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Apotheken dürfen zwar Betäubungsmittel und Medizin-Cannabis abgeben, aber wenn sie demnächst Trink- und Sondennahrung an Kassenpatienten liefern, müssen sie sich erst „präqualifizieren“, sonst läuft da nichts. Irre Welt! Sogar der Verkauf von Cannabis zum „Freizeitgebrauch“ könnte bald Apothekers Aufgabe sein – die drei Ampelmännchen können sich das vorstellen und für unsere ABDA ist das „grundsätzlich denkbar“. Welch schöne Welt! Vielleicht sollten wir uns auch mal Gedanken machen, wie wir mit Fahrradkurier-Start-ups umgehen, die für uns die Boten-Dienste machen wollen. Geht nicht, sagt die ABDA – und die Riders fahren doch. Neue Welt! Und wer noch nicht genug hat, denkt zurück an den schwarzen Tag vor fünf Jahren, als die Rx-Preisbildung fiel. Immerhin, wir haben ein Rx-Boni-Verbot. Apothekers Welt.
18. Oktober 2021
Skonti und Rabatte – für uns Apothekers als Kaufleute waren und sind sie ein wichtiges Element bei der betriebswirtschaftlichen Führung unserer Apotheken, vor allem dann, wenn uns diese Preisnachlässe von unseren Großhändlern gewährt werden. Klar, je mehr desto besser, nur so arg viel Skonti und Rabatte darf’s von Rechts wegen nicht geben. Mein liebes Tagebuch, wir erinnern uns: Vor vier Jahren führte eine Entscheidung der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Streit um die Rabatte des Großhändlers AEP letztlich dazu, dass der Gesetzgeber 2019 eine Klarstellung zur Arzneimittelpreisverordnung (AMpreisV) mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz nachschob: Der Großhandel muss bei der Abgabe von Fertigarzneimitteln an Apotheken auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers (ApU) 70 Cent und die Umsatzsteuer aufschlagen. Zusätzlich darf er auf den ApU „höchstens einen Zuschlag von 3,15 Prozent, höchstens jedoch 37,80 Euro“ erheben. Tja, klingt eigentlich ziemlich eindeutig, aber auch nur ziemlich, denn noch immer stand die Frage im Raum: Wie ist es eigentlich mit „echten“ Skonti, also Preisnachlässen, die der Großhändler der Apotheke gewährt für eine vorfristige oder fristgerechte Zahlung? Sind diese Skonti zusätzlich möglich, weil hier eine Gegenleistung der Apotheke gegenübersteht? Da gehen die Meinungen je nach Interessenslage auseinander. Die Wettbewerbszentrale will das erneut klären lassen. Sie klagte gegen einen Parallel- und Reimporteur, der den Apotheken ein Präparat mit einem so hohen Rabatt und Skonto anbot, dass der ApU plus Festzuschlag unterschritten wurde. Geht gar nicht, sagte die Wettbewerbszentrale. Das Landgericht Cottbus gab der Wettbewerbszentrale recht. Auf den Mindestpreis, der sich zusammensetzt aus ApU, dem Festzuschlag von 70 Cent und der Umsatzsteuer „dürfen weder Rabatte noch Skonti gewährt werden“, so das Gericht und erklärt auch, warum es dies so sieht: Letztlich gehe es auch darum, eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln zu sichern. Mit einem Preiskampf und einer Skontogewährung nur an Großabnehmer könnte zudem die Konkurrenzfähigkeit kleinerer Apotheken gefährdet werden. Mein liebes Tagebuch, das Ziel, das sich die Wettbewerbszentrale gesetzt hat, ist edel.
Aber mit solchen Rechtsstreitigkeiten sieht man mal wieder, wie schwer es ist, sich juristisch so eindeutig auszudrücken, dass es an Begriffen und Vorgängen wie Skonto- und Rabattgewährung nichts zu deuten gibt. Vermutlich ist mit dem Urteil des LG Cottbus noch nicht das letzte Wort gesprochen, das beklagte Unternehmen kann Berufung einlegen. Wir sind gespannt, ob Skonto und Rabatt noch in dieser Dekade geklärt werden können.
