Gastkommentar zur Novellierung der Approbationsordnung

Plötzlich die Zukunft im Blick?

Berlin - 25.08.2021, 07:00 Uhr

Ilias Essaida studiert Pharmazie in Berlin und war bis Ende 2020 Beauftragter für Gesundheitspoilitik des Bundesverbandes der Pharmaziestudierenden in Deutschland. (c / Foto: BPhD)

Ilias Essaida studiert Pharmazie in Berlin und war bis Ende 2020 Beauftragter für Gesundheitspoilitik des Bundesverbandes der Pharmaziestudierenden in Deutschland. (c / Foto: BPhD)


Zum diesjährigen Deutschen Apothekertag, der erstmals seit zwei Jahren wieder stattfindet, liegen einige Anträge vor, die sich mit der Novellierung der Approbationsordnung beschäftigen. Der Inhalt überrascht – ein Gastkommentar von Ilias Essaida.

Der letzte Deutsche Apotheker Tag (DAT) liegt nun knapp zwei Jahre zurück. Im September 2019 trafen sich die Delegierten der Apothekerkammern und -verbände zuletzt in Düsseldorf. Das höchste beschlussfassende Gremium der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) besprach damals auch die Novellierung der Approbationsordnung für Apotheker (AAppO). Letztendlich einigte man sich darauf, den Sachverhalt in einen „Ausschuss“ zu verschieben – das Thema verschwand von der standespolitischen Bildfläche.

Knapp ein Jahr später – mittlerweile ist es Ende 2020 – kommt Bewegung in die Sache. Nachdem man die letzten zwei Jahre verschlafen hat, lädt die Bundesapothekerkammer (BAK) nun zum „Runden Tisch“. An diesem Tisch sitzen neben der BAK selbst auch Vertreter:innen der Professor:innen, der Gewerkschaft ADEXA, der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG), der Krankenhausapotheker:innen (ADKA), der Industrie und der Studierenden.

Besonders die Studierenden haben in der Vergangenheit immer wieder Druck gemacht und auf eine Novellierung der dreißig Jahre alten Approbationsordnung (zuletzt geändert vor zwanzig Jahren) gedrängt. Der Bundesverband der Pharmaziestudierenden in Deutschland e. V. (BPhD) legte bereits ein detailliertes Konzept über die Anpassung der Approbationsordnung vor.

Doch auch der Runde Tisch scheint sich nicht als effiziente Arbeitsgruppe zu etablieren, im Gegenteil: Mittlerweile arbeiten die Professor:innen alleine an einem Entwurf zur Anpassung der Approbationsordnung, das Ruder wurde bereitwillig an die Lehre abgetreten. Dies trägt vielleicht zur Effizienz des Runden Tisches bei und erhöht eventuell auch die Geschwindigkeit, mit der ein brauchbares Ergebnis produziert wird, hat jedoch einen gewissen Beigeschmack: Die Vertreter:innen der Pharmazeutischen Chemie haben es in der Vergangenheit immer wieder geschafft, ihr Fach mit einem ordentlichen Stundensatz in der Approbationsordnung zu verankern. Dies könnte auch diesmal den Bestrebungen, die Pharmakologie und Klinische Pharmazie im zeitlichen Umfang in der Approbationsordnung zu stärken, entgegenstehen. Das wäre allerdings fatal, wenn man bedenkt, wie wichtig diese Fächer im Kontext der Patient:innenbetreuung sind.

Doch kurz vor dem nächsten DAT scheint Bewegung in die Sache zu kommen: Es liegen einige Anträge vor, die sich dem Thema der Approbationsordnung widmen.

Mehr Geld, mehr Nachwuchs, strengeres Makelverbot

Das sind die Anträge zum Deutschen Apothekertag

Politisch kann man diese Entwicklung auf zwei Weisen deuten: Zum einen hat vor kurzem ein Wechsel an der Spitze der ABDA und der BAK stattgefunden. Besonders Gabriele Overwiening, Präsidentin der ABDA, hat in der Vergangenheit immer wieder betont, dass ihr die Novellierung besonders wichtig sei. 

