Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

03.07.2022, 07:19 Uhr

Keine gute Woche für den Bundesgesundheitsminister: Effizienzreserven bei Apotheken gibt es nicht. Und Zoff wegen Bürgertests ist vorprogrammiert. (Foto: Alex Schelbert) 

Keine gute Woche für den Bundesgesundheitsminister: Effizienzreserven bei Apotheken gibt es nicht. Und Zoff wegen Bürgertests ist vorprogrammiert. (Foto: Alex Schelbert) 


28. Juni 2020

Nein, nein, es ist nicht vom Tisch, das Lauterbachsche Spargesetz, mit dem er der GKV unter die Arme greifen will. Nachdem der allererste Rohentwurf viel Unsägliches für uns Apothekers enthielt und kurz nach dem Bekanntwerden in der Schublade verschwand, versucht der Bundesgesundheitsminister nun einen neuen Anlauf. Doch allzu viel kommt dabei noch nicht um die Ecke, es sind erst Eckpunkte einer Finanzreform. Grund für die Verzögerung sollen die Gespräche und die Abstimmung mit dem Finanzminister gewesen sein, der im Prinzip nichts ausgeben will, während der Gesundheitsminister keine Leistungen kürzen will. Mein liebes Tagebuch, das sind die Quadraturen der Kreise in der Politik, die immer auf Kompromisse und auf Geben und Nehmen hinauslaufen. Also, was lässt sich nun den Eckpunkten entnehmen? Der Steuerzuschuss für die GKV wird deutlich verkleinert auf 2 Mrd. Euro, der Bund soll ein Darlehen von 1 Mrd. Euro geben und der durchschnittliche Zusatzbeitrag für die Versicherten soll um 0,3 Prozentpunkte erhöht werden. Außerdem geht man an die Reserven der Krankenkassen ran, sie sollen entspart werden – „entsparen“, welch herrlicher Ausdruck, wenn man an die Rücklagen geht, oder? Ja, und dann bleibt noch ein Defizit von 3 Mrd. Euro, das gedeckt werden muss. Und dieses Geld will Lauterbach aus „Effizienzreserven“ heben. Darunter versteht er beispielsweise eine Einmalzahlung in Form eines Solidarbeitrags von 1 Mrd. Euro von der Pharmaindustrie. Mein liebes Tagebuch, man kann es praktisch als eine Art Bestrafung auffassen, weil sich die Umsätze vor allem der forschenden Hersteller so gut entwickelt haben. Bei den Ärztehonoraren gebe es dagegen keine Spielräume, da geht man nicht ran. Und was ist mit den Apotheken, bei denen im allerersten Entwurf eine Erhöhung des Kassenabschlags in Kombination mit einer Mehrwertsteuersenkung vorgesehen war? Auf Nachfrage erfuhr man, dass zwar die Mehrwertsteuersenkung vom Tisch sei. Aber man beschäftige sich auch hier mit „Effizienzreserven“. Mein liebes Tagebuch, das sollte Lauterbach mal lieber lassen. Effizienzreserven und Apotheken – das ist ein Wortpaar, das überhaupt nicht zusammengeht. Schon gar nicht in Zeiten der hohen Inflation. Effizienzreserven lassen sich in Apotheken beim besten Willen nicht finden – seit mehreren Jahren schließen rund 300 Apotheken, die keine Reserven gefunden haben. Und dieser Trend hält an. Also, Reserven gibt’s bei Apotheken nicht. Punkt.



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Apotheker wendet sich ans Bundesgesundheitsministerium

Neue Testverordnung ist „eine Zumutung“

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

6 Kommentare

"Effizienzreserven"

von Thomas Beck am 03.07.2022 um 19:30 Uhr

Zitat:
Berlin. Der GKV-Spitzenverband hat gefordert, dass die Ampel-Koalition ihren Ankündigungen Taten folgen lässt und die Kassen entlastet. Ein Beispiel sind die GKV-Beiträge für Arbeitslosengeld-2-Empfänger. Es sei nicht Sache der Beitragszahler, Aufgaben des Staates zu finanzieren.

„Wir erwarten von der neuen Bundesregierung, dass der gesetzlichen Krankenversicherung die tatsächlich entstehenden Kosten erstattet werden, also insgesamt zehn Milliarden Euro mehr als bisher“, sagte die Vorsitzende des GKV-Spitzenverbands, Dr. Doris Pfeiffer, am Dienstag dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“.

Quelle:
https://www.aerztezeitung.de/Politik/Kassen-draengen-auf-Entlastung-bei-ALG-2-Beziehern-425804.html

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Bei den Tatsachen bleiben ...

von Reinhard Herzog am 03.07.2022 um 16:48 Uhr

... "Stattdessen will er bei Apotheken nach Effizienzreserven suchen, um die GKV zu entlasten. Er wird sie nicht finden, es gibt nämlich keine." ...

... so verabschiedet man sich ganz schnell aus einem rational-seriösen Diskurs. Es ist nämlich schlicht Unsinn.

Überall gibt es Effizienzreserven, und bei uns sogar außerordentlich viele!

Oder hält man etwa den ganzen Bürokratie-Overkill, das tägliche Klein-Klein für nichts und wieder nichts, das überbordende Retaxieren, das aufseiten der Apotheken mehr Kontrollaufwand erfordert, als es den Kassen einspielt, weiters so manch Lebenslügen und Kuriositäten des Apothekenlebens und und ...

... für wirklich effizient?

