Digitalgesetz und Gesundheitsdatennutzungsgesetz verkündet

Digitalisierungs-Gesetze können in Kraft treten

Berlin - 25.03.2024, 17:14 Uhr

Das Leistungsspektrum der Apotheken soll nochmals ausgedehnt werden. Ab kommenden Jahr können sie auch Maßnahmen der assistierten Telemedizin anbieten. (Foto: Schelbert)

Das Leistungsspektrum der Apotheken soll nochmals ausgedehnt werden. Ab kommenden Jahr können sie auch Maßnahmen der assistierten Telemedizin anbieten. (Foto: Schelbert)


Mehr als sieben Wochen sind vergangen, seit der Bundesrat die beiden vom Bundesgesundheitsminister initiierten Digitalisierungsgesetze hat passieren lassen. Am morgigen Dienstag treten sie endlich in Kraft. Damit sind auch neue Fristen in Gang gesetzt – zum Beispiel mit Blick auf die assistierte Telemedizin in Apotheken.

Es kommt immer wieder vor, dass ein Gesetz in trockenen Tüchern scheint, es dann aber doch dauert, ehe es in Kraft tritt. So war es auch beim Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens (Digitalgesetz) und dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG). Bereits am 2. Februar hatte der Bundesrat die beiden Gesetze, mit denen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) den Digitalisierungs-Turbo zünden will, passieren lassen. Doch erst diesen Montag wurden sie im Bundesgesetzblatt verkündet und können damit am Dienstag, dem 26. März in Kraft treten.

Opt-out-ePA kann kommen

Auf eine Reihe neuer Startdaten konnte man sich schon vorher einstellen. So sind die Krankenkassen ab dem 15. Januar 2025 verpflichtet, jedem Versicherten, der nach vorheriger Information nicht innerhalb von sechs Wochen widersprochen hat, eine elektronische Patientenakte (ePA) zur Verfügung zu stellen. Wenn es so weit ist, sind Ärzte verpflichtet einen elektronischen Medikationsplan zu erstellen, der sodann von Ärzten wie auch Apotheken zu aktualisieren ist (sofern der Patient dem nicht widersprochen hat).

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Ganz Neues kommt auf Apotheken in Form der assistierten Telemedizin zu: Freiwillig können sie beispielsweise eine Beratung zu telemedizinischen Leistungen anbieten – oder auch die Durchführung einfacher medizinischer Routineaufgaben, um eine ärztliche telemedizinische Untersuchung zu unterstützen. Ebenso können sie ihren Kunden anbieten, ihnen bei der Wahrnehmung ihrer Betroffenenrechte rund um die ePA beiseite zu stehen. Dazu erhalten sie entsprechende Zugriffsmöglichkeiten auf ePA-Daten und können dann zum Beispiel auf Versicherten-Wunsch bestimmte Daten löschen.

Assistierte Telemedizin: Details sind bis 31. März 2025 zu klären

Geregelt sind diese neuen Aufgaben in ihren Grundzügen in einem neuen Absatz 5h des § 129 Sozialgesetzbuch (SGB) V, der mittlerweile einen beachtlichen Umfang hat. Bevor es mit dieser Assistenz losgehen kann, ist allerdings noch einiges zu tun. So müssen Deutscher Apothekerverband (DAV) und GKV-Spitzenverband im Benehmen mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und dem Verband der Privaten Krankenversicherung die konkreten Inhalte der Maßnahmen festlegen, insbesondere zu den räumlichen und technischen Voraussetzungen der Apotheken. Auch Vergütung und Abrechnung der Maßnahmen ist zu klären. Der Gemeinsame Bundesausschuss ist ebenfalls einzubeziehen, um sicherzustellen, dass diese auch evidenzbasiert ausgestaltet sind. Und am Ende ist die Vereinbarung noch dem Bundesgesundheitsministerium vorzulegen. Die Verhandlungspartner müssen sich bis Ende März 2025 einig sein – gelingt dies nicht, entscheidet die Schiedsstelle. Anders sieht es hingegen aus, wenn es um die Hilfe rund um die ePA anbieten – die muss bereits mit Start der ePA,also Mitte Januar 2025, angeboten werden.