19. Oktober 2021
Es war ein schwarzer Tag für die Apotheken: der 19. Oktober 2016. An diesem Tag entschied der Europäische Gerichtshof, dass es keine Preisbindung bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln für Arzneimittelversender aus dem EU-Ausland geben dürfe. Den Arzneiversandhäusern z. B. an der niederländisch-deutschen Grenze sollte der Zutritt zum deutschen Arzneimittelmarkt erleichtert werden: Preiswettbewerb nicht nur bei OTC-Arzneimitteln, sondern auch bei Rx-Arzneimitteln. 2012 hatte zwar der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe entscheiden, dass sich auch eine EU-ausländische Versandapotheke an die Vorgaben der Arzneimittpreisverordnung zu halten hat. Das gefiel den Versendern, allen voran DocMorris, nicht. Immer wieder wurden Boni und Rabatte gewährt, zahlreiche Gerichtsprozesse folgten, eine endgültige Klärung konnte nicht erreicht werden – bis diese Frage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) landete: Hält der EuGH die Rx-Preisbindung für Versandapotheken im EU-Ausland wirklich für europarechtlich unproblematisch? Das Urteil kennen wir. Der EuGH rollte einen roten Teppich für die EU-Arzneiversender aus, eine VIP-Einladung, den Arzneimittelmarkt kräftig aufzumischen und eine funktionierende Arzneiversorgung zu torpedieren. Mal ganz einfach formuliert, lautete das Urteil so: Ach, die armen EU-Versender haben es doch so schwer, auf dem deutschen Markt Geschäfte zu machen, viel schwerer als deutsche Apotheken. Sie können nicht vor Ort durch Personal individuell beraten und sie können auch keine Notfallversorgung sicherstellen, schluchz (als ob sie das je gewollt hätten). Und daher sei der Wettbewerb auch über Rx-Arzneimittelpreise doch viel wichtiger als für unsere kleinen Vor-Ort-Apotheken. Nochmals schluchz. Mein liebes Tagebuch, rückblickend und mit dem Blick auf die Entwicklung der EU-Versandkonzerne ist diese Begründung an Hohn kaum noch zu überbieten. Und das Sahnehäubchen beim EuGH-Urteil: Ja klar, grundsätzlich könne ein EU-Mitgliedstaat solche Beschränkungen beim freien Warenverkehr wie z. B. die Preisbindung bei Rx-Arzneimitteln rechtfertigen, vor allem wenn’s um die Gesundheit und das Leben gehe. Aber doch nicht in diesem Fall – nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs ist die deutsche Preisbindung nicht geeignet, um das Ziel, die flächendeckende Arzneimittelversorgung sicherzustellen, zu erreichen. Es fehlten die Beweise dafür. Ja, im Gegenteil, je mehr Preiswettbewerb unter den Apotheken, desto mehr gleichmäßige Versorgung mit Arzneimitteln, meinten die Luxemburger Richter. Mein liebes Tagebuch, wie verquer muss man denken, um solche Ideen zu haben. Und was nach dem Urteil folgte, ist uns noch in schlechter Erinnerung: Die Boni-Welle der EU-Versender, Geldsparen auf Rezept. Eigentlich hätte man diesem Urteil und seinen Folgen nur durch ein Verbot des Rx-Versandhandels entgegentreten können. Doch der von der CDU eingebrachte Gesetzentwurf für ein Rx-Versandverbot scheiterte vor allem an der SPD. Aber Jens Spahn fand einen Kompromiss mit dem Vor-Ort-Stärkungsgesetz, das die Rx-Preisbindung an den Rahmenvertrag koppelte und ins Sozialgesetzbuch verschob: Damit ist zumindest ein Rx-Boniverbot im Bereich der GKV gesetzt. Bis jetzt hält diese Regelung – ob für immer, bleibt dahingestellt.
DAZ.online hat zum fünften Jahrestag dieses unrühmlichen Urteils einige Stimmen eingeholt. DAZ-Herausgeber Benjamin Wessinger hatte es zwar rational nicht ausgeschlossen, dass die EuGH-Richter so entscheiden würden, aber emotional sei es für ihn unvorstellbar gewesen. Problematisch für ihn war es, dass die ABDA nicht über Alternativen nachgedacht hatte. Und dann habe es da noch den abrupten Umschwung der ABDA gegeben, die das Rx-Versandverbot fallen ließ. Für Lutz Engelen, dem damaligen Präsidenten der Apothekerkammer Nordrhein, war das Urteil auch eine „emotionale Geschichte“. Seine Kammer hatte jahrelang gegen die Aktivitäten des Arzneiversenders DocMorris gekämpft und reichlich Erfahrung gesammelt. Er bot an, auch den entscheidenden Gerichtsprozess zu begleiten und das Verfahren nach Köln zu leiten, da sich die dortigen Richter in früheren Prozessen konsequent für die deutsche Gesetzgebung entschieden hatten. Die Verfahrensbeteiligten schlugen Engelens Angebot allerdings aus. Die ABDA hatte andere Pläne. Das Verfahren fand vor dem OLG Düsseldorf statt und ging von dort zum EuGH. Als tragisch und entscheidend für den Misserfolg nennt Engelen die Argumentationsweise der Standesführung. Im DAZ.online-Video erklärt er, warum.
