CVUA Karlsruhe

Schnellwirksames Insulin glulisin in gefälschten Ozempic-Pens nachgewiesen

Stuttgart - 29.11.2023, 13:45 Uhr

Ozempic-Fälschung, Apidra-Fertigpen, Ozempic-Fertigpen. (Foto: CVUA Karlsruhe)

Ozempic-Fälschung, Apidra-Fertigpen, Ozempic-Fertigpen. (Foto: CVUA Karlsruhe)


Schon seit 7. November ist offiziell bestätigt, dass in einigen der in den Umlauf gelangten Ozempic-Fälschungen Insulin statt Semaglutid enthalten ist. Das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) Karlsruhe hat nun weitere Details zu seinen Untersuchungen veröffentlicht. Demnach handelt es sich bei den analysierten Fälschungen aller Wahrscheinlichkeit nach um umetikettierte Apidra-Pens.

Am 7. November bestätigte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), dass in den derzeit im Umlauf befindlichen Ozempic®-Fälschungen Insulin statt Semaglutid enthalten ist. Das BfArM berief sich dabei auf Ergebnisse des deutschen amtlichen Untersuchungslabors Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) Karlsruhe. 

Am 10. November hieß es dann ergänzend, dass Untersuchungen von Novo Nordisk ergeben hätten, „dass sich in beschlagnahmten Sekundärverpackungen der bisher verifizierten Fälschung (Seriennummer: 1946483405690 der Charge: MP5E511, Verfalldatum: 07/2025) weitere vermutlich umetikettierte Insulinpens befunden haben“. Es wurde zur Identifizierung der Fälschungen ein weiteres Foto zur Verfügung gestellt, auf dem nun auch ein Pen in einem noch dunkleren blau zu sehen ist. Zumindest zu den zuerst aufgetauchten Ozempic®-Fälschungen (helleres Blau) hat das CVUA Karlsruhe am 22. November genauere Untersuchungsergebnisse veröffentlicht. 

Abbildungen von Original und Fälschungen des Arzneimittels Ozempic®. (Copyright Novo Nordisk)

Bereits zu Beginn der Analysen habe der Verdacht beim CVUA nahegelegen, dass es sich bei den Fälschungen um umetikettierte Insulinpens handeln könnte. Der Grund war die optische Ähnlichkeit zum Insulinpen Apidra®-Solostar [1]. In diesem ist das rekombinante Humaninsulinanalogon Insulin glulisin enthalten. Dieses verfügt laut Fachinformation „im Vergleich zu humanem Normalinsulin über einen schnelleren Wirkungseintritt und eine kürzere Wirkdauer“ [2]. Das CVUA Karlsruhe erklärt dazu: „Schnell wirkende Insuline können eine akute Unterzuckerung verursachen. Bei starker Fehldosierung kann es zu einem lebensbedrohlichen Koma kommen, da dem Körper kein Zucker mehr für den Zellstoffwechsel zur Verfügung steht“ [1].

Mittels Flüssigchromatographie gekoppelt mit hochauflösender Massenspektrometrie (LC-HRMS) sowie mittels Kernspinresonanzspektroskopie (NMR) hat das CVUA Karlsruhe seinen Verdacht schließlich bestätigt. Es zeigte sich nicht nur, dass in den verdächtigten Pens kein Semaglutid und stattdessen Insulin glulisin enthalten ist. Sondern auch die „in Apidra® Solostar enthaltenen Hilfsstoffe Kresol und Trometamol wurden in den Verdachtsproben in vergleichbaren Mengen wie im Original-Fertigarzneimittel nachgewiesen“. Dies geschah durch Protonen-Kernspinresonanzspektroskopie (H-NMR-Spektroskopie). 

In Ozempic® sind Kresol und Trometamol gar nicht enthalten. Die Hilfsstoffe Phenol und Propylenglykol sind wiederum in Ozempic®®, nicht aber in Apidra® enthalten. Letztere konnten in den Proben aber nicht nachgewiesen werden. Insgesamt konnte keine Übereinstimmung zwischen der Verdachtsprobe und einer authentischen Ozempic®-Probe festgestellt werden [2].

Wie aktuell die Zeitschrift „Forbes“ berichtet, bereiten Ozempic®-Fälschungen weltweit Probleme. So soll es nun im Libanon zu elf Hypoglykämie-Fällen in Zusammenhang mit wahrscheinlich gefälschtem Ozempic® gekommen sein. In den USA konnte schon früher in diesem Jahr in manchen Ozempic®-Fälschungen Insulin glargin nachgewiesen werden [4]. Anders als Insulin glulisin gehört Insulin glargin zu den langwirksamen Insulin-Analoga.

Das CVUA Karlsruhe betont nun, wie zuvor andere Behörden: „Die Verwendung von gefälschten Ozempic®-Pens kann für Patientinnen und Patienten lebensbedrohlich sein. Daher dürfen nur Produkte verwendet werden, die auf Rezept über legale Vertriebswege bezogen wurden. Bei Verdacht auf gefälschte Ozempic®-Pens wenden Sie sich bitte unbedingt an eine Apotheke. [1]“ 

Literatur 

[1] Mitteilung der Fachbereiche Arzneimittel, kosmetische Mittel und NMR des CVUA Karlsruhe. Ozempic® – die Diabetesspritze, die auch als „Schlankheitsmittel“ verwendet wird. Fälschungsverdacht nun auch analytisch bestätigt. Stand 22.11.2023, www.ua-bw.de/pub/beitrag.asp?subid=2&Thema_ID=13&ID=3896&lang=DE&Pdf=No

[2] Fachinformation Apidra® von Sanofi, Stand Juli 2020_2, www.fachinfo.de/

[3] Folk Z. Counterfeit Ozempic Likely Caused 11 Cases Of Hypoglycemia In Lebanon. Forbes 28.11.2023, www.forbes.com/sites/zacharyfolk/2023/11/28/counterfeit-ozempic-likely-caused-11-cases-of-hypoglycemia-in-lebanon/

[4] Mitteilung von Novo Nordisk. Novo Nordisk warns of counterfeit Ozempic® (semaglutide injection) pen found in US. Stand 16. Juni 2023, www.novonordisk-us.com/media/news-archive/news-details.html?id=166119


Deutsche Apotheker Zeitung / dm
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