- DAZ.online
- News
- Debatte & Meinung
- Mein liebes Tagebuch
4. März 2022
O-Ton Lauterbach zum Nacht- und Notdienst: „Es sind erhebliche Qualitätsverluste in der Versorgung der Patienten, die damit einhergehen, wenn der Arzt nicht abgeben kann.“ Ja, da ist es nun wieder, das Dispensierrecht für Ärztinnen und Ärzte im Nacht- und Notdienst. Der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will es prüfen, wie er im Online-Live-Gespräch „Praxis-Check“ der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sagte. Mein liebes Tagebuch, ob dieser Gedanke dem Minister selbst eingefallen ist, ob es ihm die lieben Ärztefunktionäre angedient haben (als Rache dafür, dass den Apothekers das Impfen erlaubt wurde), oder ob der Minister sogar von der Diskussion in Apothekerkreisen hörte, die sich mit dem apothekereigenen Unmut über den Nachtdienst und über ein unzureichendes Nachtdiensthonorar befasst – wir wissen es nicht. Vermutlich wird das Dispensierrecht für Ärzte auf den Tisch kommen. Für Lauterbach hat ein ärztliches Dispensierrecht im Notdienst sogar mit einer „Humanisierung der Versorgung“ zu tun. Starke Worte, oder? Ist denn in den Augen Lauterbachs unser heutiger Nacht- und Notdienst der Apotheken so inhuman? Da sollte er wirklich nochmal in sich gehen, vor allem zur Frage, was ein Dispensierrecht für Ärzte im Nacht- und Notdienst bedeuten würde. Was würde dadurch humaner? Der Patient bekommt ein Arzneimittel vom Arzt in die Hand gedrückt, das mehr oder weniger für den Patienten passt. Denn ein großes Warenlager mit individuell passenden Arzneimitteln will sich doch kein Arzt in die Praxis legen. Apropos ärztliches Warenlager: Welche Bestimmungen sollen denn für das Arzneilager der Arztpraxis gelten? Doch dieselben wie für die Apotheke, oder? Rabattverträge, Lieferverträge, Retaxierungen, temperaturgeführte Kühlung, Verfalldatenkontrolle, BtM-Schrank und alles andere, was so richtig bürokratisch Freude macht. Mein liebes Tagebuch, man kann sich wirklich nicht richtig vorstellen, dass die Ärztinnen und Ärzte auf diese Aufgaben warten. Also, ist es wirklich so schlimm, wenn der Patient eine Nacht- und Notdienst-Apotheke aufsuchen muss, hier aber in der Regel optimal versorgt wird? Da kommt noch Diskussionsstoff auf uns zu.
Wie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach im Online-Praxis-Check der Kassenärztlichen Bundesvereinigung durchblicken ließ, hat für ihn das eRezept nicht wirklich die Prio 1, im Gegensatz zu Spahn. Für Lauterbach sind das eRezept genauso wie die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) eher zweitrangig, vor allem, weil die Technik noch nicht ausgereift sei – und „was noch nicht zu 100 Prozent ausgereift ist, kann man nicht in die Fläche bringen“, so Lauterbachs Credo. Außerdem brächten eRezept und eAU für Patienten und Ärzte wohl keinen spürbaren Nutzen, meint er. Für ihn könnte da eher die elektronische Patientenakte (ePA) die Versorgung der Menschen deutlich verbessern. Keine Frage, mein liebes Tagebuch, die ePA wird mit Sicherheit viele Vorteile bringen. Und ganz nebenbei: Auch für uns Apothekers bietet der Zugang zur ePA tolle Chancen, z. B. in Richtung Medikationsmanagement und profunder Patientenberatung. Allerdings, das eRezept sollte nun endlich mal in die Puschen kommen: Wenn’s denn läuft, wird es im Apothekenalltag mit Sicherheit Erleichterungen bringen.
Seit Jahresbeginn gilt für Apothekengehälter ein neuer Gehaltstarifvertrag, darauf hatten sich Ende des vergangenen Jahres die Apothekengewerkschaft Adexa und der Arbeitgeberverband Deutscher Apotheken (ADA) geeinigt. Ab 2022 erhalten Apothekenmitarbeiterinnen und -mitarbeiter 200 Euro mehr im Monat, PKA sogar 225 Euro. Dieser Gehaltstarifvertrag gilt allerdings nicht für die gesamte Bundesrepublik. In Sachsen gibt es keinen Tarifvertrag mehr (warum tut sich da nichts?), da der dortige Apothekerverband nicht dem ADA mehr angehört. Und im Kammerbezirk Nordrhein gibt es eine eigene Tarifpartei, die Tarifgemeinschaft der Apothekenleiter (TGL) Nordrhein. Diese meldet nun, dass sie sich ebenfalls mit Adexa geeinigt hat: 200 Euro monatlich mehr für alle Berufsgruppen, 240 Euro mehr für PKA, allerdings mit dem kleinen Unterschied, dass die Gehaltserhöhungen nicht gleich ab Januar gelten, sondern in vier Stufen übers Jahr verteilt erfolgen. Mein liebes Tagebuch, warum die TGL hier so ein Stufentheater veranstaltet? Warum einfach, wenn’s auch kompliziert geht. Nun ja, ab Oktober 2022 erreichen die Gehälter dann auch das Niveau der ADA-Tarifgebiets.
5 Kommentare
Mein liebes Tagebuch - Notdienst
von Daniela Hänel am 06.03.2022 um 11:33 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten
AW: Mein liebes Tagebuch - Notdienst
von Elvira Umarov am 06.03.2022 um 14:16 Uhr
AW: Mein liebes Tagebuch - Notdienst
von Sonja Kirchner am 15.03.2022 um 13:38 Uhr
Mein liebes Tagebuch - Notdienst
von Daniela Hänel am 06.03.2022 um 10:52 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Lobbyregister
von Michael Zeimke am 06.03.2022 um 7:43 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.