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21. Oktober 2021
„Mein Apothekenmanager“ – geht es nach dem Willen des Deutschen Apothekerverbands, soll dieses Internetportal in Zukunft das Portal werden, mit dem Apothekenkundinnen und -kunden vermehrt mit ihrer Apotheke kommunizieren können. Zum Beispiel auch via Chat. So, wie man es auch von anderen großen Online-Portalen kennt. Hat man noch eine Frage zu einem Produkt oder zu einem anderen Thema, gibt man mal eben die Frage ins Chatfenster und wenige Sekunden später bekommt man eine freundliche Antwort. Mein liebes Tagebuch, und wie sieht es hier beim Apothekenportal aus? Vermutlich so: Frage eingegeben – und nichts passiert. Das Problem: Die Apotheken sind darauf noch nicht vorbereitet, denn eine solche Chatfunktion würde bedeuten, dass eine Mitarbeiterin, ein Mitarbeiter das Chat-Tool ständig im Auge behält und zeitnah reagiert. Aber auch das Portal hat noch Schwächen: Die Apotheke erhält leider nicht sofort eine Mail, dass eine Anfrage eingegangen ist. Es gab Apotheken, die erst nach sechs Tagen über eine eingegangene Anfrage informiert wurden. Mein liebes Tagebuch, so kann man nicht punkten in der Online-Welt. Dass solche Benachrichtigungs-Mails über Patientenanfragen nur in zyklischen Abständen an die Apotheken geschickt werden, wie der DAV bestätigt, ist von vorgestern, das sollte zeitnah sofort erfolgen. Andererseits, mein liebes Tagebuch, nimmt man die Chatfunktion ernst, und das sollte man, muss in der Tat eine Mitarbeiterin, ein Mitarbeiter das Chatfenster im Auge behalten, um eingehende Anfragen zu checken. Apotheken, die darauf nicht vorbereitet sind, sollten die neue Chatfunktion vielleicht lieber nicht freischalten.
Die Präqualifizierung von Apothekerinnen und Apothekern, für die gesetzlichen Krankenkassen die Voraussetzung, um ihre Versicherten mit Hilfsmitteln beliefern zu dürfen, hat uns Apothekers von Anfang an genervt. Warum muss sich z. B. eine gestandene Akademikerin mit einem fünfjährigen Studium der Pharmazie und einem Staatsexamen noch präqualifizieren, um Inkontinenzprodukte, Spacer oder andere Hilfsmittel abgeben zu dürfen? Bis 2011 war eine Präqualifizierung nicht notwendig – und wir haben Hilfsmittel gewissenhaft und mit Beratung abgegeben. Mein liebes Tagebuch, da dürfen wir mit der Approbation in der Tasche die stärksten BtM-Hämmer abgeben, aber für die Windel reicht unsere staatlich examinierte Ausbildung nicht. Was sind das für Verträge, denen wir uns da unterworfen haben? Jetzt geht das Präqualifizierungs-Theater weiter: Wer im kommenden Jahr an GKV-Versicherte Trink- und Sondennahrung abgeben möchte, braucht ebenfalls eine Präqualifizierung. Ab 1. Januar 2022 können sich Apotheken für diesen Versorgungsbereich präqualifizieren lassen. Mein liebes Tagebuch, auch wenn die Anforderungen wohl keine Apotheke vor größere Schwierigkeiten stellen (z. B. sachgerechte Lagerung, Bereithalten von Mustern, ein Raum zur Beratung mit Sitzgelegenheit und die zeitnahe Versorgung und Beratung im häuslichen Umfeld): Irgendwie ist das schon fast entwürdigend für unseren Heilberuf. Und DAZ.online-Chefredakteurin Julia Borsch fragt: Müssen sich Apotheken demnächst „präqualifizieren“, um Arzneimittel abzugeben?
Schnelllieferdienste sind „in“, es ist geradezu ein Schnellliefer-Hype ausgebrochen, z. B. im Bereich Lebensmittel, wo es so etwas schon seit einiger Zeit gibt. In Berlin beispielsweise verspricht der Dienstleister Gorillas die Lieferung von frischen Lebensmitteln innerhalb von zehn Minuten bis an die Haustür. Das Start-up scheint auf großen Gefallen zu stoßen, vor allem bei den Finanzinvestoren, die erst vor Kurzem knapp 860 Millionen Euro an zusätzlichem Kapital nachgelegt haben sollen und dies, obwohl Gorillas nur knapp 260 Mio. Euro umsetzt und von Gewinnen noch keine Spur zu sehen ist. Sogar das DAX-Unternehmen Delivery Hero, ein Online-Netzwerk zum Bestellen von Restaurant-Essen, soll als Anteilseigner mit 235 Mio. Euro bei Gorillas eingestiegen sein. Lieferdienste für Lebensmittel und Essen stehen also bei Geldgebern hoch im Kurs, auch wenn sie selbst bisher nur Verluste machen.
