

„ Diesen Arschtritt haben einige von uns eingefordert „ wie wahr!.
Ich neige dazu von diesen Kollegen Schadenersatz einzufordern. Ich werden wohl keinen Erfolg haben. Wie schade...

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