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Sonderregel für Reserveantibiotika
Für Reserveantibiotika wurde diese Möglichkeit erst mit dem Gesetz für einen fairen Kassenwettbewerb in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-FKG) vom 22. März 2020 eröffnet. Als oft letzte Therapiemöglichkeit gegen multiresistente Bakterien sollen sie nach dem Willen des Gesetzgebers privilegiert behandelt werden. Im Gegensatz zu Orphan Drugs unterhalb der Umsatzschwelle bewertet der G-BA bei Reserveantibiotika auch nicht das Ausmaß des Zusatznutzens.
Anfang April hat der G-BA nun auch das Antragsverfahren dazu geregelt. Bisher galt eine Übergangsregelung, wonach die Zusatznutzenbewertung auf der Basis eines formlosen Antrags ausgesetzt werden kann. Der entsprechende Beschluss über eine Änderung seiner Verfahrensordnung tritt in Kraft, sobald er vom Bundesministerium für Gesundheit rechtlich geprüft und genehmigt sowie im Bundesanzeiger veröffentlicht ist.
Kriterien für die Einstufung als Reserveantibiotikum
Das Robert Koch-Institut (RKI) hat zur Umsetzung der gesetzlichen Definition Kriterien entwickelt, auf deren Grundlage der G-BA ein neues Antibiotikum als Reserveantibiotikum einstufen kann. Zudem listet das RKI nicht abschließend relevante bakterielle Erreger mit Resistenzen auf, beispielsweise den Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA). Der G-BA muss diese Liste von Erregern bei der Einstufung eines Antibiotikums ebenfalls heranziehen: Als Reserveantibiotikum sollte es gegen mindestens einen dieser Erreger wirksam sein. Im Einzelfall kann der G-BA einen Antrag auf Reservestatus aber auch bei Wirksamkeit gegen weitere multiresistente Erreger prüfen. Werden die Voraussetzungen für die Freistellung als Reserveantibiotikum nicht erfüllt, so muss der pharmazeutische Unternehmer ein vollständiges Dossier für die Nutzenbewertung vorlegen. Dies gilt auch, wenn die Voraussetzungen für den Reservestatus des Antibiotikums nicht mehr erfüllt sind, zum Beispiel, wenn das Antibiotikum viel häufiger verschrieben wird, als nach den Vorgaben der strengen Indikationsstellung zu erwarten ist.
Lesetipp
Bei einer virtuellen Jubiläumsveranstaltung des G-BA am 19. März 2021 fiel die Bilanz über zehn Jahre AMNOG überwiegend positiv aus. Für den unparteiischen Vorsitzenden des G-BA, Professor Josef Hecken, ist das Verfahren allerdings „nur als lernendes System denkbar, das in Details immer wieder modifiziert und weiterentwickelt wird“. Warum der Zusatznutzen oft so schwer nachweisbar ist, vor welchen Herausforderungen die Nutzenbewertung steht, welchen Stellenwert das ANMOG-Verfahren international hat und was auf europäischer Ebene hinsichtlich der Nutzenbewertung zu erwarten ist, können Sie in der DAZ-Ausgabe von dieser Woche nachlesen. Bitte beachten Sie dazu auch das Editorial in der aktuellen DAZ.
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