Neuerungen rund ums E-Rezept

Noch viel mehr als der für Apotheken zentrale § 129 SGB V wurde § 360 SGB V ausgeweitet – die Norm, die die „elektronische Übermittlung und Verarbeitung vertragsärztlicher elektronischer Verordnungen“ regelt. Hier gibt es nicht nur diverse neue Startdaten für verschiedene E-Rezept-Typen. Es wird auch klargestellt: Das E-Rezept und der E-Rezept-Token dürfen nicht außerhalb der TI bereitgestellt und übermittelt werden – Ausnahmen bestätigen allerdings die Regel. Diese gelten etwa, wenn es um einen Austausch im Filialverbund geht, aber auch unter gewissen Bedingungen für Drittanbieter-Apps, die E-Rezepte direkt an Apotheken übermitteln. Bei letzterem sind vor allem Datenschutzerfordernisse einzuhalten – und es dürfen keine Apotheken(gruppen) bevorzugt werden. Die genaue Auslegung dieser neuen gesetzlichen Anforderungen wird sicherlich noch das eine oder andere Gericht beschäftigen.

Besagter Paragraf wird überdies ergänzt um eine Sanktion für E-Rezept-unwillige Ärzte und Ärztinnen: Wer seiner Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung nicht bis zum 1. Mai nachweist, in der Lage zu sein, E-Rezept für verschreibungspflichtige Arzneimittel auszustellen und zu übermitteln, dem wird die Vergütung pauschal um 1 Prozent gekürzt, bis dieser Nachweis erbracht ist. Krankenhäuser sind bis 1. Januar 2025 von dieser Regelung ausgenommen.

AMTS als Aufgabe der Kassen?

Mit dem GDNG sollen darüber hinaus Gesundheitsdaten für die Forschung erschlossen werden. Dazu wird unter anderem eine dezentrale Gesundheitsdateninfrastruktur mit einer zentralen Datenzugangs- und Koordinierungsstelle für die Nutzung von Gesundheitsdaten aufgebaut. In der Kritik der Apothekerschaft stand im Gesetzgebungsverfahren vor allem eine Bestimmung im Gesetz: So ist es Krankenkassen künftig erlaubt, datengestützte Auswertungen vorzunehmen und ihre Versicherten auf die Ergebnisse dieser Auswertung hinweisen, wenn dies z. B. „der Erkennung von schwerwiegenden Gesundheitsgefährdungen [dient], die durch die Arzneimitteltherapie entstehen können“.

Mieves (SPD): Jetzt sind die Stakehoder am Zug

Nun muss sich zeigen, wie Lauterbachs Turbostrategie in der Praxis zündet. Der Bundestagsabgeordnete und Digital- und Gesundheitspolitiker Matthias Mieves (SPD) kommentierte das Inkrafttreten der beiden Gesetze wie folgt: „Die elektronische Patientenakte funktioniert nur, wenn sie gut befüllt und die Vorteile von allen Beteiligten kommuniziert werden. Die Politik hat geliefert, was Verbände lange gefordert haben. Allen Stakeholdern kann ich nur sagen: Jetzt seid ihr dran."

Zugleich räumt Mieves ein, dass es noch offene Fragen gibt: „Wie entwickeln wir die dezentrale Dateninfrastruktur weiter und welche Potenziale müssen wir noch heben? Wo gibt es Probleme, die von Digital-Agentur, Ministerium und Gesetzgeber geheilt werden können? Wo bei diesen Feldern noch Gesetze im Weg stehen, da gehört der Ball wieder zurück an die Politik, um auch in der nächsten Legislatur die richtig großen Vorhaben anzugehen. Mit dem Medizinforschungsgesetz, dem Digitalagentur-Gesetz und dem Bürokratieabbaugesetz machen wir jetzt schon direkt weiter. Da werden wir uns sicher nicht aus der Verantwortung stehlen.“


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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