Wie kam das Urteil bei DocMorris an? Haben in der DocMorris-Zentrale am 19. Oktober 2016 die Sektkorken geknallt? Max Müller, damals Chief Strategy Officer beim Versender, weiß es nicht, er war vor Ort in Luxemburg und trank einen doppelten Espresso. Auf jeden Fall habe DocMorris natürlich auf solch ein Urteil hingearbeitet, so Müller, aber wie die Richter letztlich entscheiden, wisse man nicht. Ähnlich sieht es Mathias Arnold, Vizepräsident der ABDA: „Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand.“ Immerhin, mit dem Urteil habe er sofort gewusst, „dass verdammt viel Arbeit auf uns zukommt. Die Rx-Boni waren ein Angriff auf unser Arzneimittelpreisbildungssystem und der musste abgewehrt werden.“ Mein liebes Tagebuch, im lesenswerten DAZ.online-Interview erinnert er sich auch daran, wie und warum es letztlich dazu kam, dass die ABDA dem Rx-Versandverbot keine Chance mehr einräumte. Und er begründet auch, warum die ABDA so wenig mit der Berufsöffentlichkeit kommunizierte. Und wie sieht er die Zukunft des Rx-Boni-Verbots für die GKV? Wird dieses Verbot halten? Sicher ist er sich da nicht, man müsse es beobachten, meint Arnold und fügt hinzu: „Wir müssen akzeptieren, dass wir einen Wettbewerber mehr haben auf der Welt – und das ist der Versandhandel.“
20. Oktober 2021
Für den ehemaligen Chef des Apothekerverbands Westfalen-Lippe, Dr. Klaus Michels, steht fest, dass man das EuGH-Urteil vom 19. Oktober 2016 wohl als skandalös bezeichnen muss, vor allem vor dem Hintergrund, dass es in den meisten EU-Staaten keinen Rx-Versandhandel gibt und für Arzneimittel feste Preise gelten. Der EuGH habe mit seinem Urteil in eklatanter Weise das Subsidiaritätsprinzip verletzt und sich damit faktisch zu einer Art zweiten Gesetzgeber gemacht, so Michels. Er ist zudem davon überzeugt, „dass es eine gute Chance gegeben hätte, das Problem der Preisfreigabe für Rx über diesen Weg erneut dem EuGH zur Entscheidung vorzulegen und das Urteil von 2016 umzukehren.“ Und ja, mein liebes Tagebuch, für Michels hat die Gleichpreisigkeit von Rx-Arzneimitteln auch weiterhin eine große Bedeutung – für eine gerechte und hochwertige Arzneimittelversorgung der Menschen.
Wichtiger Termin für alle Apotheken, die noch auf Grippeimpfstoffen aus der letzten Saison sitzen: Sie können ab 20. Oktober die Kostenrückerstattung für diese Impfstoffe beantragen. Abgewickelt wird die Rückzahlung über das Portal für den Nacht- und Notdienstfonds, das nun hierfür freigeschaltet ist. Also, nicht versäumen, bis 30. November kann das Formular ausgefüllt und die Eigenerklärung abgegeben werden, wie viel Impfstoff in der vergangenen Saison übrig geblieben ist. Mit der Rückzahlung der Erstattungsbeträge ist angeblich noch in diesem Jahr zu rechnen – für ein nettes Extra-Weihnachtsgeschenk für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter könnte die Rückerstattung reichen.
