Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

06.03.2022, 07:30 Uhr

Wir können helfen! Bitte spenden Sie Geld an pharmazeutische und medizinische Hilfsorganisationen. (Foto: Alex Schelbert)

Wir können helfen! Bitte spenden Sie Geld an pharmazeutische und medizinische Hilfsorganisationen. (Foto: Alex Schelbert)


4. März 2022

O-Ton Lauterbach zum Nacht- und Notdienst: „Es sind erhebliche Qualitätsverluste in der Versorgung der Patienten, die damit einhergehen, wenn der Arzt nicht abgeben kann.“ Ja, da ist es nun wieder, das Dispensierrecht für Ärztinnen und Ärzte im Nacht- und Notdienst. Der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will es prüfen, wie er im Online-Live-Gespräch „Praxis-Check“ der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sagte. Mein liebes Tagebuch, ob dieser Gedanke dem Minister selbst eingefallen ist, ob es ihm die lieben Ärztefunktionäre angedient haben (als Rache dafür, dass den Apothekers das Impfen erlaubt wurde), oder ob der Minister sogar von der Diskussion in Apothekerkreisen hörte, die sich mit dem apothekereigenen Unmut über den Nachtdienst und über ein unzureichendes Nachtdiensthonorar befasst – wir wissen es nicht. Vermutlich wird das Dispensierrecht für Ärzte auf den Tisch kommen. Für Lauterbach hat ein ärztliches Dispensierrecht im Notdienst sogar mit einer „Humanisierung der Versorgung“ zu tun. Starke Worte, oder? Ist denn in den Augen Lauterbachs unser heutiger Nacht- und Notdienst der Apotheken so inhuman? Da sollte er wirklich nochmal in sich gehen, vor allem zur Frage, was ein Dispensierrecht für Ärzte im Nacht- und Notdienst bedeuten würde. Was würde dadurch humaner? Der Patient bekommt ein Arzneimittel vom Arzt in die Hand gedrückt, das mehr oder weniger für den Patienten passt. Denn ein großes Warenlager mit individuell passenden Arzneimitteln will sich doch kein Arzt in die Praxis legen. Apropos ärztliches Warenlager: Welche Bestimmungen sollen denn für das Arzneilager der Arztpraxis gelten? Doch dieselben wie für die Apotheke, oder? Rabattverträge, Lieferverträge, Retaxierungen, temperaturgeführte Kühlung, Verfalldatenkontrolle, BtM-Schrank und alles andere, was so richtig bürokratisch Freude macht. Mein liebes Tagebuch, man kann sich wirklich nicht richtig vorstellen, dass die Ärztinnen und Ärzte auf diese Aufgaben warten. Also, ist es wirklich so schlimm, wenn der Patient eine Nacht- und Notdienst-Apotheke aufsuchen muss, hier aber in der Regel optimal versorgt wird? Da kommt noch Diskussionsstoff auf uns zu.

 

Wie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach im Online-Praxis-Check der Kassenärztlichen Bundesvereinigung durchblicken ließ, hat für ihn das eRezept nicht wirklich die Prio 1, im Gegensatz zu Spahn. Für Lauterbach sind das eRezept genauso wie die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) eher zweitrangig, vor allem, weil die Technik noch nicht ausgereift sei – und „was noch nicht zu 100 Prozent ausgereift ist, kann man nicht in die Fläche bringen“, so Lauterbachs Credo. Außerdem brächten eRezept und eAU für Patienten und Ärzte wohl keinen spürbaren Nutzen, meint er. Für ihn könnte da eher die elektronische Patientenakte (ePA) die Versorgung der Menschen deutlich verbessern. Keine Frage, mein liebes Tagebuch, die ePA wird mit Sicherheit viele Vorteile bringen. Und ganz nebenbei: Auch für uns Apothekers bietet der Zugang zur ePA tolle Chancen, z. B. in Richtung Medikationsmanagement und profunder Patientenberatung. Allerdings, das eRezept sollte nun endlich mal in die Puschen kommen: Wenn’s denn läuft, wird es im Apothekenalltag mit Sicherheit Erleichterungen bringen.

 

Seit Jahresbeginn gilt für Apothekengehälter ein neuer Gehaltstarifvertrag, darauf hatten sich Ende des vergangenen Jahres die Apothekengewerkschaft Adexa und der Arbeitgeberverband Deutscher Apotheken (ADA) geeinigt. Ab 2022 erhalten Apothekenmitarbeiterinnen und -mitarbeiter 200 Euro mehr im Monat, PKA sogar 225 Euro. Dieser Gehaltstarifvertrag gilt allerdings nicht für die gesamte Bundesrepublik. In Sachsen gibt es keinen Tarifvertrag mehr (warum tut sich da nichts?), da der dortige Apothekerverband nicht dem ADA mehr angehört. Und im Kammerbezirk Nordrhein gibt es eine eigene Tarifpartei, die Tarifgemeinschaft der Apothekenleiter (TGL) Nordrhein. Diese meldet nun, dass sie sich ebenfalls mit Adexa geeinigt hat: 200 Euro monatlich mehr für alle Berufsgruppen, 240 Euro mehr für PKA, allerdings mit dem kleinen Unterschied, dass die Gehaltserhöhungen nicht gleich ab Januar gelten, sondern in vier Stufen übers Jahr verteilt erfolgen. Mein liebes Tagebuch, warum die TGL hier so ein Stufentheater veranstaltet? Warum einfach, wenn’s auch kompliziert geht. Nun ja, ab Oktober 2022 erreichen die Gehälter dann auch das Niveau der ADA-Tarifgebiets.