Seit kurzem macht ein neuer Lieferdienst in Berlin von sich reden: Das Start-up First A bringt per Fahrradkurier in Apotheken bestellte Arzneimittel zu den Kunden. Derzeit ist First A zwar erst in zwei Berliner Stadtbezirken unterwegs, aber die Gründer sehen sich schon jetzt als „schnelle Alternative zu bekannten Online-Apotheken“. Durch die Zusammenarbeit mit Apotheken vor Ort möchte man die Apotheken auch bei der Digitalisierung unterstützen, heißt es, man möchte den Apotheken helfen, sich an die veränderten Service-Ansprüche ihrer Kunden anzupassen, sagt Antonie Jo Nissen, die die Firma zusammen mit ihrem Bruder Leif Löhde gegründet hat. First A arbeitet mit Partnerapotheken zusammen. Die von den Kunden über eine App bestellten Arzneimittel und Kosmetikprodukte holen Fahrradkuriere bei den Partnerapotheken ab und liefern die Produkte gegen eine Gebühr von 2,50 Euro zum Kunden – nach Angaben von First A innerhalb von 30 Minuten. Und schon bald soll es bald auch möglich sein, rezeptpflichtige Arzneimittel über die App liefern zu lassen. Das Geld für das Start-up-Unternehmen soll angeblich von „szenebekannten Investoren“ kommen, z. B. von einem Gorillas-Gründer. First A soll derzeit rund 20 Beschäftigte haben. Mein liebes Tagebuch, wie First A Geld verdienen will, bleibt offen, denn allein mit der Liefergebühr von 2,50 Euro lassen sich keine großen Sprünge machen. Und was zahlen Apotheken für diese Lieferdienste?
Und schon gibt es einen weiteren Schnelllieferdienst für Arzneien: die ebenfalls in Berlin ansässige Firma MAYD (Meds At Your Doorstep). Ähnliches Konzept wie First A: Bestellt werden Arzneimittel über eine App, bezahlt wird über Kreditkarte, Apple, Pay oder Google Pay und in 30 Minuten soll dann die Lieferung „bei dir zu Hause“ sein. Sogenannte „Rider“, also die Jungs und Mädels, die sich gerne auf ihren Fahrrädern und E-Bikes für 10,50 Euro pro Stunde plus Trinkgeld durch den Berliner Verkehr strampeln – und das an 365 Tagen im Jahr von 8 bis 24 Uhr – bringen „dir alles aus deiner lokalen Apotheke an deine Haustür“, verspricht MAYD auf seiner Homepage, „alles von Arzneimitteln bis hin zu deinen Beauty-Produkten“. Und: „Bei Fragen zu unseren Produkten oder deinen Symptomen bekommst du kompetenten Rat von unseren Partner-Apothekern.“ Mein liebes Tagebuch, was Apotheken für diese Kurierdienste zahlen müssen, ist der Homepage natürlich nicht zu entnehmen. Mit der Einführung des E-Rezepts plant das Start-up ebenfalls, seine Dienste auf verschreibungspflichtige Arzneimittel auszudehnen. Und klar, man will wachsen, MAYD will auch in anderen Städten seine Rider durch die Straßen schicken.
Mein liebes Tagebuch, wie sieht die Sache denn rechtlich aus? Wollen da Lieferdienste ein bisschen Apotheke spielen, obwohl sie selber keine Apotheken sind? Wie gehen wir mit solchen Angeboten um, wenn Lieferdienst-Apps ein Arzneimittel-Angebot bereitstellen, das durch Partner-Apotheken bedient wird? Einerseits kann damit eine Vor-Ort-Apotheke, die mit solchen Fahrradkurierdiensten zusammenarbeitet, den Online-Apotheken Konkurrenz machen: Eine Lieferung innerhalb einer halben Stunde schaffen die Versender nicht. Und für eine Apotheke, die nicht genügend Boten sprich Apothekenfahrer(innen) haben, könnten die Angebote verlockend sein.
Aber ist das überhaupt erlaubt? Die Apothekenbetriebsordnung spricht von „Zustellung durch Boten der Apotheke“. Boten im Sinne der Apothekenbetriebsordnung sind die Fahrradkuriere und Rider gewiss nicht, sie sind nicht bei der Apotheke angestellt. Und damit kann die Apotheke auch keine 2,50 Euro den Kassen für den Botendienst in Rechnung stellen. Sind die Zustelldienste dann mit Speditionsfirmen gleichzustellen wie DHL, Hermes oder anderen? Dann bräuchte die Apotheke eine Versandhandelserlaubnis. Mein liebes Tagebuch, das Thema sollte bei uns Apothekers umgehend diskutiert werden. Die ABDA jedenfalls hält die Kurierdienste nicht für rechtens, der Einsatz externen Personals sei apothekenrechtlich unzulässig, da der Bote nicht zum Personal der Apotheke gehöre. Mein liebes Tagebuch, das mag so sein, ist aber wenig hilfreich: Denn die Angebote dieser Start-ups an Apotheken kommen und so manch eine Apotheke könnte sich durch Kurierdienste eine Hilfe im Wettbewerb mit den Versender versprechen. Wir sollten das Thema unbedingt in der Berufsöffentlichkeit diskutieren: Kurierdienste für Apotheken. Oder ist das Ganze wirklich nur ein Hype, eine Welle, die wieder verschwindet? Bis heute verdient selbst Delivery Hero noch keinen Cent.
4 Kommentare
Ethik vs. Mammon
von Reinhard Herzog am 24.10.2021 um 11:33 Uhr
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Von mir aus präquilifizieren Alles, wenn
von Christiane Patzelt am 24.10.2021 um 11:07 Uhr
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AW: Von mir aus präquilifizieren Alles,
von Karl Friedrich Müller am 24.10.2021 um 11:24 Uhr
Präquali
von Karl Friedrich Müller am 24.10.2021 um 9:25 Uhr
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