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- Influenza – Passt sich ...
Der Subtyp H3N8 des Influenza-A-Virus befällt bislang hauptsächlich Vögel. Es gibt allerdings mehrere Fälle infizierter Menschen und auch einen ersten Todesfall. Forschende haben jetzt Fähigkeiten des Subtyps entdeckt, durch die er für den Menschen gefährlich werden könnte.
18 Hämagglutinin- und elf Neuraminidase-Serotypen für das Influenza-A-Virus kennt man bislang. Und der besondere genetische Aufbau des echten Influenza-Virus ermöglicht ihm grundsätzlich jede Kombination dieser beiden essenziellen Hüllproteine mit zahlreichen Funktionen.
Subtypen der Influenza A-Viren werden daher mit ihren Hämagglutinin (H) und Neuraminidase (N)-Serotypen bezeichnet – wie etwa H1N1, der Auslöser der „Spanischen Grippe“ um 1918 und der „Russischen Grippe“ 1977.
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Die H- und N-Serotypen bedingen aber auch grundsätzlich die Wirtsspezifität des Influenza-A-Virus. H 1 bis 16 und N 1 bis 9 können Vögel infizieren, H 17 und 18 sowie N 10 und 11 fanden sich bislang nur bei Fledermäusen. Aber auch für Säugetiere gibt es Spezies-spezifische Influenza-A-Viren – etwa für Schweine, Hunde oder Pferde.
Der Mensch wird bislang von Viren der Serotypen H 1 bis 3, 5, 7 und 9 sowie N 1, 2 und 7 infiziert. Mutationen können jedoch dazu führen, dass künftig auch weitere Serotypen menschliche Wirte infizieren können. Wenn es den Viren darüber hinaus gelingt, von Mensch zu Mensch übertragen zu werden, sind auch Pandemien möglich.
In den Schlagzeilen ist seit einigen Jahren der Influenza-Subtyp H5N1, der bislang nur in Einzelfällen von Mensch zu Mensch übertragen wurde. Dennoch gibt es seit dem Jahr 2003 einige Hundert menschliche Todesfälle. Aktuell machen sich aber eher Naturschützer Sorgen wegen des Virus, da es seit rund drei Jahren immer aggressiver ganze Vogelkolonien auslöscht – und auch Säugetiere wie Robben und Frettchen befällt.
Es gilt seit spätestens 1997 als hochpathogen, infiziert aber im Menschen laut einer 2006 in „Nature“ veröffentlichten Studie „nur“ die Zellen der unteren und nicht die der oberen Atemwege, was erklärt, weshalb es kaum von Mensch zu Mensch übertragen wird.
Erster menschlicher H3N8-Todesfall im April 2023
Indes macht eine weiteres „Vogelgrippe-Virus“ (was eine sehr ungenaue Bezeichnung ist) von sich Reden. H3N8 könnte nämlich laut einer im Fachmagazin „Cell“ im September 2023 veröffentlichten Studie auf dem Weg sein, sich an den Menschen als Wirt anzupassen. Einen ersten menschlichen Todesfall mit dem Erreger verzeichnete die Weltgesundheitsorganisation WHO im April 2023 in China. Die Verstorbene war der dritte verzeichnete Fall einer Infektion mit Influenza A H3N8. In Geflügelbeständen in China ist der Erreger allerdings weitverbreitet.
Die chinesischen und britischen Forscher von der China Agricultural University in Peking und von der University of Nottingham im britischen Loughborough konnten nun zeigen, dass das Virus Potenzial hat, für den Menschen noch gefährlicher zu werden. Ihre Untersuchungen bestätigten, dass es sich zwischen Frettchen durch die Luft per Tröpfchen-Infektion übertragen lässt.
Die im Experiment eingesetzten Viren hatten sie dabei aus den wenigen infizierten menschlichen Fällen isoliert. Beide Isolate vermehrten sich im Labor gut in menschlichem Lungen-Epithel-Gewebe. Die Fähigkeit der Luftübertragung hatte nur eines der beiden Isolate, das andere infizierte nur bei direktem Kontakt. Für die Luftübertragung machten die Forscher die konkrete Mutation PB2-E627K als essenziell aus. PB2 steht dabei für das Polymerase-Protein B2 des Virus.
Aktuelle Influenza-Impfung würde nicht vor H3N8 schützen
Außerdem stellten die Forscher fest, dass eine Impfung gegen den verwandten humanpathogenen Subtyp H3N2 nicht vor einer Infektion mit H3N8 schützt. Dieser Subtyp ist in der aktuellen Influenza-Impfung unter anderem enthalten.
„Wir konnten nachweisen, dass sich ein Vogel-H3N8-Virus, das von einem Patienten mit schwerer Lungenentzündung isoliert wurde, effizient in menschlichen Bronchial- und Lungenepithelzellen repliziert, bei Laborsäugetierwirten äußerst schädlich wirkt und über Atemtropfen übertragen werden kann“, fasst der an der Studie beteiligte Forscher Kin-Chow Chang, Professor an der Universität Nottingham, zusammen.
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Das Virus habe durch Mutation die Fähigkeit erlangt, bevorzugt an menschliche Rezeptoren zu binden. Allerdings gibt es auch eine vorerst gute Nachricht der Forscher: Das Hämagglutinin-Protein des Virus ist im Vergleich zu anderen Serotypen säurelabil, was zu einer schnelleren Inaktivierung des Virus in der Umgebungsluft beiträgt. „Die Säureresistenz des Influenzavirus ist auch eine wichtige Barriere, die das Vogelgrippevirus überwinden muss, um sich an neue Säugetiere oder den Menschen anpassen und übertragen zu können. Das aktuelle neue H3N8-Virus hat die Säureresistenz noch nicht erworben. Daher sollten wir die Entwicklung der Säureresistenz des neuen H3N8-Virus im Auge behalten“, erklärt Professor Jinhua Liu von der China Agricultural University in Peking.
Literatur
RKI-Ratgeber, Influenza, Stand 2018, Robert Koch-Institut, (https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Influenza_saisonal.html)
Shinya K et al. Influenza virus receptors in the human airway. Nature 2006;440:435–436. https://doi.org/10.1038/440435a
Honglei Sun et al., Airborne transmission of human-isolated avian H3N8 influenza virus between ferrets. Cell 2023;186(19):P4074-4084. E11. https://doi.org/10.1016/j.cell.2023.08.011
Avian Influenza A(H3N8) - China, WHO, April 2023, https://www.who.int/emergencies/disease-outbreak-news/item/2023-DON456
Bird flu is undergoing changes that could increase the risk of widespread human transmission, University of Nottingham, 4. September 2023, https://www.nottingham.ac.uk/news/bird-flu-human-transmission
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