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Bundestagswahl 2021 – Teil 6: Bündnis 90/Die Grünen
E-Rezept als „neues Beispiel gescheiterter Digitalisierung“?
Regional sollte es möglich sein, „bestimmte Regeln zu lockern“
Im DAZ-Interview haben Sie im Januar davon gesprochen, das Mehrbesitzverbot lockern zu wollen, wenn sonst eine wohnortnahe Versorgung mit Arzneimitteln nicht mehr möglich wäre. Wie stellen Sie sich das konkret vor?
Wir Grüne wollen die Versorgung vor Ort durch sogenannte Gesundheitsregionen stärken. Nach unserer Vorstellung sollte der Bund im Gesundheitswesen den groben Rahmen vorgeben und zum Beispiel Qualitätsstandards festlegen. Die konkrete Organisation sollte aber vor Ort erfolgen, denn die Versorgungsrealitäten sind in Deutschland regional sehr unterschiedlich. Mit nur einem Regelungskonzept die Arzneimittelversorgung bundesweit gewährleisten zu wollen, führt dazu, dass einige Gebiete letztlich unterversorgt sind. In solchen Fällen sollte es möglich sein, bestimmte Regeln zu lockern und es zum Beispiel zu gestatten, mehr als eine Haupt- und drei Filialapotheken zu betreiben, wenn nur dadurch die Versorgung mit Medikamenten vor Ort inklusive Beratung gesichert werden kann.
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„Ich würde mir wünschen, dass die Apotheker sich nicht länger so klein machen“
Sie nehmen also eine Kettenbildung in Kauf?
Nein, wir sind weiterhin keine Befürworter von Apothekenketten. Es geht nicht darum, einen neuen Markt zu öffnen, sondern in Einzelfällen lokale Lösungen zu schaffen. Auch dass ein Apotheker, der in einer völlig anderen Region in Deutschland niedergelassen ist, plötzlich in einem unterversorgten Gebiet eine Apotheke eröffnet, ist nicht in unserem Sinn. Unser Ziel sind partnerschaftliche Lösungen mit ortsansässigen Apotheken.
Welche weiteren Veränderungen planen Sie für den Apothekenmarkt? Gibt es noch andere ordnungspolitische Pfeiler, die Sie hinterfragen wollen?
Wir werden grundsätzlich am Gesundheitsberufegesetz arbeiten müssen und uns fragen, wie wir auch das Berufsbild der Apothekerinnen und Apotheker verändern wollen. Mein persönliches Ziel ist es, den Beruf als Gesundheits- und Heilberuf zu stärken. Derzeit sind die Apotheken sehr stark patientenorientiert. Ich kann mir für die Zukunft gut vorstellen, dass sie auch Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegekräfte intensiver beraten als bisher. Den Apothekerinnen und Apothekern mit all ihren Kompetenzen mehr Verantwortung zu übertragen und dies auch im System zu verankern, sehe ich als eine der großen Aufgaben zukünftiger Gesundheitspolitik.
Wir müssen in diesem Zusammenhang natürlich auch über das Apothekenhonorar sprechen. Sind hier Anpassungen geplant und wenn ja, welche?
Das kann ich so konkret noch nicht sagen. Aber natürlich wird man, wenn sich die Aufgaben der Apotheken verändern, auch über das Honorar sprechen müssen. Denn wenn die Apothekerinnen und Apotheker ihre Kompetenzen verstärkt einbringen, sollen sie dafür auch auskömmlich bezahlt werden.
Ein zweites Standbein sollen perspektivisch die honorierten pharmazeutischen Dienstleistungen werden. Noch immer ist nicht bekannt, über welche konkreten Dienstleistungen Apotheker und Kassen derzeit verhandeln. Welche Leistungen können Sie sich persönlich vorstellen?
Wir müssen sowohl was die Arzneimitteltherapiesicherheit als auch die Adhärenz angeht, Apotheken verstärkt einsetzen, auch was das Controlling und Monitoring von Medikation betrifft. Am Ende des Tages muss jemand ein Auge darauf haben, dass Patientinnen und Patienten ihre Arzneimittel richtig und regelmäßig einnehmen und gleichzeitig ihnen nicht etwa durch Mehrfachbehandlungen oder Fehlsteuerungen Nachteile entstehen.
Aktuell sind 150 Millionen Euro jährlich im Topf – ein Tropfen auf den heißen Stein. Planen Sie, das Volumen zu erhöhen?
Ich glaube, meine Haushälter würden mir den Kopf abreißen, wenn ich jetzt diesbezüglich irgendwelche Versprechen abgeben würde. Es ist Teil seriöser Politik, nach der Wahl einerseits in die Portemonnaies und andererseits auf die anstehenden Aufgaben zu schauen und dann zu entscheiden, was möglich ist.
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