Analyse zur Skonto-Entscheidung

Ein weiterer Schritt zu weniger Rabatt

09.02.2024, 17:31 Uhr

(Foto: polesnoy /AdobeStock)

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Zum Skonto-Streit gibt es eine neue Entscheidung. Der Spielraum für Einkaufsvergünstigungen droht erneut zu schrumpfen. Das wirkt direkt auf das Betriebsergebnis der Apotheken. Das Ausmaß der Belastung wird vor allem von der juristischen Bewertung, aber auch vom bisherigen Einkaufsverhalten der jeweiligen Apotheke und den Reaktionen des Großhandels abhängen. Doch es gibt nun noch einen Grund mehr, das Apothekenhonorar an neue Rahmenbedingungen anzupassen, stellt DAZ-Redakteur Thomas Müller-Bohn in einer Analyse fest.

Der Bundesgerichtshof hat die Revision im jüngsten Fall zum Skonto-Streit zurückgewiesen. Demnach sind Skonti eines Importeurs nur im Rahmen des 3,15-prozentigen Großhandelszuschlags gemäß Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) zulässig. Formal gilt das nur für die Parteien des Rechtsstreits. Inwieweit andere betroffen sind, wird auch von der Urteilsbegründung abhängen. In den ersten Reaktionen gehen die meisten Beobachter allerdings davon aus, dass künftig für Rx-Arzneimittel über den 3,15-prozentigen Großhandelszuschlag hinaus keine Einkaufsvergünstigungen mehr möglich sind.

Alte und neue juristische Fragen

Über den Spielraum der AMPreisV für Einkaufsvergünstigungen wird schon lange gestritten. Die zentralen Fragen waren bisher: Wie viel Rabatt ist zulässig? Zählen Skonti dabei mit? Müssen „echte“ und „unechte“ Skonti unterschieden werden? Im Verlauf dieses Streits hatte eine frühere höchstrichterliche Entscheidung sogar zu einer Umformulierung der AMPreisV geführt. Auf der Grundlage der neuen Fassung wurde nun entschieden. Da es dabei um ein Skonto eines Importeurs geht, ist nun zu fragen: Gilt das auch für vollversorgende Großhändler? Was ist mit anderen Nachlässen als Skonti? Rechtsanwalt Morton Douglas sieht dort noch viele Fragen, erklärte er gegenüber der DAZ. Stehen also weitere jahrelange Verfahren bevor?

Lange Geschichte der Rabattbeschränkungen fortgesetzt

Wirtschaftlich ist die BGH-Entscheidung ein weiterer Schritt in einer langen Folge von Beschränkungen der Einkaufsnachlässe für Rx-Arzneimittel. Es begann mit Beschränkungen von Rabatten, die zusätzliche Schärfe gewannen, als die Preisbildung auf Großhandelsebene umgestellt wurde. Der Streit über die Zulässigkeit von Skonti führte faktisch zu einer Begrenzung auf „echte“ Skonti. Jetzt wird die Grenze noch enger gefasst, auch wenn das Ausmaß der Folgen noch offen ist. Alle diese Maßnahmen haben die Einkaufsvergünstigungen und damit die Erträge der Apotheken reduziert.

Als die Zuschläge für das 2004 eingeführte Kombimodell bemessen wurden, waren noch ganz andere Rabatte üblich, die heute unzulässig wären. Dass diese Ertragsquelle der Apotheken so stark begrenzt wurde, gehört also auf die lange Liste der Gründe, weshalb die Honorierung der Apotheken nach 20 Jahren endlich wesentlich erhöht werden muss.

Kompensationschance beim klassischen Großhandel

Doch was würde die jüngste BGH-Entscheidung für die Wirtschaftlichkeit der Apotheken bedeuten, wenn sie auf alle Großhändler und alle Einkaufsvergünstigungen zu übertragen ist? Die Antwort ist vielschichtig. Vordergründig lässt sich mit Zahlen für 2022 so rechnen: Eine Durchschnittsapotheke mit 3,225 Millionen Euro Umsatz, 2,53 Millionen Euro Wareneinsatz und 83 Prozent Anteil von Rx-Arzneimitteln, gibt für diese Produkte 2,1 Millionen Euro im Einkauf aus. Jeder verlorene Prozentpunkt Marge darauf kostet die Apotheke 21.000 Euro Betriebsergebnis. Denn die Einbuße schlägt voll durch, weil es für entgangene Einkaufsvergütungen keine Kompensation gibt. Wie viele Rx-Arzneimittel mit wie viel Prozent Vergünstigung über der nun geltenden Grenze bisher eingekauft wurden, dürfte sich zwischen den Apotheken erheblich unterscheiden. Zu bedenken ist auch, dass der OTC-Bereich hier nicht berührt wird. Die Betroffenheit lässt sich also nur individuell ermitteln.

Soweit zur unmittelbaren Konsequenz bei der Skontoberechnung – das ist aber nur der erste Schritt. Es müssen auch die weiteren wirtschaftlichen Folgen bedacht werden. Der Großhandelsverband Phagro positioniert sich schon lange gegen hohe Rabatte, die die Leistungsfähigkeit des Großhandels aushöhlen könnten. Aufgrund der eigenen wirtschaftlichen Betroffenheit haben die vollversorgenden Großhändler mit ihren flächendeckenden Filialnetzen seit Jahren mit viel Fantasie immer mehr Zuschläge und Gebühren eingeführt, die Rabatte und Skonti teilweise aushöhlen. Da die BGH-Entscheidung an der Kostensituation des Großhandels nichts ändert, sollte dort künftig der gleiche Betrag für Nachlässe zur Verfügung stehen wie bisher. Wenn Rabatte und Skonti begrenzt werden, könnten im Gegenzug Zuschläge und Gebühren wegfallen. Das würde die Einbußen der Apotheken relativieren und die Großhandelsrechnungen vermutlich sogar übersichtlicher machen.

