Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

27.02.2022, 07:30 Uhr

Manchmal werden die Probleme unserer Apothekenwelt klein, sehr klein... (Foto: Alex Schelbert)

Manchmal werden die Probleme unserer Apothekenwelt klein, sehr klein... (Foto: Alex Schelbert)


24. Februar 2022

Der Landkreis Böblingen in Baden-Württemberg hat die Nase vorn. Er war der erste oder einer der ersten Landkreise, die seinen Bürgerinnen und Bürgern flächendeckend kostenlose Antigen-Schnelltests zur Verfügung stellte. Und nun bietet er seinen Bürgerinnen und Bürgern in einem Modellprojekt kostenlose Antikörpertests. Mit von der Partie sind wieder Apotheker Björn Schittenhelm und vier weitere Apothekerinnen und Apotheker aus dem Landkreis. Und, mein liebes Tagebuch, was hat man davon, wenn man seinen Antikörperstatus kennt? Es könnte z. B. eine Entscheidungshilfe sein für die dritte oder vierte Boosterimpfung. Freilich, eine absolute Aussage, ob man immun ist oder nicht, erlaubt der Antikörpertest nicht – für den Immunstatus sind mehr Faktoren als nur der Antikörpertiter ausschlaggebend, aber immerhin, es ist kann ein Anhaltspunkt sein, eine Entscheidungshilfe. Die Initiatoren erhoffen sich von diesem Modellprojekt allerdings mehr, nämlich mehr Daten. Apotheker Schittenhelm macht es deutlich, dass unsere Datenbasis in der Tat sehr erbärmlich ist. Man wisse z. B. nicht, wie viele Menschen im Landkreis wie oft geimpft sind und wer genesen ist. Das Modellprojekt mit den Antikörpertests soll dazu beitragen, mehr Licht ins Dunkel über den Immunstatus der Menschen zu bringen, erhofft sich Schittenhelm und sein Landrat Bernhard. Mein liebes Tagebuch, gut, dass es solche einzelne Initiativen noch gibt. Eigentlich müssten solche Projekte im gesamten Land laufen.

 

Plattformen und Arzneimittel-Lieferdienste – zwei Bewegungen in der Apothekenszene, die, wer hätte es gedacht, auch die ABDA im Blick hat. Und zwar mit besorgtem Blick, wie ABDA-Präsidentin Overwiening auf einem Facebook-Livetalk deutlich machte. Jedenfalls beschäftige sich die ABDA durchaus mit den Entwicklungen der Fahrradkurier-Dienste und mit dem, was sich auf dem Plattform-Markt tue. Denn eigentlich entsprächen diese Entwicklungen so gar nicht den Idealvorstellungen der ABDA-Präsidentin, wie sie wissen ließ. Und wie sähe denn die Idealvorstellung aus? Ja, am besten wäre es doch, so Overwiening, wenn die Apothekerinnen und Apotheker sich in einer solchen Geschlossenheit präsentierten und gemeinsam vorangingen, dass sich die Frage externer Anbieter im Markt gar nicht stellen würde. Ach, mein liebes Tagebuch, wie wär’ das schön, alle Apothekers in geschlossenen Reihen und gemeinsam. Am besten alle in trauter Einigkeit gemeinsam auf dem DAV-Portal. Aber leider, leider sieht so nicht die  Apothekerwelt aus. Unsere ABDA muss einfach akzeptieren, dass es hier Wettbewerb gibt und so unterschiedliche Apotheken wie es unterschiedliche Menschen gibt. Und damit fängt es schon an: Es gibt große und kleine Apotheken und jede Größe dazwischen. Es gibt Apotheken, bei denen eher das kaufmännische im Vordergrund steht, und andere, die eher heilberuflich geführt werden. Und jedem Apothekeninhaber schwebt eine andere Idealvorstellung seiner perfekten Apotheke vor Augen – und das deckt sich eben meist nicht mit der ABDA-Welt. Plattformen und Lieferdienste – diese Entwicklungen gibt es nun mal, sie sind wohl zulässig und wir müssen lernen, mit den Angeboten umzugehen, ob sie uns gefallen oder nicht. Letztlich bleibt es jedem frei, da mitzumachen. Immerhin ist es so, dass bei weitem nicht alle Apothekerinnen und Apotheker davon begeistert sind, zumal Plattformen und Lieferdienste kosten und, wie Overwiening richtig feststellt, auch jede Menge Daten gesammelt werden. Und was vor allem die Plattformen betrifft: Der Name der einzelnen Apotheke tritt dadurch in den Hintergrund, die Apotheke wird austauschbar, was zählt ist der Name der Plattform, die die Kunden besuchen, über die sie bestellen. Vielleicht sollte die ABDA öfter mal Info- und Diskussionsrunden anstoßen zu aktuellen Themen und mehr nach außen kommunizieren, Themen gibt’s genug, die Plattformen und Lieferdienste sind nur ein kleiner Teil. Da gibt es noch das Perspektivpapier „Apotheke 2030“, dessen Update eigentlich noch gar nicht im größerem Stil diskutiert wurde. Als weitere Themen bieten sich auch noch die honorierten Dienstleistungen an (wann kann man denn damit rechnen?), eine Erhöhung unseres Apothekenhonorars (welche Aktivitäten sind da eigentlich geplant?) oder der Personalmangel (sind hier gemeinsame Aktionen geplant?), ganz zu schweigen vom Umgang mit dem kommenden E-Rezept, dem E-Medikationsplan und der E-Patientenakte.