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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5 Kommentare

Mein liebes Tagebuch - Notdienst

von Daniela Hänel am 06.03.2022 um 11:33 Uhr

Und einen wichtigen Sachverhalt möchte ich noch ergänzen. In meinem Brief vom 31.01.2022 zum Nacht- und Notdienst habe ich ebenfalls die Thematik der obszönen Anrufe mit sexueller Belästigung oder aktuell auch von Impfgegnern angeprangert.
Und zu diesem mir wichtigen Punkt, da ich es selbst schon erlebt habe, hat NIEMAND Stellung bezogen, weder:
ABDA
16 Kammern und Verbände
DAZ, PZ, apotheke adhoc,
Sächsische Staatsministerium
40 sächsische Bundestagsabgeordnete
Gesundheitsminister Lauterbach

Alle habe ich angeschrieben und Keiner hat sich dazu öffentlich geäußert. Warum? Ist das Thema zu heikel?

Nach Veröffentlichung meines Briefes erhielt ich sehr, sehr viele persönliche Nachrichten per Mail, Social Media oder persönlich mittels Telefonat. Und diese Problematik haben mehrer Personen bestätigt.

Schon mal erlebt, wenn permanent nachts das Telefon klingelt und man neben Stöhnen noch vulgäre Monologe anhören muss? Wenn jedes erneute Klingeln einen erschreckt, ob es wieder die unbekannte Person ist?

Vermutlich will man dieses heikle Thema aussitzen, aber nein, ich werde immer wieder damit anfangen, weil es nicht tabu bleiben darf!

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AW: Mein liebes Tagebuch - Notdienst

von Elvira Umarov am 06.03.2022 um 14:16 Uhr

Sehr geehrte Frau Hänel,

an dieser Stelle möchte ich mich auch nochmal bei Ihnen bedanken, dass Sie dieses Thema in die Öffentlichkeit bringen! Ich selbst habe es ebenfalls erlebt, zum Glück nicht sehr oft, dennoch sollte gerade in dieser Zeit der "me too" Bewegung diese Diskussion nicht nur geführt sondern konstruktiv an Lösungen gearbeitet werden!
Ich finde es ein Unding, dass gerade die Apothekerkammern sich dazu nicht äußern!

AW: Mein liebes Tagebuch - Notdienst

von Sonja Kirchner am 15.03.2022 um 13:38 Uhr

Hallo Frau Hänel,

die letzten Jahre hatte ich auch in jedem Notdienst den obligatorischen Anruf!
Wenn ein Mann in gebrochenem Deutsch anrief, dachte ich innerlich schon: "Hilfe"
Dann konnte es der Fiebersaft sein für sein Kind -> erleichtertes Aufatmen
Oder das ungute Gefühl wurde bestätigt: "Isch brauche Potenzmittel. Haben Sie?"

Mein liebes Tagebuch - Notdienst

von Daniela Hänel am 06.03.2022 um 10:52 Uhr

Die Vorschläge meinerseits zum Notdienst beinhalten nicht nur die Forderung nach mehr Honorar, aufgrund des neuen Tarifvertrages sondern auch Entlastungen in Hinblick eventueller Kernöffnungszeiten in ländlichen Regionen, eine allg. Rufnummer für Beratung am Telefon vgl. 116 117, Steuerentlastungen wie bei den Schichtzuschlägen u.v.m.
Sicherlich brauchen wir dringend eine Honorarerhöhung, aber diese sollte so erfolgen, dass die Apotheken vor Ort gestärkt werden und nicht die investorensubventionierten Großversender außerhalb dt. Bodens.
Mein Brief zum Nacht- und Notdienst soll eine Diskussion anregen, welche Möglichkeiten es gibt, um diesen in der aktuellen Zeit mit fehlendem Personal und Unterfinanzierung erträglicher zu machen. Der Zuschuss aus dem NNF muss voll versteuert werden. Wir wissen alle, wer alles an unserem UMSATZ mit verdient. Und der Betrag ist zu niedrig, um eine Vertretung davon zu bezahlen!
Große Aufgaben müssen regelmäßig überprüft und angepasst werden, um diese der aktuellen Zeit anzupassen. Bei sinkenden Apothekenzahlen muss von den WENIGEN mehr geleistet werden. Mehr Leistung, mehr Geld, mehr Aberkannt und Wertschätzung.
Und ob die Ärzte im Notdienst in den KV-Notfallpraxen wirklich dispensieren und die Notversorgung übernehmen wollen, ist fraglich. Denn dann kommt ein zusätzliches Bürokratie-Monster auf die Ärzte zu…
Lassen Sie uns bitte gemeinsam das Thema Nacht- und Notdienst angehen und die vielen Vorschläge diskutieren, ob ein Teil zur Verbesserung der Lebensqualität für die ausführenden Personen umsetzbar ist. Vielen Dank!


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Lobbyregister

von Michael Zeimke am 06.03.2022 um 7:43 Uhr

In der Sondersitzung des Bundestages stellte Herr Merz in Richtung Schröder und Schwesig treffend Fest
" nützliche Idioten "
Auch Fiege,DocMO, und diverse andere haben mit einem nützlichen Idioten zu tun. Der Vorname fängt nicht mit G an.

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