Update der Empfehlungen zu Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett

Wie gefährdet sind Schwangere in der Pandemie?

Stuttgart - 19.11.2021, 17:50 Uhr

Eine SARS-CoV-2-Infektion geht mit einem 1,5- bis 4-fach erhöhtem Risiko für hypertensive Schwangerschaftserkrankungen einher. (Foto: IMAGO / Fotostand)

Eine SARS-CoV-2-Infektion geht mit einem 1,5- bis 4-fach erhöhtem Risiko für hypertensive Schwangerschaftserkrankungen einher. (Foto: IMAGO / Fotostand)


Seit September ist klar: Schwangere und Stillende sollen sich gegen COVID-19 impfen lassen – am besten noch vor Eintritt einer Schwangerschaft. Denn die Schwangerschaft gilt per se als ein relevanter Risikofaktor für schwere COVID-19-Verläufe. Seit Donnerstag ist außerdem klar, dass Schwangere auch Booster-Impfungen erhalten sollen. Schon zuvor ist im November ein Update der „Empfehlungen zu SARS-CoV-2/COVID-19 in Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett“ erschienen. Danach sind Schwangere sogar als Hochrisikogruppe zu betrachten. Warum?

Zu Beginn der Corona-Pandemie zählten Schwangere nicht zu den Risikogruppen, die mit hoher Priorität geimpft werden sollten. Im Gegenteil, man zögerte zunächst, sie überhaupt gegen COVID-19 zu impfen. Das hat sich mittlerweile geändert, seit Donnerstag wird auch die Auffrischungsimpfung für Schwangere ab dem zweiten Trimenon empfohlen. 

Schon im September hatte sich abgezeichnet, dass eine Schwangerschaft für sich genommen einen Risikofaktor für einen schweren COVID-19-Verlauf darstellt. Deshalb gilt die COVID-19-Impfung im zweiten Schwangerschaftsdrittel seitdem auch nur als zweitbeste Wahl. Besser ist es, wenn sich alle gebärfähigen Frauen schon vor Eintritt einer Schwangerschaft impfen lassen.

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Im November haben die geburtshilflichen und pädiatrischen Fachgesellschaften nun ihre „Empfehlungen zur Versorgung infizierter Schwangerer und deren Neugeborenen“ aktualisiert. Danach sind Schwangere in der Corona-Pandemie sogar als „Hochrisikogruppe“ zu betrachten, „da sie ein erhöhtes Risiko für schwere Verläufe und ungünstige Schwangerschaftsergebnisse haben“. Sei zu Beginn der COVID-19-Pandemie unklar gewesen, ob die Schwangerschaft ein unabhängiger Risikofaktor für einen schweren COVID-Verlauf darstellt, so zeigten multinationale Kohortenstudien inzwischen, dass das Risiko schwerer COVID-19-Verläufe bei erkrankten Schwangeren erhöht ist, heißt es. Das absolute Risiko sei zwar gering, aber erhöht für eine intensivmedizinische Behandlung, Beatmung, ECMO-Therapie und das Versterben im Vergleich zu Nicht-Schwangeren. 

Allerdings: Es besteht kein erhöhtes Infektionsrisiko mit SARS-CoV-2- in der Schwangerschaft. Schwangeren wird wie der restlichen Bevölkerung neben der Impfung die Einhaltung der allgemeinen Vorsichtsmaßnahmen (Mund-Nasen-Schutz, Hygiene, Distanz) empfohlen. 

Schwere Verläufe in 1:25 Fällen 

Bislang (Stand 3. September 2021) seien gemäß Infektionsschutzgesetz bundesweit 9.536 Fälle von SARS-CoV-2-positiven Schwangeren gemeldet worden – darunter wurden neun Todesfälle im mütterlichen Alter zwischen 25 und 42 Jahren berichtet. Sieben Fälle waren im dritten Trimenon, zwei Fälle im zweiten Trimenon. In sieben Fällen wurde die Alpha-Variante (B.1.1.7) nachgewiesen, in einem die Delta-Variante (B.1.617.2). Bei vier Fällen wurden Risikofaktoren angegeben: zweimal Diabetes mellitus und zwei Fälle mit dem Risikofaktor Lungenerkrankung.

Im deutschen CRONOS-Register waren am 21. August 2021 insgesamt 2.803 SARS-CoV-2-positive Schwangerschaften dokumentiert. Dabei traten in 1:25 Fällen (104/2.803, 3,7 Prozent) schwere Verläufe (definiert über den intensivmedizinischen Überwachungsbedarf) auf (vier Fälle vor der 20. SSW, 100 Fälle nach der 20. SSW entsprechend 6,9 Prozent).

Die Situation scheint sich mit den neuen Virus-Varianten zu verschärfen – zumindest wenn nicht schnell und breit geimpft wird: „Während des jüngsten Anstiegs von COVID-19-Erkrankungen in den USA und in Verbindung mit der Delta-Variante wurde eine erhöhte Morbidität in der Schwangerschaft beobachtet, insbesondere in einer mit Impfungen unterversorgten schwangeren Bevölkerung.“

Erhöhtes Risiko für Präeklampsie und Frühgeburt – was tun?

Bei COVID-19-Erkrankung in der Schwangerschaft werden (im Anschluss) ultrasonografische Verlaufskontrollen in zwei- bis vier-wöchentlichen Abständen empfohlen. Außerdem sollten der Blutdruck sowie klinische Zeichen einer Präeklampsie regelmäßig überprüft werden, „da ein Zusammenhang zwischen COVID-19 und dem Auftreten einer Präeklampsie beobachtet wurde“. Daneben heißt es aber, dass weder eine SARS-CoV-2-Infektion noch die COVID-19-Erkrankung eine Entbindungsindikation darstellen. Eine relevante mütterliche respiratorische Beeinträchtigung könnte hingegen eine Entbindung erforderlich machen.

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COVID-19 gilt schon lange nicht mehr als rein respiratorische Erkrankung, sie hat auch eine kardiovaskuläre und inflammatorische Komponente. Man vermutet deshalb eine signifikante Wirkung des Virus auf das mütterliche Gefäßsystem. Kürzlich seien gemeinsame Merkmale (Zytokinsturm) zwischen den schwersten Formen der COVID-19-Krankheit und der Präeklampsie als pathophysiologischer Mechanismus festgestellt worden. „Die SARS-CoV-2-Infektion geht mit einem 1,5- bis 4-fach erhöhtem Risiko für hypertensive Schwangerschaftserkrankungen einher.“

Erhöhtes Frühgeburtsrisiko, aber keine Häufung von Fehlgeburten oder Fehlbildungen

Wie man in den aktuellen Empfehlungen außerdem nachlesen kann, verläuft ein relevanter Anteil der SARS-CoV-2-Infektionen in der Schwangerschaft auch asymptomatisch, und die Symptomatik ist bei Schwangeren prinzipiell vergleichbar zu Nicht-Schwangeren im gebärfähigen Alter

Wird COVID-19 jedoch symptomatisch, ist die Erkrankung mit einem erhöhten Frühgeburtsrisiko (2- bis 3-fach) assoziiert. Eine Häufung von Fehlgeburten oder Fehlbildungen sei bislang nicht berichtet worden. Das Risiko eines intrauterinen Fruchttodes gilt jedoch als erhöht. Eine plazentare Unterversorgung bei einer maternalen COVID-19-Infektion kann derzeit nicht ausgeschlossen werden.

All das sind nur Ausschnitte der zahlreichen Empfehlungen und Erkenntnisse aus dem Originaldokument – das Sie hier einsehen können.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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