Bothropstoxin-I hemmt SARS-CoV-2

Corona-Arzneimittel aus Schlangengift?

Stuttgart - 13.09.2021, 09:15 Uhr

Wie viel SARS-CoV-2 hemmendes Potenzial steckt im Gift der in Brasilien vorkommenden Jararacussu-Schlange? (s / Foto: Leonardo / AdobeStock)

Wie viel SARS-CoV-2 hemmendes Potenzial steckt im Gift der in Brasilien vorkommenden Jararacussu-Schlange? (s / Foto: Leonardo / AdobeStock)


Die Dosis macht das Gift, wusste schon Paracelsus – das könnte sich auch beim Gift der Jararacussu-Schlange als Corona-Arzneimittel bewahrheiten:  Brasilianische Forscher fanden heraus, dass Bothropstoxin-I, ein Peptid im Gift der Viper, SARS-CoV-2 in Affenzellen hemmt. Dabei scheint vor allem der Angriffspunkt, die Papain-like protease, spannend – wurde diese bislang auch bei allen Corona-Varianten nachgewiesen.

Bothropstoxin-I (BthTX-I) ist ein Myotoxin (Muskel-lähmendes Gift), das aus dem Gift der Schlange Bothrops jararacussu isoliert wird und den brasilianischen Wissenschaftlern um  Marjorie Freire zufolge bereits „beträchtliche“ antimikrobielle Aktivität gegen teilweise auch multiresistente Bakterienstämme gezeigt hat. Funktioniert Bothropstoxin-I vielleicht auch gegen SARS-CoV-2?

Die Jararacussu-Schlange

Die Jararacuçu-Schlange (Jararacussu) zählt zur Familie der Vipern – die allesamt giftig sind – und zur Unterfamilie der Grubenottern. Sie wird bis zu 150 cm lang, wobei die Weibchen auch über 2 m groß werden können. Die Giftzähne der Jararacussu sitzen im vorderen Oberkiefer und sind einklappbar und auffallend lang, die Schlange kann pro Biss 300 Mikrogramm Gift in die Bisswunde sezernieren. Ohne medizinische Versorgung verlaufen 15 bis 18 Prozent der Bisse einer Jararacussu-Schlange tödlich.

Die Forschergruppe vom Institut für Chemie (IQ) der staatlichen Universität von São Paulo (Unesp) in Brasilien erforschte die Wirkung dieses Toxins folglich auch gegen SARS-CoV-2, zunächst in Laborversuchen, und veröffentlichte die Ergebnisse ihrer Arbeit nun Mitte August im internationalen Fachjournal „Molecules“.

Bothropstoxin-I hemmt SARS-CoV-2

Die Wissenschaftler fanden heraus, dass Bothropstoxin-I in der Lage ist, die Vermehrung von SARS-CoV-2 in Affenzellen um 75 Prozent zu drosseln. Dafür wurde Bothropstoxin-I zur Affenzellkultur hinzugefügt und diese eine Stunde später mit SARS-CoV-2 infiziert. Zwei Tage später untersuchten die Wissenschaftler, wie stark das Virus in seiner Vermehrung gehemmt worden war.

Diese Hemm-Ergebnisse vergleichen sie sodann mit der natürlichen Vermehrung von SARS-CoV-2 in Affenzellen (ohne Bothropstoxin-I) und machten Unterschiede in der Replikation aus: „Wir haben ein Peptid gefunden, das für Zellen nicht toxisch ist, aber die Virusvermehrung hemmt“, erklärt Eduardo Maffud Cilli, Professor am IQ und einer der Autoren der Studie. Er denkt, wenn Bothropstoxin-I als Arzneimittel verfügbar wäre, könnte durch die virushemmende Wirkung des Schlangengifts der menschliche Körper Zeit gewinnen, um ausreichend Antikörper gegen SARS-CoV-2 zu bilden, „da das Virus in seiner Infektionsgeschwindigkeit beeinträchtigt wäre und sich nicht im Organismus ausbreiten würde“, erklärt Cilli.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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