21. Oktober 2021
„Mein Apothekenmanager“ – geht es nach dem Willen des Deutschen Apothekerverbands, soll dieses Internetportal in Zukunft das Portal werden, mit dem Apothekenkundinnen und -kunden vermehrt mit ihrer Apotheke kommunizieren können. Zum Beispiel auch via Chat. So, wie man es auch von anderen großen Online-Portalen kennt. Hat man noch eine Frage zu einem Produkt oder zu einem anderen Thema, gibt man mal eben die Frage ins Chatfenster und wenige Sekunden später bekommt man eine freundliche Antwort. Mein liebes Tagebuch, und wie sieht es hier beim Apothekenportal aus? Vermutlich so: Frage eingegeben – und nichts passiert. Das Problem: Die Apotheken sind darauf noch nicht vorbereitet, denn eine solche Chatfunktion würde bedeuten, dass eine Mitarbeiterin, ein Mitarbeiter das Chat-Tool ständig im Auge behält und zeitnah reagiert. Aber auch das Portal hat noch Schwächen: Die Apotheke erhält leider nicht sofort eine Mail, dass eine Anfrage eingegangen ist. Es gab Apotheken, die erst nach sechs Tagen über eine eingegangene Anfrage informiert wurden. Mein liebes Tagebuch, so kann man nicht punkten in der Online-Welt. Dass solche Benachrichtigungs-Mails über Patientenanfragen nur in zyklischen Abständen an die Apotheken geschickt werden, wie der DAV bestätigt, ist von vorgestern, das sollte zeitnah sofort erfolgen. Andererseits, mein liebes Tagebuch, nimmt man die Chatfunktion ernst, und das sollte man, muss in der Tat eine Mitarbeiterin, ein Mitarbeiter das Chatfenster im Auge behalten, um eingehende Anfragen zu checken. Apotheken, die darauf nicht vorbereitet sind, sollten die neue Chatfunktion vielleicht lieber nicht freischalten.
Die Präqualifizierung von Apothekerinnen und Apothekern, für die gesetzlichen Krankenkassen die Voraussetzung, um ihre Versicherten mit Hilfsmitteln beliefern zu dürfen, hat uns Apothekers von Anfang an genervt. Warum muss sich z. B. eine gestandene Akademikerin mit einem fünfjährigen Studium der Pharmazie und einem Staatsexamen noch präqualifizieren, um Inkontinenzprodukte, Spacer oder andere Hilfsmittel abgeben zu dürfen? Bis 2011 war eine Präqualifizierung nicht notwendig – und wir haben Hilfsmittel gewissenhaft und mit Beratung abgegeben. Mein liebes Tagebuch, da dürfen wir mit der Approbation in der Tasche die stärksten BtM-Hämmer abgeben, aber für die Windel reicht unsere staatlich examinierte Ausbildung nicht. Was sind das für Verträge, denen wir uns da unterworfen haben? Jetzt geht das Präqualifizierungs-Theater weiter: Wer im kommenden Jahr an GKV-Versicherte Trink- und Sondennahrung abgeben möchte, braucht ebenfalls eine Präqualifizierung. Ab 1. Januar 2022 können sich Apotheken für diesen Versorgungsbereich präqualifizieren lassen. Mein liebes Tagebuch, auch wenn die Anforderungen wohl keine Apotheke vor größere Schwierigkeiten stellen (z. B. sachgerechte Lagerung, Bereithalten von Mustern, ein Raum zur Beratung mit Sitzgelegenheit und die zeitnahe Versorgung und Beratung im häuslichen Umfeld): Irgendwie ist das schon fast entwürdigend für unseren Heilberuf. Und DAZ.online-Chefredakteurin Julia Borsch fragt: Müssen sich Apotheken demnächst „präqualifizieren“, um Arzneimittel abzugeben?
Schnelllieferdienste sind „in“, es ist geradezu ein Schnellliefer-Hype ausgebrochen, z. B. im Bereich Lebensmittel, wo es so etwas schon seit einiger Zeit gibt. In Berlin beispielsweise verspricht der Dienstleister Gorillas die Lieferung von frischen Lebensmitteln innerhalb von zehn Minuten bis an die Haustür. Das Start-up scheint auf großen Gefallen zu stoßen, vor allem bei den Finanzinvestoren, die erst vor Kurzem knapp 860 Millionen Euro an zusätzlichem Kapital nachgelegt haben sollen und dies, obwohl Gorillas nur knapp 260 Mio. Euro umsetzt und von Gewinnen noch keine Spur zu sehen ist. Sogar das DAX-Unternehmen Delivery Hero, ein Online-Netzwerk zum Bestellen von Restaurant-Essen, soll als Anteilseigner mit 235 Mio. Euro bei Gorillas eingestiegen sein. Lieferdienste für Lebensmittel und Essen stehen also bei Geldgebern hoch im Kurs, auch wenn sie selbst bisher nur Verluste machen.
