Für Risikopatienten

WHO empfiehlt Paxlovid bei leichtem COVID-19

Stuttgart - 25.04.2022, 16:45 Uhr

Die WHO empfiehlt bei leichtem COVID-19 seit Neuestem neben Molnupiravir, Sotrovimab, Casirivimab/Imdevimab auch Paxlovid und Remdesivir. (Foto: IMAGO / Independent Photo Agency Int.)

Die WHO empfiehlt bei leichtem COVID-19 seit Neuestem neben Molnupiravir, Sotrovimab, Casirivimab/Imdevimab auch Paxlovid und Remdesivir. (Foto: IMAGO / Independent Photo Agency Int.)


Schon leicht an COVID-19 erkrankten Patient:innen rät die WHO ausdrücklich zu Paxlovid, allerdings nur bei sehr hohem Risiko für eine Krankenhauseinweisung. Eine neue Alternative ist Remdesivir. Was sollen die COVID-19-Patient:innen nun bekommen?

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat ihre COVID-19-Arzneimittel-Leitlinie aktualisiert – dieses Mal geht es um PaxlovidTM, eine antivirale, orale Kombination aus Nirmatrelvir und Ritonavir von Pfizer. Die WHO rät in der zehnten Version der „Living WHO Guideline“ (22. April 2022) bereits bei leichter COVID-19-Erkrankung ausdrücklich („strong recommendation“) zu PaxlovidTM, allerdings nur für leicht erkrankte Patient:innen mit dem höchsten Risiko für eine Krankenhauseinweisung (> 10 Prozent). Die WHO denkt bei einem hohem Hospitalisierungsrisiko an Ungeimpfte, ältere Menschen, Immunsupprimierte und chronisch Vorerkrankte. PaxlovidTM ist damit das einzige Arzneimittel, das die WHO bei leichter Erkrankung und hohem Hospitalisierungsrisiko stark empfiehlt (andere Arzneimittel: schwache Empfehlung).

Schwache Empfehlung bei geringem Risiko für Krankenhauseinweisung

Eine bedingte oder schwache Empfehlung („weak or conditional recommandation“) für PaxlovidTM spricht die Weltgesundheitsorganisation für Corona-Kranke mit einem nur geringem Hospitalisierungsrisiko aus. Bei schwer (Sauerstoffsättigung < 90 Prozent, Anzeichen einer Lungenentzündung oder von respiratorischem Stress) und kritisch (lebenserhaltende Maßnahmen erforderlich, akutes respiratorisches Stresssyndrom, Sepsis und septischer Schock) COVID-19-Erkrankten rät die WHO – aus Ermangelung an Daten – hingegen gar nicht zur Anwendung von PaxlovidTM.

Remdesivir für leicht Erkrankte mit großer Hospitalisierungsgefahr

Neben PaxlovidTM hat sich die WHO auch zu Remdesivir geäußert. Veklury war das erste COVID-19-Arzneimittel auf dem Markt. Nach Einschätzung der WHO kann Remdesivir bei leicht erkrankten COVID-19-Patienten zum Einsatz kommen, wenn ihr Hospitalisierungsrisiko sehr hoch ist – es handelt sich dabei um eine „schwache Empfehlung“. Diese Empfehlung für Remdesivir bei Patienten mit nicht schwerer Erkrankung und höchstem Risiko für einen Krankenhausaufenthalt ersetzt eine frühere bedingte Empfehlung. In dieser hatte sich die WHO gegen eine Remdesivirbehandlung von COVID-19-Patient:innen ausgesprochen (unabhängig von der Schwere). Nun soll, nachdem eine neue Empfehlung für leicht Erkrankte besteht, auch eine Empfehlung für Patient:innen mit schwerem oder kritischem COVID-19 aktualisiert werden.

Indikation von Paxlovid

„PaxlovidTM wird angewendet zur Behandlung einer Coronavirus-Krankheit 2019 (COVID-19) bei Erwachsenen, die keine zusätzliche Sauerstoffzufuhr benötigen und ein erhöhtes Risiko haben, einen schweren COVID-19-Verlauf zu entwickeln.“

(Fachinformation PaxlovidTM, Stand Januar 2022)

Die WHO stützt ihre neuen Empfehlungen auf kürzlich abgeschlossene randomisierte kontrollierte Studien – zwei RCTs mit 3.100 Teilnehmer:innen zu PaxlovidTM und fünf RCTs mit 2.720 Teilnehmer:innen zu Remdesivir.

Erste Wahl bei leicht Erkrankten: Paxlovid

Damit stehen mit PaxlovidTM und Remdesivir zwei neue Arzneimittel für leichtes COVID-19 auf der WHO-Liste, neben Molnupiravir, Sotrovimab und Casirivimab/Imdevimab (nur bedingte Wirksamkeit gegen die Omikron-Variante). Welches Präparat sollten Patienten bekommen? Direkt vergleichende Studiendaten gibt es nicht, allerdings empfiehlt die WHO nur PaxlovidTM mit stärkster Empfehlung: (alle anderen „schwache und bedingte Empfehlung“). 

Somit stelle PaxlovidTM die „überlegene Wahl“ bei leicht Erkrankten, aber am stärksten gefährdeten Personen dar. „Es kann mehr Krankenhausaufenthalte verhindern als die Alternativen, hat weniger Nebenwirkungen als Molunupiravir und ist einfacher zu verabreichen als die intravenösen Präparate (Remdesivir und monoklonale Antikörper)“. Zudem gibt die WHO zu bedenken, dass bei den monoklonalen Antikörpern deren Wirksamkeit von der vorherrschenden SARS-CoV-2-Variante abhängt – so hat die FDA jüngst USA-weit die Zulassung von Sotrovimab zur Behandlung von COVID-19 entzogen

Die WHO erklärt außerdem, dass die Wahl eines geeigneten Arzneimittels auch von der Verfügbarkeit dessen abhängt sowie der Dauer der Behandlung und der Zeit vom Symptombeginn bis zur Gabe in den Studien.

Allerdings birgt auch PaxlovidTM die Gefahr von Interaktionen, und zwar aufgrund des Nirmatrelvir-Boosters Ritonavir. Erst Mitte April hatten unter anderem Professor Martin Schulz (Vorsitzender der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker) und Dr. André Said (Leiter der Geschäftsstelle der AMK) eine Arbeit verfasst, „Orale Pharmakotherapie bei COVID-19“, die sich mit dem Wechselwirkungsmanagement beim Einsatz von Nirmatrelvir/Ritonavir beschäftigt.

Rebound-Effekt nach Paxlovid?

Berichte gibt es zudem, dass es unter PaxlovidTM zu einem Wiederauftreten von Coronasymptomen kommen kann, wie der „Bostonglobe“ berichtet. Wissenschaftlich bestätigt ist das Phänomen nicht, doch hatte Pfizer FDA-Dokumenten zufolge bereits in den Studien beobachtet, dass „mehrere Probanden um den 10. oder 14. Tag herum einen Anstieg der SARS-CoV-2-RNA-Werte zu verzeichnen“ schienen, doch gebe es „keine eindeutigen Anzeichen“ für Resistenzen.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.