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Krieg in der Ukraine – in dieser Woche bekommt mein liebes Tagebuch einen Prolog: Ein Apotheker-Tagebuch ist natürlich nicht der richtige Ort, um solche politischen Vorkommnisse darzustellen oder gar aufzuarbeiten. Aber angesichts der Ungeheuerlichkeit dieses Krieges und wie er zustande gekommen ist und vor allem welche schrecklichen Auswirkungen er auf die Menschen in der Ukraine hat, ist ein Innehalten, ein Nachdenken angebracht unter dem Vorzeichen der Solidarität: Was müssen die Menschen in der Ukraine derzeit durchmachen! Krieg bedeutet Wut und Entsetzen, Angst und Sorgen, Flucht und Trennungen, Kampf, Tod und Trauer. Wie klein sind dagegen unsere Probleme des Apothekenalltags.
Wie dieser Krieg weitergeht, ob er auch unser Leben beeinflussen wird, mittelbar oder unmittelbar – wir wissen es nicht. Spuren wird er bei uns hinterlassen. Was können wir tun? Wir könnten Solidarität mit der Ukraine zeigen, eine blau-gelbe Flagge ins Schaufenster hängen. Wir können spenden, wir können das Medikamenten-Hilfswerk Action Medeor unterstützen. Dieses Hilfswerk ruft derzeit zu Spenden auf, konkret für ein ukrainisches Krankenhaus in Ternopil. Hoffen wir auf ein baldiges Ende dieses absurden Krieges. Die Welt braucht keine Machtexzesse eines Lügners und Diktators.
21. Februar 2022
Der Personal- und Nachwuchsmangel im Gesundheitswesen: „Das wird noch richtig heftig“, prognostiziert der Arbeitsmarktforscher Prof. Dr. Stefan Sell. In seinem Vortrag auf dem 14. Zukunftskongress des Apothekerverbands Nordrhein zeigte er auf, was da vom Arbeitsmarkt im Gesundheitswesen auf uns zukommt – die Apotheken sind da mitbetroffen. Die Pandemie habe die Entwicklungen deutlich gemacht: ein Wertewandel mit einer größeren Bedeutung der Work-Life-Balance, eine Feminisierung des Gesundheitswesens mit viel Teilzeitarbeit und vor allem der demografische Wandel. Schon seit 2015 scheiden im Gesundheitswesen jedes Jahr über 300.000 Arbeitskräfte mehr aus dem Berufsleben aus als nachrücken. Besonders im Bereich der Pflege zeigt sich dieses Problem sehr deutlich, da hier der Bedarf an Arbeitskräften deutlich steige. Mein liebes Tagebuch, die Analyse des Arbeitsmarktforschers stimmt nicht heiter, denn wir sehen es bereits heute, dass auch unser Apothekenbereich vom Personalmangel betroffen ist. Es fehlen Approbierte und PTA. Wo soll das enden? Was lässt sich dagegen tun? Arbeitsmarktforscher Sell geht davon aus, dass möglicherweise auch die mittleren Berufe aufgewertet werden müssten, vor allem der PTA-Beruf, durch Qualifizierung, Weiterbildung, Aufstiegsmöglichkeiten. Ob das der richtige Weg ist und ob das reicht? Thomas Preis, Chef des Apothekerverbands Nordrhein, sieht da schon eher Defizite beim Apothekenhonorar: Es müsste endlich erhöht werden, damit die Apotheke im Wettbewerb um Arbeitskräfte bessere Gehälter bieten könne. Mein liebes Tagebuch, guter Ansatz, aber da macht die Politik nicht mit. Und nun? Geht die Kaskade weiter? Noch mehr Personalmangel, noch mehr Schließungen, noch mehr Versand?