Seit kurzem macht ein neuer Lieferdienst in Berlin von sich reden: Das Start-up First A bringt per Fahrradkurier in Apotheken bestellte Arzneimittel zu den Kunden. Derzeit ist First A zwar erst in zwei Berliner Stadtbezirken unterwegs, aber die Gründer sehen sich schon jetzt als „schnelle Alternative zu bekannten Online-Apotheken“. Durch die Zusammenarbeit mit Apotheken vor Ort möchte man die Apotheken auch bei der Digitalisierung unterstützen, heißt es, man möchte den Apotheken helfen, sich an die veränderten Service-Ansprüche ihrer Kunden anzupassen, sagt Antonie Jo Nissen, die die Firma zusammen mit ihrem Bruder Leif Löhde gegründet hat. First A arbeitet mit Partnerapotheken zusammen. Die von den Kunden über eine App bestellten Arzneimittel und Kosmetikprodukte holen Fahrradkuriere bei den Partnerapotheken ab und liefern die Produkte gegen eine Gebühr von 2,50 Euro zum Kunden – nach Angaben von First A innerhalb von 30 Minuten. Und schon bald soll es bald auch möglich sein, rezeptpflichtige Arzneimittel über die App liefern zu lassen. Das Geld für das Start-up-Unternehmen soll angeblich von „szenebekannten Investoren“ kommen, z. B. von einem Gorillas-Gründer. First A soll derzeit rund 20 Beschäftigte haben. Mein liebes Tagebuch, wie First A Geld verdienen will, bleibt offen, denn allein mit der Liefergebühr von 2,50 Euro lassen sich keine großen Sprünge machen. Und was zahlen Apotheken für diese Lieferdienste?
Und schon gibt es einen weiteren Schnelllieferdienst für Arzneien: die ebenfalls in Berlin ansässige Firma MAYD (Meds At Your Doorstep). Ähnliches Konzept wie First A: Bestellt werden Arzneimittel über eine App, bezahlt wird über Kreditkarte, Apple, Pay oder Google Pay und in 30 Minuten soll dann die Lieferung „bei dir zu Hause“ sein. Sogenannte „Rider“, also die Jungs und Mädels, die sich gerne auf ihren Fahrrädern und E-Bikes für 10,50 Euro pro Stunde plus Trinkgeld durch den Berliner Verkehr strampeln – und das an 365 Tagen im Jahr von 8 bis 24 Uhr – bringen „dir alles aus deiner lokalen Apotheke an deine Haustür“, verspricht MAYD auf seiner Homepage, „alles von Arzneimitteln bis hin zu deinen Beauty-Produkten“. Und: „Bei Fragen zu unseren Produkten oder deinen Symptomen bekommst du kompetenten Rat von unseren Partner-Apothekern.“ Mein liebes Tagebuch, was Apotheken für diese Kurierdienste zahlen müssen, ist der Homepage natürlich nicht zu entnehmen. Mit der Einführung des E-Rezepts plant das Start-up ebenfalls, seine Dienste auf verschreibungspflichtige Arzneimittel auszudehnen. Und klar, man will wachsen, MAYD will auch in anderen Städten seine Rider durch die Straßen schicken.
Mein liebes Tagebuch, wie sieht die Sache denn rechtlich aus? Wollen da Lieferdienste ein bisschen Apotheke spielen, obwohl sie selber keine Apotheken sind? Wie gehen wir mit solchen Angeboten um, wenn Lieferdienst-Apps ein Arzneimittel-Angebot bereitstellen, das durch Partner-Apotheken bedient wird? Einerseits kann damit eine Vor-Ort-Apotheke, die mit solchen Fahrradkurierdiensten zusammenarbeitet, den Online-Apotheken Konkurrenz machen: Eine Lieferung innerhalb einer halben Stunde schaffen die Versender nicht. Und für eine Apotheke, die nicht genügend Boten sprich Apothekenfahrer(innen) haben, könnten die Angebote verlockend sein.
