Online-Plattformen für Arzneimittel

Rechtlich auf dünnem Eis

Stuttgart - 24.03.2022, 09:15 Uhr

Rechtsanwältin Dr. Svenja Buckstegge wusste beim ApothekenRechtTag einiges zu Apotheken-Plattformen zu berichten. (Foto: Moritz Hahn)

Rechtsanwältin Dr. Svenja Buckstegge wusste beim ApothekenRechtTag einiges zu Apotheken-Plattformen zu berichten. (Foto: Moritz Hahn)


Kurios: keine aktive Beratungspflicht für Versandapotheken

In § 20 ApBetrO ist die verpflichtende Beratung von Apothekenkunden geregelt. Sie gilt auch bei der Abgabe von Arzneimitteln via Vertriebsplattform. Hierbei ist zu differenzieren: Bei Click & Collect-Modellen findet die Beratung im Zuge der Arzneimittelabgabe in der Apotheke statt. Wenn vor der Auslieferung eines Arzneimittels keine Beratung in der Apotheke stattgefunden hat, so muss diese nach § 17 Abs. 2 Satz 6 f. ApBetrO in unmittelbarem Zusammenhang mit der Aushändigung des Arzneimittels durch pharmazeutisches Personal der Apotheke stattfinden. In diesem Fall kann die Beratung auch im Wege der Telekommunikation durch die Apotheke, also insbesondere telefonisch oder per Chat, erfolgen. 

Dagegen soll bei einer Arzneimittelabgabe per Versand trotz der in § 20 ApBetrO für Vor-Ort- und Versandapotheken unterschiedslos geltenden Informations- und Beratungspflicht nach der nicht unwidersprochen gebliebenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesgerichtshofs für Versandapotheken keine aktive Beratungspflicht bestehen. Für Kunden muss danach nur die Möglichkeit bestehen, sich beraten zu lassen.

Konfliktträchtig ist auch – wenig verwunderlich – die Vergütung von Online-Plattformen. Hier gibt es unterschiedliche Modelle: Das beginnt bei einer prozentualen Vergütung und geht über Festbeträge bis hin zu einem pauschalen monatlichen Entgelt. 

Unter Juristen kontrovers diskutiert wird in diesem Kontext insbesondere die Auslegung von § 8 Satz 2 ApoG: Dort ist festgelegt, dass „Vereinbarungen, die sich am Umsatz oder Gewinn der Apotheke orientieren, unzulässig sind“. Svenja Buckstegge vertritt diesbezüglich die Auffassung, dass sich „eine prozentuale Vergütung von Vertriebsplattformen nicht am Gesamtumsatz der Apotheke orientiert, sondern am Umsatz eines einzelnen vermittelten Geschäftes“ und insofern zulässig sei. Sie beruft sich dabei unter anderem auf einen Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 4. Januar 2012 (Az. 327 O 3/12). In der anschließenden Diskussion ist diese Rechtsauffassung nicht unwidersprochen geblieben. Bekannt wurde, dass die Apothekerkammer Nordrhein zu dieser Frage ein wettbewerbsrechtliches Musterverfahren anstrebt.



Dr. rer. nat. Hubert Ortner, Chefredakteur AWA – Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker
redaktion@daz.online


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