Impfen oder nicht impfen?

Wie man Zweifeln bei Impfung mit Vaxzevria begegnen kann

Stuttgart - 23.04.2021, 13:45 Uhr

Aus dem pharmazeutischen Blickwinkel ist besonders ein Satz eines neuen Preprints zu Vaxzevria interessant: „Das Ausmaß der akuten Entzündungsreaktion [...] scheint ein wichtiger [...] Faktor zu sein, der durch die Reduzierung von Verunreinigungen und das Weglassen von EDTA verringert werden könnte.“ (Foto: IMAGO / Pixsell) 

Aus dem pharmazeutischen Blickwinkel ist besonders ein Satz eines neuen Preprints zu Vaxzevria interessant: „Das Ausmaß der akuten Entzündungsreaktion [...] scheint ein wichtiger [...] Faktor zu sein, der durch die Reduzierung von Verunreinigungen und das Weglassen von EDTA verringert werden könnte.“ (Foto: IMAGO / Pixsell) 


Expertinnen raten zur Impfung und sind dem Mechanismus auf der Spur

Dass die Gefahr von Impfnebenwirkungen in der Bevölkerung überschätzt wird, das berichtete auch die dpa: Nach Ansicht der Frankfurter Virologin Sandra Ciesek gelte das auch für die Sinusvenenthrombosen nach einer Impfung mit AstraZeneca – und das selbst für junge Menschen, die nur selten schwer an COVID-19 erkrankten. 

„Risiko-Rechner“ der Universität Cambridge

Mit dem „Risiko-Rechner“ der Universität Cambridge in England kann in Grafiken und nach Altersgruppen nachvollzogen werden, wie groß das Risiko einer schweren COVID-19-Erkrankung gegenüber dem Risiko ist, nach einer Impfung mit AstraZeneca eine solche Thrombose zu bekommen. 

Die Berechnung [der Universität Cambridge] zeige klar, „dass der Impfstoff bei weitem sicherer ist als das Risiko einer COVID-19-Infektion“, wird Ciesek zitiert. 

Selbst eine 20-jährige Frau habe ein höheres Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf als für die Nebenwirkung einer Hirnvenenthrombose, betonte auch der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, Prof. Dr. Carsten Watzl, gegenüber der dpa am vergangenen Dienstag, allerdings in Bezug auf die EMA-Entscheidung zu Janssen.

Neues zu den Inhaltsstoffen einer Impfung

Eine Frage die nun nahe liegt: Werden CVT im Zusammenhang mit COVID-19 und solche im Zusammenhang mit der Impfung am Ende durch denselben Mechanismus ausgelöst? Diese gehört zu den vielen offenen Fragen, mit denen sich die Forschung derzeit noch beschäftigt.

Die neuesten Erkenntnisse zum Mechanismus hat Professor Andreas Greinacher von der Universitätsmedizin Greifswald vergangenen Dienstag vorab publiziert. Beim Lesen der Publikation wird schnell deutlich: Es ist kompliziert. 

Man sieht es demnach aber als nachgewiesen an, dass VITT (Vaccine-induced Immune Thrombotic Thrombocytopenia), also die speziellen und seltenen beobachteten Thrombosen, keine Folge von Antikörpern seien, die sich gegen das SARS-CoV-2-Spike-Protein richten. Alles deute darauf hin, dass es die Adenovirus-Vektor-basierten Impfstoffe sind, bei denen das Risiko für VITT besteht – ausgelöst durch Adenovirus- und/oder andere PF4-DNA-Interaktionen (Plättchenfaktor 4). Das würde erklären, warum bislang kein Zusammenhang zwischen mRNA-Impfstoffen und den seltenen Thrombosen hergestellt wurde. 

Aus dem pharmazeutischen Blickwinkel ist besonders ein Satz des neuen Preprints interessant: „Das Ausmaß der akuten Entzündungsreaktion, die durch die Impfstoffkomponenten induziert wird, scheint ein wichtiger – und potenziell behebbarer – Faktor zu sein, der durch die Reduzierung von Verunreinigungen und das Weglassen von EDTA verringert werden könnte.“

Zu den Einschränkungen der Studie zähle aber, dass die detaillierten Spezifikationen des ChAdOx1 nCov-19-Impfstoffs nicht öffentlich verfügbar seien und die potenziellen Auswirkungen von etwa 35-40 µg humanen Zellkulturproteinen (als Verunreinigung aus der Produktionszelllinie T-REx HEK-293) pro Impfdosis von den zuständigen Zulassungsbehörden noch bewertet werden müssten. Die Inhaltsstoffe anderer Adenovirus-basierter COVID-19-Impfstoffe seien nicht analysiert worden. Die Qualitätskontrolle von Impfstoffen erfordere die umfassende methodische Expertise der Zulassungsbehörden, heißt es.

In der Forschung werden also heiße Spuren verfolgt, das Ziel ist aber noch nicht in Reichweite. Jeder muss für sich selbst beantworten – angesichts des viel höheren COVID-19-Risikos – ob es ratsam ist, mit der Vaxzevria-Impfung abzuwarten, bis so etwas wie „absolute Sicherheit“ besteht. Am Ende ist (bei Jüngeren) das eigene COVID-19-Risiko gegen das potenzielle Risiko einer Impfung abzuwägen, was die STIKO-Empfehlung zur Vaxzevria-Impfung ab 60 aber auch die Empfehlung ab 30 in Großbritannien erklärt. 



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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