DAZ-Schwerpunkt Arzneimittel-Lieferdienste

Der Wettbewerb um die letzte Meile

Stuttgart - 03.02.2022, 07:00 Uhr

Finanzkräftige Start-ups haben die letzte Meile zwischen Apotheken und Kunden für sich entdeckt und versuchen derzeit Arzneimittel-Lieferdienste zu etablieren. (s / Foto: Matej Kastelic / AdobeStock)

Finanzkräftige Start-ups haben die letzte Meile zwischen Apotheken und Kunden für sich entdeckt und versuchen derzeit Arzneimittel-Lieferdienste zu etablieren. (s / Foto: Matej Kastelic / AdobeStock)


Nur ein flüchtiges Großstadtphänomen oder der Beginn eines neuen Markts und Wettbewerbs? Finanzkräftige Start-ups haben die letzte Meile zwischen Apotheken und Kunden für sich entdeckt und versuchen derzeit Arzneimittel-Lieferdienste zu etablieren. Die aktuelle DAZ widmet sich der Frage, inwiefern das eine Gefahr für das Apothekenwesen darstellt und warum es trotz aller Bedenken Kolleginnen und Kollegen gibt, die mit den Anbietern kooperieren.

„Hier in Prenzlauer Berg leben und arbeiten viele junge Menschen. Die haben ein ganz anderes Konsumverhalten als ältere Generationen oder die Bevölkerung auf dem Land.“ Nico Daniel Reinold stammt aus Baden-Baden und kam vor rund 15 Jahren nach Berlin. Nach einer Tätigkeit als Filialapothekenleiter machte er sich im vergangenen Sommer mit seiner Schönhauser Apotheke selbständig. Direkt bei der Übernahme stand für Reinold fest, dass er das Botendienstangebot ausbauen muss: „Es gab praktisch kein Konzept. Arzneimittel und andere Bestellungen wurden, wenn Zeit war, zu den Arztpraxen und Kunden gebracht.“ Mit Kurando fand er ein Start-up, das für ihn genau diese Dienstleistung seitdem umsetzt. „Und das ist eben kein Fahrdienst mit einer rüstigen Rentnerin, sondern ein flexibler und schneller Kurierdienst“, erklärt der Apotheker gegenüber der DAZ.

Juristische Bedenken

Kurierdienst statt Botendienst – anders als in Berlin beobachtet man zwischen Düsseldorf und Köln diese Entwicklung mit Sorge. Bettina Mecking, stellvertretende Geschäftsführerin und Justiziarin der Apothekerkammer Nordrhein, bezeichnet die Aktivitäten der Kurierunternehmen sogar als einen „Angriff auf das Apothekenwesen“. Mecking listet einige Argumente auf, die darstellen, weshalb ihres Erachtens das Geschäftsmodell von Kurando und Co. als rechtswidrig angesehen werden muss. „Da wäre zunächst ein möglicher irreführender werblicher Auftritt zu nennen. Die Lieferdienst-Apps stellen ein Arzneimittel-Angebot bereit, das durch Partner-Apotheken bedient wird“, so Mecking.

Mehr zum Thema

Gegen den Kurando-Wettbewerber First A wurde jüngst vor dem Landgericht Berlin sogar eine einstweilige Verfügung erwirkt (Az: 91 O 98/21 vom 11. November 2021). Das Gericht argumentierte, dass ein solches Start-up nicht den Eindruck erwecken dürfe, es betreibe selbst eine Apotheke. Die Kurierdienste müssten vielmehr früh im Bestellprozess deutlich machen, von welchem Partner die Lieferung kommt. „Hier haben die Anbieter offenbar bereits gewisse Lehren gezogen“, stellt Justiziarin Mecking fest. Doch darüber hinaus existieren in ihren Augen weitere fragwürdige Konstellationen: Inwiefern ist ein Botendienst durch Logistiker mit der Apothekenbetriebsordnung zu vereinbaren? Wird den Kunden bei jedem Bestellprozess ein adäquates Beratungsangebot unterbreitet? Wie steht es um das freie Apothekenwahlrecht? Verstößt die prozentuale Umsatzbeteiligung der Kurierdienste gegen das Apothekenrecht?



Dr. Armin Edalat, Apotheker, Chefredakteur DAZ
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.