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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4 Kommentare

@sabine

von Karl Friedrich Müller am 27.02.2022 um 21:43 Uhr

Ich Jammer halt gerne.
Wenn Sie es nicht verstehen, kann ich auch nichts machen.
Es geht darum, dass wir der Politik nichts bedeuten. Wir sollen funktionieren, Geld gibt es nicht dafür.
Das wird sich auch nicht ändern.
Genauso wie im Rest des Gesundheitswesens.

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Personal

von Karl Friedrich Müller am 27.02.2022 um 13:48 Uhr

Dr. Müller- Bohn schreibt schon Eingangs der DAZ 8, dass mehr Geld für etablierte Leistungen die Bundestagsabgeordneten nicht in Aussicht stellten. Mehr Geld könne durch Umschichtungen finanziert werden.
Geile Idee. Fangen wir doch bei denen an. Diäten zurück auf das Niveau von 2004. Mehr als „etablierte Leistungen“ erbringen die doch nicht? Im Gegenteil, es sind ja immer weniger präsent.
Als ich das gelesen habe, dass also der Topf gleich groß bleibt, hab ich mir gedacht, dass man nun endgültig vom Beruf abraten muss. So viel Ignoranz ist unbeschreiblich.
Wir können alles auf das Niveau 2004 einfrieren, für alle. Aber Leistungen gibt es halt auch keine mehr, schon gar nicht zusätzlich. Was wurde alles eingepreist in unser Honorar seitdem?! Hallo?
Im Grund hieße das mal Dienst nach Vorschrift auf Stand 2004!!!!
Dr.Müller-Bohn spricht zwar nur vom Notdienst, der Geldmangel betrifft jedoch alle Bereiche.
(Dieser perverse Unsinn Präquali gehört sofort abgeschafft)
Zum Notdienst noch eines: wenn Kollegen den Umsatz der Notdienstapotheke auch noch „klauen“, tagsüber, zum Beispiel durch Absprachen, dann können die ihn gerne auch ganz, also auch nachts machen. Es ist nicht einzusehen, dass man dann den Deppen spielt und andere abkassieren.
Es gibt NULL Solidarität, kein Mitdenken, nur Egoismus.
Der Beruf ist auf diese Weise so gut wie tot. Nur die Egoisten überleben (noch eine Weile)

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AW: Personal

von Sabine Schmeider am 27.02.2022 um 21:14 Uhr

Was wollen Sie uns mit Ihrem Gejammer eigentlich sagen ?

AW: Personal

von FrankConnySabine am 28.02.2022 um 5:48 Uhr

Hallo Frank, Hallo Conny, ist jetzt ein kleines Sabinchen aus euch rausgeschlüpft? Wie läufts in der Karibik? Oder schauen sie nur auf die Fototapete im Bezirkskrankenhaus?

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