Maximaler Nachteil bei hohen Skonti

Ganz anders sieht es beim Bezug von Großhändlern und Importeuren mit speziellen Geschäftsmodellen aus. Beispielsweise der Großhändler AEP bietet statt eines flächendeckenden Filialnetzes Konditionen mit beachtlichen Skonti. Darum wurde AEP bei einem früheren Rechtsstreit zum Skonto beklagt. Wenn die jüngste BGH-Entscheidung auf diesen Fall übertragbar sein sollte, wären die kreativen Reaktionen der betroffenen Großhändler mit Spannung zu erwarten. Die betroffenen Apotheken könnten hier beachtliche Einbußen erleiden. Es gilt die oben vorgestellte Rechnung – angewendet auf die diesbezüglichen Einkäufe. Wenn eine durchschnittliche Apotheke 20 Prozent ihres Rx-Einkaufes zu solchen Konditionen bezogen hat und dabei zwei Prozentpunkte Skonto oberhalb der nun gesetzten Grenze erhalten hat, ginge es allein bei diesem Geschäft um 8.400 Euro Einbuße pro Jahr. Die lange Liste der wirtschaftlichen Belastungen der Apotheken würde damit um einen wesentlichen Punkt erweitert. Nach den vielen Erschwernissen der vorigen Jahre kann jeder zusätzliche Aspekt der entscheidende Punkt sein, der eine Apotheke letztlich unrentabel macht und sie ruinieren kann.

Mögliche Unsicherheit bei Hochpreisern

Dies alles bezieht sich auf die Wirtschaftlichkeit der Apotheken insgesamt. Doch es stellt sich auch die Frage nach speziellen Folgen für einzelne Produkte, insbesondere für Hochpreiser. Bei diesen ist der Großhandelszuschlag gedeckelt. Demnach wären hier künftig auch nur minimale Einkaufsvergünstigungen zulässig, die praktischerweise nach absoluten Beträgen zu bemessen sind. Mehr gibt es hier wohl schon bisher auf Großhandelsebene nicht. Doch könnten sich Konsequenzen für Direktgeschäfte ergeben, falls dort Skonti gewährt werden. Das wird eher wenige Apotheke betreffen. Doch die Wirtschaftlichkeit bei Hochpreisern hängt an jedem Zehntelprozentpunkt Marge. Daher wird sorgfältig zu beobachten sein, ob hier nicht gerade die Apotheken getroffen werden, die eine stabile Versorgung mit Hochpreisern bieten. So werden sich einige Konsequenzen aus der jüngsten Entscheidung erst in der Praxis zeigen – und vor allem werden sie von der genauen juristischen Interpretation abhängen. Damit bleibt zwar noch offen, wie stark die Apotheken belastet werden – aber enger wird es auf jeden Fall. Darum gibt es nun einen weiteren Grund, die Honorierung der Apotheken insgesamt an die im Laufe von Jahren veränderten Rahmenbedingungen anzupassen.


Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Honorarfestlegung

von Frank Zacharias am 09.02.2024 um 20:36 Uhr

Ich möchte einmal einen Blick zurück in das Jahr 2004 werfen. Damals wurde das Packungshonorar auf Basis der Zahlen des Jahres 2002 festgelegt. Dabei wurde berücksichtigt, dass die Apotheken Rabatte des Großhandels bekommen. Damals gab es 8-10% auf Rx und 20% auf OTC! Deshalb wurde das Honorar nicht höher festgelegt, weil diese Einkünfte angerechnet wurden.Wenn man das auch in das Honorar einrechnet, dass es heute nur noch 3% zzgl Skonto gibt, müsste das Honorar bei mindestens 15€ stehen. Es ist eine Schande. Im übrigen ist weder SPD, CDU/CSU , Grüne und FDP unschuldig. Alle haben seit dem mitregiert und sich am kaputtsparen aktiv beteiligt.
Schämt Euch, eure Diäten sind immer gestiegen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Honorarfestlegung

von Rsinet W. am 10.02.2024 um 10:10 Uhr

Bedenken Sie dabei, dass es bei der damaligen Festlegung keine Rabattvertrâge, kein QMS, kein Securpharm und keine Lieferengpässe gab und der Aufwand pro Packung nur einen Bruchteil des heutigen Aufwands betrug.

Unsere Standesvertretung hat 20 Jahre verschlafen. ich weiß nicht, ob dieser Rückstand noch aufzuholen ist, und wenn, hat er bereits tausende Existenzen gekostet und wird noch viele mehr kosten.

Karstadt wurde mehrfach "gerettet", obwohl das Geschäftsmodell bereits gescheitert war. Bei den Apotheken wird ein ganzer Geschäftszweig von funktionierenden, mittelständischen Unternehmen zerstört weil die Regierung während der Zeit der höchsten Inflation seit bestehen der BRD die Vergütung massiv kürzt.

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