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Kommentar zum aktuellen Umgang mit den Eckpunkten des BMG
Apotheken brauchen mehr Geld – und Ruhe beim Kassenabschlag
Die Eckpunkte zur Apothekenreform stehen im Raum, aber wie soll die Berufspolitik damit umgehen? Für DAZ-Wirtschaftsexperte Dr. Thomas Müller-Bohn muss die Forderung nach mehr Geld im Mittelpunkt bleiben. Doch er warnt in einem Kommentar davor, den Kassenabschlag in Frage zu stellen. Denn die damit verbundene Zahlungsfrist ist eine Säule des Systems. Anregungen aus einem neuen Diskussionspapier könnten hingegen hilfreich sein.
Wie soll die Apothekerschaft mit den Eckpunkten des Bundesgesundheitsministeriums für die geplante Apothekenreform umgehen? Das ist derzeit die Kernfrage, mit der sich die Berufspolitik auf allen Ebenen beschäftigt. Die ABDA hält sich mit öffentlichen Äußerungen zurück, um die Suche nach einem Weg nicht zu belasten, aber vielleicht ist gerade dieses Vakuum eher eine Belastung.
Schleswig-Holsteins Kammerpräsident Kai Christiansen hat nun bekräftigt, dass die ABDA zu ihrer bekannten Forderung nach zwölf Euro Rx-Festzuschlag steht. ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening hatte nach dem Skonto-Urteil „Sofortmaßnahmen“ für die Apotheken gefordert. Darum darf natürlich auch darüber nachgedacht werden, was andere Honorarmaßnahmen bringen würden.
Jeder Cent beim Honorar zählt
Die Bewertung von zusätzlichen Honoraren ist einfach. Um zukunftsfähig zu werden, brauchen die Apotheken die geforderten zwölf Euro. Doch jeder Cent mehr Honorar ist ein Vorteil gegenüber dem Ist-Zustand. Dabei ist zweitrangig, ob dieser über den Festzuschlag, den Notdienstfonds oder eine neu zu konzipierende Pauschalzahlung an alle Apotheken fließt. Jede Variante hilft unterschiedlichen Apotheken mehr oder weniger, aber alle Varianten würden dem System helfen. Das gilt sogar für einen wie auch immer gestalteten Zuschlag für dünn besiedelte Räume, auch wenn der nur bei wenigen Apotheken ankäme und langen Streit über die angemessene Verteilung bringen könnte. Hier gilt: Jeder Cent zählt.
Kassenabschlag ist unabdingbar für Finanzierung
An einer Stelle gilt das aber nicht: beim Kassenabschlag. Natürlich muss der Kassenabschlag wieder sinken. Die 1,77 Euro hatten sich eingespielt und an dieser Baustelle für erfreuliche Ruhe zwischen Apotheken und Kassen gesorgt. Es darf natürlich gerne etwas weniger sein, aber grundsätzlich wird der Kassenabschlag als systemtragende Komponente gebraucht. Denn er sichert, dass die Krankenkassen innerhalb von zehn Tagen zahlen.
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Obwohl die hoch regulierten Apotheken unter sehr vielen Nachteilen leiden, ist das ein wirklich bedeutsamer Vorteil gegenüber dem „normalen“ Wirtschaftsleben. Gemäß § 286 BGB tritt nach 30 Tagen Zahlungsverzug ein. Doch bis das erfasst wird und der Zahlungsempfänger mahnt, dauert es immer noch etwas.
Außerdem wissen die Apotheker, wie erfindungsreich die Krankenkassen sind. Solange noch ein formales Detail umstritten ist, könnte die Zahlung für die betreffenden Rezepte hinausgezögert werden. Derzeit geht das alles nicht. Denn ein höchstrichterliches Urteil, das der Hamburger Apothekerverein vor Jahren erstritten hat, stellt eindeutig klar, dass der Kassenabschlag für eine Monatsrechnung komplett entfällt, wenn die Kasse nicht den gesamten Betrag pünktlich zahlt.
Unverzichtbare tragende Säulen
Die Regeln zum Kassenabschlag und dieses Urteil sind insbesondere in Zeiten der Hochpreiser unverzichtbare tragende Säulen für die Finanzierung der Arzneimittelversorgung. Mit den steigenden Zinsen ist diese Finanzierung für viele Apotheken schon jetzt ein Nadelöhr und für manche das Ende, aber ohne diese Regeln würde eine unbeherrschbare Insolvenzwelle losgetreten.
Christiansen hat auch auf dieses Problem aufmerksam gemacht. Die ABDA wird dies also berücksichtigen. Es geht hier anders als beim Honorar nicht um jeden Cent, sondern um ein Funktionsprinzip des Systems. Wirtschaftlich gesehen ist dies ein Thema der Liquidität. Die bekannten Forderungen der ABDA betreffen dagegen die Rentabilität. Das sollte sauber getrennt werden.
Neues Diskussionspapier – teils gut, teils für übermorgen
Soweit zu den inhaltlichen Reaktionen auf die Eckpunkte. Eine ganz andere Frage betrifft das Gesprächsklima. In einem neuen Diskussionspapier werden vielfältige Aspekte für weitere Reformschritte aufgeworfen. Wahrscheinlich ist das die Folge des eingangs konstatierten Vakuums in der berufsöffentlichen Diskussion der Eckpunkte. Die Autoren möchten damit „neue Wege“ gehen und für ein „besseres Gesprächsklima“ sorgen, hieß es bei der Kammerversammlung in Schleswig-Holstein.
Das klingt gut, und das erscheint als hilfreicher Ansatz, soweit es um Aspekte aus dem Eckpunktepapier geht. Denn aus den Gesprächen mit Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) wird berichtet, dass er nur über seine Punkte reden möchte. Demnach hätten andere Themen dort ohnehin keine Chance. Sie könnten Anregungen für künftige Debatten innerhalb der Berufspolitik sein, sind dann aber eher interessant für übermorgen.
Relevant ist selbstverständlich das Thema Honorar, das auch im Diskussionspapier vorkommt, allerdings ohne klare Positionierung. Denn solange für viele Apotheken die wirtschaftliche Existenzfrage im Mittelpunkt steht, erübrigen sich alle anderen Themen zwangsläufig. Am Ende gilt auch für dieses Diskussionspapier: Die Apotheken brauchen mehr Geld. Konstruktive Ansätze dafür sind willkommen – und hier zählt wieder jeder Cent.
6 Kommentare
Andere Welten - andere Rechnungen
von Dr. Thomas Müller-Bohn am 23.02.2024 um 17:11 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
nicht nur Skonto
von Dr. Thomas Müller-Bohn am 23.02.2024 um 12:36 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten
AW: nicht nur Skonto
von Dominik Klahn am 23.02.2024 um 12:47 Uhr
AW: nicht nur Skonto
von Peter am 23.02.2024 um 15:04 Uhr
Kassenrabatt ....
von Reinhard Herzog am 23.02.2024 um 11:24 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Kassenrabatt
von Dominik Klahn am 23.02.2024 um 12:24 Uhr
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