Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

05.06.2022, 07:30 Uhr

An Pfingsten gibt's normalerweise Erleuchtung für alle. Für alle? (Foto: Alex Schelbert)

An Pfingsten gibt's normalerweise Erleuchtung für alle. Für alle? (Foto: Alex Schelbert)


Pfingsten ist, wenn die Erkenntnis von oben auf uns herniedergeht. Wie schön wäre es, wenn solch ein Erkenntnissturm die Gesundheitspolitik und nicht zuletzt auch unsere Berufspolitik durchrütteln würde. Zum Beispiel ganz profan: pharmazeutische Dienstleistungen – einfach sagen was und wieviel; E-Rezept – endlich machen ohne Wenn und Aber; Schluss mit Nullretax bei Formfehlern, ein für allemal; eine Apothekenhonorierung, die mitwächst und apothekerliche Leistungen würdigt; eine ABDA, die schlank, schnell und transparent agiert. Vielleicht beim nächsten Mal? Frohe Pfingsten! 

30. Mai 2022

Stellt eine Arztpraxis ein Rezept aus, das Formfehler enthält, die in der Apotheke nicht entdeckt werden, kann dies dazu führen, dass die Krankenkassen die belieferten Arzneimittel nicht bezahlen. Mein liebes Tagebuch, diese Nullretax wegen Formfehlern ist eine der größten Ungerechtigkeiten im Rahmen der Rezeptbelieferung. Der Arzt, die Ärztin, die Sprechstundenhilfe hat irgendein läppisches Kürzel auf dem Rezept nicht angegeben (z. B. die Angabe Dj zur Dosierungsanweisung) oder einfach nur vergessen und in der Apotheke ist das bei der Rezeptkontrolle durchgerutscht – schon freuen sich die Kassen diebisch: Nullretax, die Arzneimittel gehen zu Lasten der Apotheke. Die Rezeptkontrolle auf Formfehler kostet die Apotheke Geld und Zeit – die IT-Häuser haben sogar Apps dafür entwickelt, die helfen sollen, Formfehler zu entdecken. Immerhin konnten sich der Deutsche Apothekerverband und die Krankenkassen im Rahmenvertrag darauf einigen, dass „unbedeutende, die Arzneimittelsicherheit und die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nicht wesentlich tangierende, insbesondere formale Fehler“ kein Anlass für eine Retaxation sein dürfen. Aber die Kassen und ihre Retaxunternehmen versuchen es wohl immer wieder, Formfehler (z. B. fehlende Dosierungsangabe) als Grund für eine Nullretaxation durchzusetzen. Mein liebes Tagebuch, welch ein bürokratischer Aufwand: Wenn sich die Apotheke gegen die Retaxation wehrt, muss sie das Rezept erneut prüfen und dann versuchen, z. B. mit Hilfe ihres Apothekerverbands die entgangenen Arzneimittelbeträge zurückzuholen, was sogar in vielen Fällen gelingt. Aber das alles macht immens zusätzliche Arbeit. Man könnte natürlich fragen, ob man das Übel nicht an der Wurzel anpacken kann: Die Arztpraxen müssten einfach die Rezepte formal korrekt ausstellen. Aber einfach geht hier nichts. Wie eine Umfrage des DeutschenArztPortals zeigt, ist den Ärztinnen und Ärzten in den meisten Fällen gar nicht bewusst oder es interessiert sie nicht, dass Apotheken wegen unkorrekt ausgestellter Rezepte retaxiert werden können. Hier fehlt das Problembewusstsein! Mein liebes Tagebuch, ich frage mich, was wohl wäre, wenn eine kleine nachlässige Aktion der Apotheke dazu führen würde, dass ein Arzt, eine Ärztin kein Honorar bekäme? Würden die Ärzteschaft dies tatenlos hinnehmen? Ich bin überzeugt, da ginge ein Sturm der Entrüstung durchs Land.



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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5 Kommentare

Dr. Diefenbach

von Karl Friedrich Müller am 07.06.2022 um 17:11 Uhr

Lieber Herr Dr.Diefenbach,
mit Ihrer Antwort haben Sie natürlich recht. Verzeihen Sie, dass ich hier genervt reagiere. Letztkich fühle ich mich einfach hinter das Licht geführt, wenn das eRezept dermaßen gelobt wird und Herr Ditzel ständig dessen schnelle Einführung fordert, ohne auf die damit verbundenen Probleme einzugehen. Ich bin überzeugt, dass es nur Anleger und Kapitalinteressen dient und nicht dem Kranken, Arzt oder Apotheken.