Ich behaupte:
Da schlummern ungeahnte Potenziale, wenn man mal richtig ausmistet. Das könnte eine Honorarerhöhung locker aufwiegen - und zudem den Apothekenbeschäftigten wieder ein gutes Stück weit ihre Freude am Beruf und auch ihre Würde (!) zurückgeben.

Denn genau diese Würde bleibt auf der Strecke, wenn man sich weiter zu Verwaltungs-Außenstellen machen lässt, ohne freilich die Vorteile eines Kassen-Verwaltungsangestellten zu genießen, sondern den Spaß an der Verwaltung aus eigener Tasche berappen darf - und nun zunehmend auch digital "versklavt" und verkauft wird. So wie es zurzeit läuft, schränkt die Digitalisierung unseren Handlungsspielraum nämlich nur noch weiter ein.

Denn: Alle Räder stehen still, wenn der Mikrochip es will - oder wenn man nicht tastendruckgenau nach dem Willen einer Software tanzt ...

Und das lässt sich nicht allein mit (Schmerzens-)Geld aufwiegen, da muss man strukturell ran.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

GKV hat kein Defizit

von Reinhard Rodiger am 03.07.2022 um 12:09 Uhr

Wann endlich kommt es zu einem konzeptionell sauberen Gegenangriff ? Ein Vorschlag:

Das GKV-Defizit ist der (vorgeschobene) Grund für die Suche nach Effizienzreserven. Doch dieses ist Resultat staatlicher Verantwortungsverschiebung.Politische Wunschleistungen (= versicherungsfremde Leistungen) werden über Beiträge zur GKV finanziert.Dies führt zu Verzerrung der Defizitursachen und ist eine ungerechte Verteilungspraxis.Das gilt zweiseitig, denn es werden nicht daran Beteiligte und die Versicherten betroffen.Es ist schlicht unehrlich,Nichtbetroffene(also hier Apotheken) belasten zu wollen und gleichzeitig vor allem die Haushalte mit einer geringeren ökonomischen Leistungsfähigkeit vermeidbar zu belasten.Das System wird gerechter, wenn Kosten dem Verursacher zugeordnet werden.
Dann hat die GKV kein Defizit.Im Gegenteil entfallen bis zu 56 Mrd.€ .Der Effizienzdruck liegt beim Staat.

Rückführung der versicherungsfremden Leistungen in die Steuerfinanzierung führt also zur Entlastung der Apotheken und weiter Bevölkerungsteile.Für letztere wird eine Beitragsreduzierung von 2,2 % geschätzt.

Gleichzeitig wird überzeugend deutlich, welch irreführende Praxis Taktgeber politischer Forderungen ist.Sie führt zur Fehlorientierung der Ressourcen, indem mit vordergründigen Argumenten die falschen Konsequenzen gezogen werden.

Es geht um die Rückführung des Staates zu seiner eigentlichen Verantwortung, seine sozialen Wünsche in seinen Zuständigkeitsbereich zurück zu holen.

Dankenswerter Weise ist diese Verantwortungslosigkeit ein hervorragender Konzeptansatz.

Fazit: Es gibt Möglichkeiten, die Debatte offensiv zu gestalten, ohne zu sehr auf Befindlichkeiten einzugehen, die letztlich niemand interessieren.Mit diesem Ansatz sind weite kreise einbezogen und motivierbar. Warum nicht?



(Quelle:WIG2/ im Auftrag der privaten KK)
Versicherungsfremde Leistungen:
-beitragsfreie Mitversicherung 36 Mrd
-ALGII 6 "
-Schwangerschaft und Mutterschaft 5 "
-Sonstige 9 "

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Relevant? Nö !

von Ulrich Ströh am 03.07.2022 um 9:06 Uhr

Die aktuelle Misere mit Lauterbach und unsere Nichtwahrnehmung als Heilberuf ist eine Quittung der jahrelangen ,missratenen Kommunikationsstrategie der ABDA.

Wer sich nicht deutlich in der Vergangenheit zu Wort gemeldet
hat, wird jetzt auch nicht als relevant betrachtet…

Und jetzt wie die ABDA von -unfair - zu sprechen, interessiert keinen in der Politik .

Ärzte sind da einfach besser in der Kommunikation.
Und erreichen mehr.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Relevant? N

von Dr.Diefenbach am 03.07.2022 um 9:52 Uhr

.....stimmt wie fast immer.ODER hat irgendjemand was von den Aktivitäten des Herrn Dr. Kern gehört?
Es wird dauernd nur verbreitet, wie effizient die Strategien sind und und erfolgreich die PR sein soll.Bloss kommt
sie wohl an einer falschen Stelle zum Tragen!Und wenn man einen solchen Minister wie Herrn Lauterbach
derart ungehemmt reden lässt, dann spricht es leider für die völlig falsche Zurückhaltung in der Aussendarstellung.
Das ist das Gleiche mit der Auseinandersetzung mit einigen Ärzteverbänden, wo man sich zu vornehm ist,
auf ungerechtfertigte!!! Aussagen auch mal deutlich zu reagieren.Empörung nach Innen:Ganz nett, aber ansonsten
ein Rohrkrepierer...

.

von Beldowitz am 03.07.2022 um 9:01 Uhr

Der Staat übernimmt bei Personen, die nicht durch eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung selbst in die Solidargemeinschaft einzahlen, nur ca 40% der tatsächlich entstehenden Kosten. Hinzu kommen noch die Personen der kostenlosen Famileinversicherung. Wir reden hier von einer Unterdeckung im zweistelligen Milliardenbereich, Tendenz jährlich steigend durch stetigen Zuwachs in diesen Gruppen.

Wann geht die Politik dieses offensichtliche Problem an?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.