Aufgrund unzureichender Studienlage

IQWiG sieht keinen Zusatznutzen für Schlafmittel Daridorexant

Stuttgart - 17.02.2023, 13:45 Uhr

Wenn Schäfchenzählen nicht weiterhilft, ist medizinische Hilfe gefragt. (Foto: Adobe Stock / Jürgen Fälchle)

Wenn Schäfchenzählen nicht weiterhilft, ist medizinische Hilfe gefragt. (Foto: Adobe Stock / Jürgen Fälchle)


Das im Jahr 2022 zugelassene Schlafmittel Daridorexant ist für viele von Schlafstörungen geplagte Patient:innen ein Hoffnungsträger – dem das IQWiG in der frühen Nutzenbewertung nun einen Dämpfer erteilt. Das Ergebnis lautet: kein Zusatznutzen. Was hat das IQWiG zu bemängeln?

Schlafstörungen sind für viele Patient:innen ein quälendes Thema, machen sie doch den Alltag anstrengend und bisweilen kaum bewältigbar. Der Wunsch nach Schlaftabletten, die endlich ein bisschen Erholung verschaffen, ist daher aufseiten der Betroffenen groß. Zwar gibt es mit Benzodiazepinen, Z-Substanzen und sedierenden Antidepressiva einige Arzneimittel, die in dieser Indikation zum Einsatz kommen können, jedoch bringen sie auch die den Apothekenteams gut bekannten Nebenwirkungen und eine Abhängigkeitsproblematik (insbesondere Benzodiazepine) mit sich. Laut S3-Leitlinie „Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen“ (Stand 2017, derzeit in Überarbeitung) sollen diese daher nur kurzzeitig und auch nur wenn das Mittel der ersten Wahl – eine kognitive Verhaltenstherapie – nicht erfolgreich oder nicht durchführbar war, eingesetzt werden.

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Angesichts dieser Ausgangslage war die Freude groß, als im Jahr 2022 mit Daridorexant (QuviviqTM) ein Arzneimittel mit einem neuartigen Wirkprinzip in der EU zugelassen wurde. Als dualer Antagonist der Orexin-Rezeptoren OX1 und OX2 blockiert dieser Wirkstoff die Bindung der wachmachenden Neuropeptide Orexin A und B, was in den Zulassungsstudien die Einschlafzeit verkürzt und das Durchschlafen verbessert hatte.

Nicht besser als Z-Substanzen?

Umso überraschender dürfte für viele die nun veröffentliche Einschätzung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) sein, das vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) im Zuge der frühen Nutzenbewertung mit der Auswertung des vom Hersteller eingereichten Dossiers zu Daridorexant beauftragt worden war. 

Das Ergebnis: Das IQWiG kann keinen Zusatznutzen von Daridorexant im Vergleich zur zweckmäßigen Vergleichstherapie feststellen. Als zweckmäßige Vergleichstherapie wurde in Übereinstimmung mit der Leitlinien die „medikamentöse Kurzzeittherapie mit kurzwirksamen Benzodiazepinen oder Non-Benzodiazepinrezeptor-Agonisten“ bei Patient:innen, die seit mindestens drei Monaten unter Schlafstörungen leiden und bei denen eine kognitive Verhaltenstherapie nicht ansprach oder nicht möglich war, verwendet.

Stolpersteine im Studiendesign

Wirkt Daridorexant also wirklich nicht besser als beispielsweise Z-Substanzen? Das lässt sich aus dem Ergebnis wohl kaum ableiten, denn laut IQWiG wurde „bei der Überprüfung der Vollständigkeit des Studienpools […] keine relevante Studie für die Bewertung des Zusatznutzens von Daridorexant im Vergleich zur zweckmäßigen Vergleichstherapie identifiziert“. Vorgelegt hatte der pharmazeutische Unternehmer zwar zwei Studien, in denen verschiedene Dosierungen von Daridorexant mit Placebo sowie mit Placebo oder Zolpidem verglichen wurden. Das IQWiG zeigte sich jedoch mit dem Studiendesign unzufrieden. 

Hauptkritikpunkt: Ob die Proband:innen vor dem Einsatz des Wirkstoffs mit einer kognitiven Verhaltenstherapie behandelt worden waren oder ob diese nicht geeignet gewesen ist, sei nicht angegeben. Das Medikament ist demnach möglicherweise nicht an der Patient:innengruppe geprüft worden, für die es bestimmt ist. 

Weiterhin bewertet das IQWiG die Studiendauer von acht Wochen für ein Arzneimittel, das als Dauertherapie verordnet werden könnte, als zu kurz. Also schlussfolgert das IQWiG: „Da für die Nutzenbewertung keine relevante Studie vorliegt, ergibt sich kein Anhaltspunkt für einen Zusatznutzen von Daridorexant gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie, ein Zusatznutzen ist damit nicht belegt.

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Der weitere Verlauf der Nutzenbewertung sieht nun ein Stellungnahmeverfahren vor, bei dem sich auch der Hersteller nochmals äußern kann. Die Entscheidung des G-BA ist in drei Monaten zu erwarten.


Gesa Gnegel, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (gg)
redaktion@daz.online


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