Aber ist das überhaupt erlaubt? Die Apothekenbetriebsordnung spricht von „Zustellung durch Boten der Apotheke“. Boten im Sinne der Apothekenbetriebsordnung sind die Fahrradkuriere und Rider gewiss nicht, sie sind nicht bei der Apotheke angestellt. Und damit kann die Apotheke auch keine 2,50 Euro den Kassen für den Botendienst in Rechnung stellen. Sind die Zustelldienste dann mit Speditionsfirmen gleichzustellen wie DHL, Hermes oder anderen? Dann bräuchte die Apotheke eine Versandhandelserlaubnis. Mein liebes Tagebuch, das Thema sollte bei uns Apothekers umgehend diskutiert werden. Die ABDA jedenfalls hält die Kurierdienste nicht für rechtens, der Einsatz externen Personals sei apothekenrechtlich unzulässig, da der Bote nicht zum Personal der Apotheke gehöre. Mein liebes Tagebuch, das mag so sein, ist aber wenig hilfreich: Denn die Angebote dieser Start-ups an Apotheken kommen und so manch eine Apotheke könnte sich durch Kurierdienste eine Hilfe im Wettbewerb mit den Versender versprechen. Wir sollten das Thema unbedingt in der Berufsöffentlichkeit diskutieren: Kurierdienste für Apotheken. Oder ist das Ganze wirklich nur ein Hype, eine Welle, die wieder verschwindet? Bis heute verdient selbst Delivery Hero noch keinen Cent.
22. Oktober 2021
Klar, er hatte es versucht, der EU-Versender DocMorris. Obwohl für alle, die GKV-Versicherte mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln versorgen, also auch für Versandhäuser aus dem EU-Ausland, seit rund zehn Monaten wieder eine Preisbindung gilt, versuchte DocMorris mit einem „Treueprogramm“, diese Preisbindung zu unterlaufen: Mit jeder Bestellung rezeptfreier und rezeptpflichtiger (!) Arzneimittel konnten die Kunden ein Guthaben auf ein Treuekonto sammeln, das dann später mit dem Kauf rezeptfreier Produkte verrechnet wurde. Die Apothekerkammer Nordrhein wurde auf diese Werbung aufmerksam. Sie hielt das Treueprogramm für wettbewerbswidrig und klagte. Allerdings monierte die Kammer keinen Verstoß gegen die Preisbindung. DocMorris verstoße vielmehr gegen das heilmittelwerberechtliche Zuwendungsverbot und auch gegen das Telemediengesetz, da die Bedingungen für das Treueprogramm nicht klar und eindeutig seien. Das Landgericht Stuttgart sah das genauso und untersagte DocMorris diese Treueprogramm. Mein liebes Tagebuch, gut, dass die Kammer die Aktivitäten des EU-Versenders aufmerksam verfolgt. Wir kennen das ja zur Genüge: Der Versender versucht, jede kleinste vermeintliche Lücke ausfindig zu machen. Wie es weitergeht? Der EU-Versender kann gegen das Urteil Berufung einlegen.
Schluss mit dem generellen Verbot von Besitz und Konsum von Cannabis: Die Ampel-Koalitionäre SPD, FDP und Grüne wollen eine kontrollierte Freigabe der Droge zum „Freizeitgebrauch“. Ob das was bringt, um den Schwarzmarkt auszutrocknen – da gehen die Meinungen in der Bevölkerung, aber auch unter Fachleuten weit auseinander, ganz zu schweigen von den Gefahren, die vom Cannabiskonsum ausgehen. Mal abgesehen von diesen Fragen, wo sollten denn im Falle des Falles die Drogen gekauft werden können? Grüne würden den Verkauf gerne über „lizenzierte Fachgeschäfte“ sehen, die FDP können sich sogar Apotheken als Abgabestellen vorstellen. Und wie sieht das die ABDA? Was ist, wenn die Politik die Apothekers tatsächlich fragt? Hier hat man sich bei unserer Berufsvertretung auf eine Sprachregelung verständigt: „Für Apothekerinnen und Apotheker stelle sich hier ein heilberuflicher Zielkonflikt“, heißt es da. Und dann weiter: „Unter klaren Vorgaben“ sei die Abgabe in Apotheken „grundsätzlich denkbar“, allerdings mit Abgaberegeln. Die Apothekerschaft sei gesprächsbereit und würde an einer Lösung mitarbeiten. Na, mein liebes Tagebuch, die Prüfungen auf Identität und Reinheit sowie die organoleptische Prüfung führen wir doch gewissenhaft durch. Warten wir’s ab – ob schon bald süßliche Düfte durch die Offizin wabern…
4 Kommentare
Ethik vs. Mammon
von Reinhard Herzog am 24.10.2021 um 11:33 Uhr
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Von mir aus präquilifizieren Alles, wenn
von Christiane Patzelt am 24.10.2021 um 11:07 Uhr
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AW: Von mir aus präquilifizieren Alles,
von Karl Friedrich Müller am 24.10.2021 um 11:24 Uhr
Präquali
von Karl Friedrich Müller am 24.10.2021 um 9:25 Uhr
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