Auf der anderen Seite liegt der Verdacht nahe, dass es sich bei den Anträgen in nicht unbedeutender Weise um ein politisches Schaulaufen handelt. Der Verdacht erhärtet sich umso mehr, wenn man bedenkt, dass sich besonders die Landesapothekerkammer Hessen (LAK Hessen) neuerdings die Zukunft des Studiums auf die Fahne geschrieben hat. Ursula Funke, die Präsidentin der LAK Hessen, ist gleichzeitig auch Vizepräsidentin der Bundesapothekerkammer (BAK) und Mitglied des Geschäftsführenden Vorstandes der ABDA.

Plötzlich kann es nicht schnell genug gehen

Dieser Geschäftsführende Vorstand der ABDA hat jedoch auch einen eigenen Antrag zum Studium vorgelegt. Mittlerweile gibt es auch einen gemeinsamen Antrag der LAK Hessen und des ABDA Gesamtvorstandes, der die beiden separat gestellten Anträge zusammenfasst.

Warum man sich nicht bereits in einem ersten Schritt zusammengesetzt hat und einen gemeinsamen Antrag ausgearbeitet hat, bleibt erst einmal offen.

Ob es sich nun um politische Selbstdarstellung handelt oder ob im Apothekerhaus in Berlin nach dem Personalwechsel ein anderer Wind weht – es kann sowohl der ABDA als auch der LAK Hessen nicht schnell genug gehen. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) soll durch die Apotheker:innen auf dem DAT aufgefordert werden, „in der nächsten Wahlperiode schnellstmöglich die Approbationsordnung für Apotheker […] zu novellieren“.

Begründet wird das neue Tempo mit den bereits eingetretenen oder sich anbahnenden Veränderungen in der Apothekenwelt, wie zum Beispiel den Pharmazeutischen Dienstleistungen, der Arzneimitteltherapie- und der Patient:innensicherheit.

Wie begründet ist die Furcht vor einem Switch zum Bachelor/Master-Studiengang? 

Ein wichtiger Punkt ist den Antragstellenden auch, dass man unter allen Umständen die derzeitige Struktur des Studiums beibehalten möchte, also nicht von einem Staatsexamen-Studiengang auf einen Bachelor/Master-Studiengang wechseln möchte. Ich glaube, dass diese Debatte noch einmal intensiv geführt werden muss. Der Umstieg auf ein Bachelor/Master-System kann einige Spezialisierungsmöglichkeiten bieten und kann dazu beitragen, dass sich das Studium stärker auf wissenschaftliches Arbeiten konzentriert. Ein Staatsexamen schließt das Bachelor/Master-System zudem nicht aus.

Neben den großen Anträgen fordert die Kammer Nordrhein, einen Ausbau des interprofessionellen Austausches im Studium, beispielsweise durch verpflichtende gemeinsame Lehrveranstaltungen mit den Mediziner:innen, die Landesapothekerkammer Sachsen fordert einen Ausbau der Studienkapazitäten und die Weiterentwicklung der Aufgaben, besonders im Hinblick auf die Krankenhausapotheken (ein etwas stiefmütterlich behandeltes Thema der Apotheker.innen) und in Berlin denkt man zudem darüber nach, die Möglichkeiten für das Praktische Jahr auszuweiten und die Themen Umweltschutz und Klimawandel in die Curricula zu integrieren – alles besonders unterstützungswerte Anträge.

Grabenkämpfe vermeiden

Bei allen angestrebten Änderungen müssen jedoch die Kammern auch an ihre Hausaufgaben erinnert werden: Seit der letzten Novellierung der Approbationsordnung und der damit einhergehenden Einführung der Klinischen Pharmazie als Kernfach im Hauptstudium vor zwanzig Jahren warten immer noch einige Universitäten auf eine Professur für Klinische Pharmazie. Und eine Sache darf nicht vergessen werden: Zwar schreibt das BMG die entsprechende Verordnung zur Novellierung der Approbationsordnung, das Geld dafür werden allerdings die Bundesländer zur Verfügung stellen müssen – und diese stimmen letztendlich auch über die Verordnung ab.

