- DAZ.online
- News
- Debatte & Meinung
- Mein liebes Tagebuch
18. Oktober 2022
Kurz vor knapp entwickeln sich in Sachen Erhöhung des Kassenabschlags noch große Aktivitäten, um eben dies zu verhindern: Wir Apothekers wollen vereinzelt ein bisschen protestieren und am Mittwochnachmittag in vier Bundesländern die Apotheken zusperren. Und der Union ist fünf vor zwölf die grandiose Idee gekommen, schnell noch einen Änderungsantrag zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz einzubringen, mit dem der betreffende Passus gestrichen werden soll. CDU und CSU sehen es nämlich sehr kritisch, die Apotheken in der jetzigen Situation (Inflation und Energiekrise) weiter zu belasten. Mein liebes Tagebuch, ja, Dankeschön liebe Union für den Änderungsantrag, aber warum ist euch das erst jetzt eingefallen? Bisschen spät, oder?
Während SPD, Grüne und FDP mit mehreren Änderungsanträgen zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz Zugeständnisse an Ärzte, Zahnärzte und die Pharmaindustrie machen, bleibt die Ampel knallhart, wenn es um die Belastung der Apotheken geht. Haben denn die Ministerinnen und Minister der betroffenen Länder gar kein Verständnis für die verzweifelte Lage der Apotheken? Und wie käme denn ein Apothekerstreik bei den Landesgesundheitsministerien an? Aus Brandenburg heißt es von Ursula Nonnemacher (Grüne), man habe sich im Bundesrat gegen eine Erhöhung des Kassenabschlags ausgesprochen. Und das Gesundheitsministerium von Schleswig-Holstein (Ministerin Kerstin von der Decken, CDU) lehnt den Kassenabschlag ebenso ab wie das Saarland (Minister Magnus Jung, SPD): Man dürfe nicht die bestrafen, die in der Pandemie die Stütze der Versorgung waren. Apotheken sollten angemessen vergütet werden. Nur aus dem SPD-geführten Gesundheitsministerium von Hamburg war nichts zu hören, SPD-Gesundheitsministerin Melanie Leonhard wollte sich nicht zum geplanten Apothekenstreik äußern.
Der Vorabend des Streiks: Die Apothekers in den vier Bundesländern, die sich zum Streik durchringen konnten (Brandenburg, Schleswig-Holstein, Hamburg und das Saarland), zeigen sich kampflustig. Die Kammern und Verbände gehen davon aus, dass sich bis zu 90 Prozent der Apotheken in diesen Ländern am Streik beteiligen wollen. Es sei eine vollkommen andere Stimmung als beim Streik vor zehn Jahren, als es damals darum ging, das Apothekenhonorar von 8,15 auf nur 8,35 Euro zu erhöhen, so hört man. Denn dieses Mal gehe es darum, eine Leistungskürzung um 23 Cent zu verhindern. Und ja, mein liebes Tagebuch, die Kampfestrompeten waren sogar so laut, dass sie im nordrheinischen Gebiet zu hören waren. Das weckte in letzter Minute auch den Apothekerverein Nordrhein auf, der wiederum seine Mitglieder dazu aufrief, sich am Streik zumindest ein klein bisschen zu beteiligen und – oh Gott, welch drastische Maßnahme – von 11.55 h bis 13 Uhr das Licht in den Apotheken auszumachen. Licht aus statt Schließung – Streik light, so sind sie, die Nordrheiner, mit einer Aktion gleich zwei Fliegen erschlagen: Denn das hätte auch ein Protest gegen die ständig steigenden Energiekosten sein können. Auch wenn der Streik zu spät kommt: Apotheker Erik Tenberken, Birkenapotheke Köln, hat gerne mitgemacht: Seine elektronische Sichtwahl hinterm HV blieb ausgeschaltet, nur auf zwei Monitoren blendete er einen Text ein. Unter der Überschrift „Wir machen das Licht aus!“ erklärte er der Kundschaft, worum es bei diesem Protest ging. Sein Kommentar dazu: „Die schwarze Sichtwahl wurde gut wahrgenommen. Leider waren die Proteste zu spät und zu schwach, wie Sie bereits richtig geschrieben haben.“
12 Kommentare
Mein liebes Tagebuch
von Bernd Haase am 23.10.2022 um 16:53 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Fragen über Fragen
von Karl Friedrich Müller am 23.10.2022 um 10:57 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
ABDA! tun Sie was!
von Dr. Radman am 23.10.2022 um 10:37 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: ABDA! tun Sie was
von Anita Peter am 23.10.2022 um 10:45 Uhr
Großartig, was da passiert ist!
von Ulrich Ströh am 23.10.2022 um 9:35 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Protest
von Conny am 23.10.2022 um 9:01 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Realitätsverlust
von Linda F. am 23.10.2022 um 8:59 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten
AW: Realitätsverlust
von Peter Ditzel am 23.10.2022 um 10:11 Uhr
AW: Realitätsverlust
von Karl Friedrich Müller am 23.10.2022 um 10:24 Uhr
.
von Anita peter am 23.10.2022 um 7:41 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: .was lernen wir daraus 2:
von Dr.Diefenbach am 23.10.2022 um 9:32 Uhr
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.