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Nabelschau

von Karl Friedrich Müller am 06.06.2022 um 14:35 Uhr

Wie immer voll daneben, Herr Ditzel. Es ist schon sehr unerträglich, wie Sie das eRezept nur aus einer Sicht - Ihrer - zu sehen vermögen.
Die Gematik nennt 5000 Apotheken als ready gemeldet. Das ist ca ein Viertel aller.
Viel wichtiger ist, dass die Bevölkerung, die schließlich auch damit umgehen muss, eher viel Probleme haben wird.
Sie sind wohl ein „Enthusiast“. Das kann man nur sein, wenn man alles Andere ringsrum ausblendet und so gar nichts mit der Umsetzung zu tun hat. Mit der damit verbundenen Korruption zum Beispiel. Augen zu, heißt Ihre Devise. Das ist beschämend. Sie sollten endlich in Rente gehen. Sie will niemand mehr lesen. Nur für Ihr Ego brauchen wir das Tagebuch nicht mehr, das einmal meine Lieblingslektüre war.
Ich bin sauer und vor allem enttäuscht.
Deutschland ist furchtbar geworden. Der Bürger wird immer weniger wert. Er wird nicht geschützt, siehe Corona. Die Kinder wissentlich der schweren Erkrankung ausgesetzt, nicht mal Luftfilter waren drin. Oft zumindest. Die Freiheit der FDP zerstört alles, Egoismus und das gnadenlose Unterstützen der Konzerne auf Kosten der Bürger. Tankrabatt, der Milliarden Steuergeld in die Konzernlassen spült, derweil die Leute nicht wissen, wie Wohnen die ne Essen zu bezahlen sind. Longcovid als Armutsrisiko. Alles unwichtig. Hauptsache, die Reichen und Konzerne profitieren.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Nabelschau

von Dr.Diefenbach am 07.06.2022 um 15:23 Uhr

Lieber Herr Müller,in der Vergangenheit schrieben Sie oft Dinge,die nachvollziehbar waren.Wem nutzen jetzt derartige Beiträg wie dieser?TAGEBUCH heisst doch auch die WIEDERGABE der Dinge,die sich
in der entsprechenden Woche abspielten!!Insofern kann man sehr wohl Etliches aus Herrn Ditzels Infoworten für sich entnehmen.Ich möchte nicht auf das Tagebuch verzichten.Wie stehen Sie denn zu den sanften Worten der Kommentare in der PZ?? Da war doch stets jegliche Form von Provokation verpönt-bis man dieses subventionierte Blättchen wirklich nicht mehr in die Hand nahm.ODER nennen Sie mir doch eine Gazette die regelmässig die(Un )taten des Marktes derart
auflistet wie das Tagebuch?Die DAZ kann nun wirklich nichts dafür, dass die Politik den Stand so schräg behandelt wie es der Fall ist.Viel schlimmer ist die Struktur der Gesamtorganisation,dieser heilige Gral darf ja nicht mal auch nur rhetorisch angesprochen werden,ohne dass die schwerpunktmässig Herren aus der Kammeretage so allergisch reagieren, dass man erst recht erkennt ,dass die Kritik HIER richtig ist.Fragen Sie mal in Berlin was aus der QS ,die die ABDA vor Jahren installierte, geworden ist.DANN sehen wir doch gerne weiter...DA stimmts nämlich infomässig nicht!!!Auch wenn in Corona Zeiten sehr gut gearbeitet wurde.Jetzt sind neue Zeiten auf dem Markt

Tagebuch

von Gert Müller am 05.06.2022 um 16:10 Uhr

Die Kommentare überschlagen sich ja förmlich.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Tagebuch

von Reinhard Rodiger am 05.06.2022 um 21:04 Uhr

Das ist kein Wunder,es unterbleibt jeder Reizpunkt."His Masters Voice" regt halt nicht an, das war mal anders.
Aber, es fehlen auch die, die die Defizite fassbar machen wollten.Sie fanden keine diskursive Resonanz.Bei solch hoffnungsloser Lage für 75% eigentlich unverständlich.Aber Standespolitik zahlt sich eben aus.Und hier werden eben nur die 25% angesorochen.Die brauchen aber nicht zu debattieren.Jetzt wäre die Notwendigkeit, die desaströse Verhandlungseröffnung anzusprechen.Doch kein Wort.
So ist das eben.

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