Rose, Zitrone, Eukalyptus und Gewürznelke

Bei postinfektiösen Riechstörungen kann die Apotheke mit ätherischen Ölen helfen

Stuttgart - 18.01.2022, 07:00 Uhr

Für Säuglinge und Kleinkinder sind reine ätherische Öle nicht geeignet. Bei Erwachsenen können sie aber womöglich helfen, den Geruchssinn nach einer Infektion wiederherzustellen. (Foto: Andrey Popov / AdobeStock)

Für Säuglinge und Kleinkinder sind reine ätherische Öle nicht geeignet. Bei Erwachsenen können sie aber womöglich helfen, den Geruchssinn nach einer Infektion wiederherzustellen. (Foto: Andrey Popov / AdobeStock)


Ein immer wieder berichtetes Symptom von COVID-19 ist der Riechverlust. Besonders belastend wird er, wenn er mit der Infektion nach kurzer Zeit nicht wieder verschwindet. Dann kann ein sogenanntes strukturiertes Riechtraining mit ätherischen Ölen versucht werden. Diese Empfehlung wird auch durch Leitlinien gestützt. Wie kann die Apotheke helfen?

Laut aktueller Leitlinie kann sich ein Long-COVID-/Post-COVID-Syndrom in verschiedenen Symptomen äußern:

  • Fatigue,
  • Dyspnoe (Ruhe-/Belastung-)Husten,
  • Kopfschmerzen,
  • Riech- und Schmeckstörungen,
  • Schlafstörungen,
  • allgemeine Schmerzen und
  • psychische Beschwerden.

Während die Fatigue in der Öffentlichkeit besondere Aufmerksamkeit erfährt, aber viele verschiedene Ursachen haben kann, hat ein plötzlicher Riechverlust bei Patient:innen ohne nasale Obstruktion eine hohe Spezifität und Sensitivität für COVID-19. Eine sehr deutliche Einschränkung beziehungsweise den Verlust des Riechvermögens nennt man auch Anosmie. Tritt diese neu auf, sollte auf SARS-CoV-2 getestet und einer Weiterverbreitung des Virus vorgebeugt werden.

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Die Riech- und Schmeckstörungen verschwinden oder bessern sich innerhalb von ein bis zwei Monaten beim Großteil der Patient:innen, heißt es in der Long-COVID-/Post-COVID-Leitinie. Ist jedoch nach vier bis zwölf Wochen keine Verbesserung zu bemerken, „sollte eine neurologische oder HNO-ärztliche Vorstellung erfolgen, mit Anamnese (v.a. auch mit Blick auf alternative Ursachen)“.

„Strukturiertes Riechtraining“ – was ist das?

Nach ärztlicher Abklärung kann dann „eine Therapie mit konsequentem, strukturiertem ‚Riechtraining‘ versucht werden“, heißt es. Die Hoffnung dahinter ist, so die Regeneration olfaktorisches Rezeptorneurone anzuregen. Als für das Training übliche Düfte werden Rose, Zitrone, Eukalyptus und Gewürznelke genannt. An jedem der vier Düfte soll morgens und abends jeweils 30 Sekunden gerochen werden – über einen Zeitraum von Wochen und Monaten, bis sich das Riechvermögen wieder normalisiert hat. 

Es gibt auch eine Leitlinie speziell zu „Riech- und Schmeckstörungen“ unabhängig von COVID-19, die allerdings abgelaufen ist und derzeit überarbeitet wird. Daraus geht hervor, dass grundsätzlich bei postinfektiösen Riechstörungen ein strukturiertes Riechtraining empfohlen werden sollte – und zwar möglichst innerhalb des ersten Jahres nach dem Eintreten der Dysosmie. „Langzeitergebnisse der Therapieeffekte stehen jedoch noch aus“, heißt es dort.

Wie das Riechtraining ganz genau und am besten durchzuführen ist, dazu findet man kaum Angaben. Die Apothekerkammer Niedersachsen hat vergangene Woche aber in einer Pressemitteilung ebenfalls über „Geruchsverlust bei COVID-19-Infektionen“ und „Riechtraining mit reinen ätherischen Ölen“ berichtet. Dort heißt es, dass während des Trainings die Reihenfolge der Düfte wechseln und durch Pausen getrennt sein sollte. „Die Übung sollte rund 15 Minuten dauern.“ Außerdem wird empfohlen, zu stehen oder aufrecht zu sitzen. Man soll ruhig und gleichmäßig ein- und ausatmen. Jeder Duft solle für vier bis fünf Sekunden unter ein Nasenloch gehalten werden, das andere mit dem Zeigefinger von außen durch Drücken verschlossen. Nach zwei bis vier Wiederholungen soll auf das andere Nasenloch gewechselt werden.

Namen der Düfte aufsagen – Vorsicht bei Kindern und Asthmatikern

Im Internet stößt man außerdem auf ein Dokument der „Fachklinik Allgäu“. Dieses stützt sich auf ein von Professor Hummel (TU Dresden, Leitung des Arbeitsbereiches „Riechen und Schmecken“) entwickeltes Riechtraining. Dort lautet die Empfehlung wieder zweimal täglich (morgen und abends) für je 30 Sekunden an vier Düften zu riechen. Die Düfte sollen

  • frisch/klärend sein (Eukalyptus oder Pfefferminz),
  • lieblich (Rose),
  • sauer (Limette, Zitrone, Grapefruit) oder
  • bitter (Gewürznelke).

Man könne die Düfte auf ein Wattestäbchen, Vlies oder Watte auftragen. Es gehe nicht darum, die Düfte wie bei einem Rätsel zu „erriechen“. Vielmehr sollen die vier Düfte bewusst wahrgenommen und sogar die Namen der Düfte aufgesagt werden. Durch die Verknüpfung von Duft und Wort könne sich das Gehirn den Duft besser merken. 

Wer zunächst nur wenig oder nichts riecht, sollte durchhalten. Sind die Düfte zu intensiv, kann mit Wasser oder geruchsneutralem Öl verdünnt werden, heißt es. 

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In dem Dokument wird bei Asthmatikern vor der Anwendung reiner ätherischer Öle gewarnt. Dann soll beispielsweise eher zu aromatisierten Massageölen gegriffen werden. Außerdem gilt, wie Apotheker:innen wissen: Bei Kindern haben reine ätherische Öle nichts zu suchen. Wie das Bundesinstitut für Risikobewertung erklärt, sind unverdünnte ätherische Öle nicht für Säuglinge und Kleinkinder geeignet. „Schon kleinste Mengen (z. B. wenige Tropfen), die in Mund oder Nase geraten, können bei Säuglingen und Kleinkindern zu lebensbedrohlichen Verkrampfungen des Kehlkopfs und zu Atemstillstand führen.“ Weitere unerwünschte Wirkungen seien Haut- und Schleimhautreizungen, Erbrechen, Bewegungsstörungen oder sogar Krampfanfälle.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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