22. Februar 2022
Was da Mayd, ein Start-up-Fahrradkurierdienst für Arzneimittelauslieferungen, seinen potenziellen Investoren über Apotheken erzählte, ist stark, echt so stark, dass man sich nicht wundern muss, wenn solche Start-ups schon bald wieder floppen. So seien die Apotheken in den Augen der Mayd-Gründer so gar nicht auf der Höhe der Zeit, ohne Innovationskraft, nicht digital, sie böten keine Online-Käufe oder Sofortlieferungen, sie hätten Öffnungszeiten, die nicht zu einem urbanen Lebensstil passten (kein 24/7-Service). Und die Beratung sei mangelhaft, es gebe hauptsächlich ungelerntes Verkaufspersonal statt medizinische Berater. Und da die Lieferung aus Holland erfolge, hätten die Apotheken lange Lieferzeiten. Mein liebes Tagebuch, mehr schräges Wissen darüber, wie Apotheken funktionieren, gibt es kaum. Meine Güte, was werfen diese Start-ups da alles durcheinander, um an Investoren-Millionen zu kommen. Mittlerweile soll Mayd diese Aussagen korrigiert haben, wie das Unternehmen wissen ließ. Bei diesem Apothekenbild soll es sich um eine interne, nicht autorisierte Version einer Präsentation aus dem zweiten Quartal 2021 gehandelt haben, die längst korrigiert sei. Die alte Version hätte nicht nach außen gehen sollen. Wie aus einer Stellungnahme von Mayd hervorgeht, scheint man die Meinung über Apotheken mittlerweile geändert zu haben. Gerade die Beratungsqualität der Vor-Ort-Apotheke sei das Kriterium, warum Mayd auf die Zusammenarbeit mit Apotheken setze. Die Mayd-Unternehmer setzen jedenfalls voll und ganz aufs E-Rezept, auf einen 20 Milliarden-Markt, und wollen mit ihren Fahrradkurieren die Rx-Arzneimittel den Apothekenkunden nach Hause liefern. Mein liebes Tagebuch, sie werden merken, dass da mindestens drei dazugehören: der Fahrradkurier, der Patient und die Apotheke.
Dass die Parfümeriekette Douglas den Arzneimittelversender Disapo übernimmt, schreckt den Ärzteverband Freie Ärzteschaft auf. Der Verband warnt davor, der geplante E-Rezept-Start könne „zum Türöffner für die Übernahme des ambulanten Medizinbetriebes durch Großkonzerne“ werden. Dass ein ärztlicher Verband vor solchen Zusammenschlüssen und Übernahmen warnt, begrüßt wiederum die Freie Apothekerschaft. Deren Vorsitzende, Daniela Hänel, nahm dies zum Anlass, einen Leserbrief zu schreiben, in dem sie darauf hinweist, dass durch die Übernahme von Telemedizinern durch Großkonzerne das Edikt von Salerno ausgehebelt wird. Mein liebes Tagebuch, man kann ihr da nur zustimmen. Wer ein Rezept ausstellt, soll nicht an der Abgabe des Arzneimittels verdienen. Wenn allerdings die Telemediziner unter dem Dach eines Konzerns angesiedelt sind, der auch Arzneimittelversand betreibt, dann ist das Prinzip der Trennung von Arzt und Apotheker infrage gestellt. Beispiel: Übernahme des Telemedizinanbieters Teleclinic durch den DocMorris-Mutterkonzern Zur Rose im Sommer 2020. Ärzte sehen zudem mit großer Sorge die großen Telemedizin-Praxen wie Zava, Dr. Ansay, Gospring und anderen, denn die verdienten an Pseudoverordnungen und elektronischen Krankschreibungen. Die Vorsitzende der Freie Apothekerschaft will nun mit der Freien Ärzteschaft gemeinsam die Politik wachrütteln, um solche Telemedizin-Geschäftsmodelle zu unterbinden. Mein liebes Tagebuch, es muss gelingen, die Politik auf solche Fehlentwicklungen aufmerksam zu machen. Wenn das E-Rezept erstmal da ist und die Telemedizin-Praxen der Konzerne die Rezepte am Fließband raushauen, kann es zu spät sein. Das muss in die öffentliche gesundheitspolitische Diskussion!
23. Februar 2022
Es steht im Koalitionsvertrag der Ampelkoalition: Die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften soll ermöglicht werden. Die Apotheken könnten solche „lizenzierten Geschäfte“ sein, hört man aus der Politik und selbst die ABDA kann es sich vorstellen, dass die Apotheken dabei sind, trotz eines gewissen „heilberuflichen Zielkonflikts“. Jetzt meldet sich die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) mit einem Statement zu Wort. Ihr geht es dabei vorrangig um die Risiken einer Freigabe, nämlich vermehrt Notfall- und Suchtbehandlungen, Verkehrsunfälle, Schulabbrüche und Arbeitsunfähigkeit. Die immer wieder vorgebrachten Argumente für eine Legalisierung überzeugt die AMK nicht. Mein liebes Tagebuch, dieses Thema ist noch lange nicht ausdiskutiert.