Es liegt also an den Landesapothekerkammern, entsprechende Gespräche zu führen und bei den Landesregierungen Geld locker zu machen, um eine Novellierung der Approbationsordnung zu finanzieren. Ohne einen Entwurf der Novellierung, der die Wünsche der Kammern, Lehrenden und besonders der Studierenden berücksichtigt, wird das jedoch schwierig. Ich kann dem BPhD daher nur raten, sich nicht in Grabenkämpfe beim Runden Tisch einspannen zu lassen und sich schon einmal bei den Landesregierungen umzuhören und seine Ideen zu unterbreiten.



Ilias Essaida, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Ganz so ist es dann doch nicht!

von Otto Quintus Russe am 25.08.2021 um 10:48 Uhr

Vorab möchte ich klarstellen, dass ich es gut finde, wenn sich angehende Kolleginnen und Kollegen engagieren und für ihre Positionen eintreten.

Dieser Kommentar schießt jedoch mehrmals über das Ziel hinaus.

Anträge zum DAT werden von den Mitgliedsorganisationen (MO) oder dem ABDA Vorstand zum Stichtag eingereicht. Es ist also vollkommen normal, dass es zu einem Thema mehrere Anträge gibt. Diese werden dann, wo es Sinn macht, in Leitanträge zusammengefasst, d.h. aber nicht, dass die Einzelanträge verschwinden. Sollte der Leitantrag durch den DAT abgelehnt werden, werden die Einzelanträge abgestimmt.

Anträge zum DAT werden von den MO eingereicht. Den 28 Delegierten der LAK Hessen politisches Schaulaufen zu unterstellen, ist höflich formuliert eine Frechheit!
In Hessen wurde seit dem letzten DAT die Delegiertenversammlung turnusmäßig neu gewählt. Wir in Hessen haben seitdem zur Approbationsordnung eine Arbeitsgruppe besetzt mit Hochschullehrern und jungen Delegierten. Ein DAT Antrag zu dem Thema ist also nicht verwunderlich. Vielleicht sollte man sich, auch wenn man Kommentare schreibt, vorher informieren!

Für Professuren für die Klinische Pharmazie sollten sich auch die Landesapothekerkammern einsetzen, das versteht sich natürlich von selbst. Allerdings sind die Kontaktflächen zw. Wissenschaftsministerin, die für die Finanzierung der Universitäten zuständig ist, und Kammern, die auf den Heilberufsgesetzen der Sozial- und Gesundheitsministerin beruhen, meist überschaubar und auch die wissenschaftspolitische Gesamtlage in den einzelnen Ländern spielt eine wichtige Rolle. Viel wichtiger wäre hier eine gemeinsame und konstatierte Initiative aller Beteiligten, die Lehre und Wissenschaft im Bereich Klinischer Pharmazie einen Mehrwert bietet.

Zu Bachelor/Master: Prinzipiell muss etwas an den Inhalten des Studiums geschehen, und zwar auf eine Art und Weise, dass am Ende ein berufsqualifizierender Abschluss erlangt wird, der dazu befähigt die Bevölkerung ordnungsgemäß mit Arzneimitteln zu versorgen. Ob man sich auf Experimente wie Bachelor/Master mit Staatsexamen einlassen sollte, lasse ich dahingestellt. Ich kann mich noch gut an die Proteste gegen die Bologna-Reformen in Frankfurt mit Besetzung in der Uni Ende 2009 erinnern. Auch da scheint nicht alles Gold zu sein was glänzt.
Wichtig ist doch, dass der Curricula Normwert nicht noch schlechter für Pharmazie wird, die Inhalte überarbeitet werden und man nach dem Studium ein/e pharmazeutisch solide/r und breitgebildete/r Arzneimittelfachmann/frau ist.

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