24. Februar 2022
Der Landkreis Böblingen in Baden-Württemberg hat die Nase vorn. Er war der erste oder einer der ersten Landkreise, die seinen Bürgerinnen und Bürgern flächendeckend kostenlose Antigen-Schnelltests zur Verfügung stellte. Und nun bietet er seinen Bürgerinnen und Bürgern in einem Modellprojekt kostenlose Antikörpertests. Mit von der Partie sind wieder Apotheker Björn Schittenhelm und vier weitere Apothekerinnen und Apotheker aus dem Landkreis. Und, mein liebes Tagebuch, was hat man davon, wenn man seinen Antikörperstatus kennt? Es könnte z. B. eine Entscheidungshilfe sein für die dritte oder vierte Boosterimpfung. Freilich, eine absolute Aussage, ob man immun ist oder nicht, erlaubt der Antikörpertest nicht – für den Immunstatus sind mehr Faktoren als nur der Antikörpertiter ausschlaggebend, aber immerhin, es ist kann ein Anhaltspunkt sein, eine Entscheidungshilfe. Die Initiatoren erhoffen sich von diesem Modellprojekt allerdings mehr, nämlich mehr Daten. Apotheker Schittenhelm macht es deutlich, dass unsere Datenbasis in der Tat sehr erbärmlich ist. Man wisse z. B. nicht, wie viele Menschen im Landkreis wie oft geimpft sind und wer genesen ist. Das Modellprojekt mit den Antikörpertests soll dazu beitragen, mehr Licht ins Dunkel über den Immunstatus der Menschen zu bringen, erhofft sich Schittenhelm und sein Landrat Bernhard. Mein liebes Tagebuch, gut, dass es solche einzelne Initiativen noch gibt. Eigentlich müssten solche Projekte im gesamten Land laufen.
Plattformen und Arzneimittel-Lieferdienste – zwei Bewegungen in der Apothekenszene, die, wer hätte es gedacht, auch die ABDA im Blick hat. Und zwar mit besorgtem Blick, wie ABDA-Präsidentin Overwiening auf einem Facebook-Livetalk deutlich machte. Jedenfalls beschäftige sich die ABDA durchaus mit den Entwicklungen der Fahrradkurier-Dienste und mit dem, was sich auf dem Plattform-Markt tue. Denn eigentlich entsprächen diese Entwicklungen so gar nicht den Idealvorstellungen der ABDA-Präsidentin, wie sie wissen ließ. Und wie sähe denn die Idealvorstellung aus? Ja, am besten wäre es doch, so Overwiening, wenn die Apothekerinnen und Apotheker sich in einer solchen Geschlossenheit präsentierten und gemeinsam vorangingen, dass sich die Frage externer Anbieter im Markt gar nicht stellen würde. Ach, mein liebes Tagebuch, wie wär’ das schön, alle Apothekers in geschlossenen Reihen und gemeinsam. Am besten alle in trauter Einigkeit gemeinsam auf dem DAV-Portal. Aber leider, leider sieht so nicht die Apothekerwelt aus. Unsere ABDA muss einfach akzeptieren, dass es hier Wettbewerb gibt und so unterschiedliche Apotheken wie es unterschiedliche Menschen gibt. Und damit fängt es schon an: Es gibt große und kleine Apotheken und jede Größe dazwischen. Es gibt Apotheken, bei denen eher das kaufmännische im Vordergrund steht, und andere, die eher heilberuflich geführt werden. Und jedem Apothekeninhaber schwebt eine andere Idealvorstellung seiner perfekten Apotheke vor Augen – und das deckt sich eben meist nicht mit der ABDA-Welt. Plattformen und Lieferdienste – diese Entwicklungen gibt es nun mal, sie sind wohl zulässig und wir müssen lernen, mit den Angeboten umzugehen, ob sie uns gefallen oder nicht. Letztlich bleibt es jedem frei, da mitzumachen. Immerhin ist es so, dass bei weitem nicht alle Apothekerinnen und Apotheker davon begeistert sind, zumal Plattformen und Lieferdienste kosten und, wie Overwiening richtig feststellt, auch jede Menge Daten gesammelt werden. Und was vor allem die Plattformen betrifft: Der Name der einzelnen Apotheke tritt dadurch in den Hintergrund, die Apotheke wird austauschbar, was zählt ist der Name der Plattform, die die Kunden besuchen, über die sie bestellen. Vielleicht sollte die ABDA öfter mal Info- und Diskussionsrunden anstoßen zu aktuellen Themen und mehr nach außen kommunizieren, Themen gibt’s genug, die Plattformen und Lieferdienste sind nur ein kleiner Teil. Da gibt es noch das Perspektivpapier „Apotheke 2030“, dessen Update eigentlich noch gar nicht im größerem Stil diskutiert wurde. Als weitere Themen bieten sich auch noch die honorierten Dienstleistungen an (wann kann man denn damit rechnen?), eine Erhöhung unseres Apothekenhonorars (welche Aktivitäten sind da eigentlich geplant?) oder der Personalmangel (sind hier gemeinsame Aktionen geplant?), ganz zu schweigen vom Umgang mit dem kommenden E-Rezept, dem E-Medikationsplan und der E-Patientenakte.
25. Februar 2022
Der Apotheken-Notdienst 2022 – Zeit für einen kritisch-analytischen Blick auf diese Aufgabe unserer Apotheken. Denn so einfach wie bisher (war er das jemals?) stellt sich der Notdienst leider nicht mehr dar. Personalprobleme und Apothekenschließungen zwingen zum Nachdenken über eine Zukunftsperspektive dieses Dienstes, auch unter den Vorzeichen der Digitalisierung und neuer Möglichkeiten. Die Bundesregierung hat bereits die Arzneimittelversorgung in unterversorgten Gebieten im Notdienst zu einem Thema in ihrem Koalitionsvertrag gemacht. Höchste Zeit also, die Diskussion in unseren Kreisen anzustoßen. DAZ-Redakteur Dr. Thomas Müller-Bohn hat sich an die Analyse gemacht, im Mittelpunkt steht dabei die Verteilung der Dienste. Und daher, mein liebes Tagebuch, ist dieser Artikel in der aktuellen DAZ meine Leseempfehlung für diese Woche.
Übrigens, Apothekerin Daniela Hänel aus Zwickau hatte vor Kurzem einen Hilferuf an die Politik gesandt: In ihrem Brief, den sie auch ans Sächsisches Staatsministerium sandte, fordert sie Reformen in Sachen Notdienst, andernfalls drohten weitere Schließungen. Die Antwort des Sächsischen Staatsministeriums liegt mittlerweile vor. Man wolle zusammen mit dem Bund und den Ländern prüfen, inwieweit Korrekturbedarf beim Notdienst besteht. Mein liebes Tagebuch, man wolle prüfen – wir kennen diese netten Formulierungen, wie ernst sind sie letztlich gemeint? Immerhin zeigt der zuständige Abteilungsleiter Stephan Koch des Sächsischen. Staatsministeriums Verständnis für das hohe Engagement der Apothekerinnen und Apotheker in Sachen Nacht- und Notdienst. Allerdings verweist er deutlich auch auf die Sicherstellungspflicht nach §1 Apothekengesetz: „Wer in Deutschland eine Apotheke gründet, weiß, dass er sich damit auch zur umfassenden Dienstbereitschaft rund um die Uhr und an Sonn- und Feiertagen verpflichtet“ und er schiebt noch nach, dass das Betreiben einer öffentlichen Apotheke ohne Nacht- und Notdienstbereitschaft nicht zu haben sei. Schon klar, mein liebes Tagebuch, aber hier geht es doch um eine Überprüfung und zwar unter den mittlerweile veränderten Bedingungen. Als das Apothekengesetz gemacht wurde, da gab’s noch jede Menge Apotheken… und kein Internet.
4 Kommentare
@sabine
von Karl Friedrich Müller am 27.02.2022 um 21:43 Uhr
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Personal
von Karl Friedrich Müller am 27.02.2022 um 13:48 Uhr
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AW: Personal
von Sabine Schmeider am 27.02.2022 um 21:14 Uhr
AW: Personal
von FrankConnySabine am 28.02.2022 um 5:48 Uhr
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