BPI-Hauptversammlung

Gesundheitsversorgung – es geht nur gemeinsam

Berlin - 16.05.2024, 13:45 Uhr

BPI-Vorstandschef Oliver Kirst, Alena Buyx, Gabriele Overwiening und Moderator Jörg Thadeusz bei der BPI-Jahrestagung. (Foto: BPI/Kruppa)

BPI-Vorstandschef Oliver Kirst, Alena Buyx, Gabriele Overwiening und Moderator Jörg Thadeusz bei der BPI-Jahrestagung. (Foto: BPI/Kruppa)


Eine starke Gesundheitswirtschaft ist erwünscht – auch von der Politik. Doch für mehr Innovationen und Investitionen müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Zudem: Eine gute Gesundheitsversorgung bedeutet immer auch Zusammenarbeit – für diese warb anlässlich der Hauptversammlung des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie auch die ABDA-Präsidentin.

„Deutschland braucht eine starke Gesundheitswirtschaft“ – davon ist man beim Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) überzeugt. Dass dies auch die Politik so sieht, zeigt nicht nur die vom Bundeskabinett auf den Weg gebrachte Pharmastrategie. Bei der diesjährigen BPI-Hauptversammlung in Berlin verdeutlichten dies auch nochmal führende Vertreter der Regierung und der Opposition. 

Schon am Dienstag sprachen sich bei der Vorabendveranstaltung Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) für einen starken Pharmastandort aus: „Wir müssen die pharmazeutische Industrie, die Forschung aber auch die Mengenproduktion hierzulande hochhalten, um nicht nur unsere Bevölkerung, sondern auch die Weltbevölkerung versorgen zu können“, sagte Habeck. Deutschland sei vielleicht nicht mehr die Apotheke der Welt, aber allemal stark in der pharmazeutischen Industrie. Lauterbach erklärte: „Die Bundesregierung will im Bereich der pharmazeutischen Industrie einen Neuanfang wagen – einen Aufbruch. Und die Pharmastrategie ist hier ein zentraler Baustein.“

Merz: Deutschland ist nicht attraktiv für Innovationen

Am Mittwochvormittag empfing der BPI zudem den CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz. Auch er betonte, dass Deutschland ein wichtiger Pharmastandort bleiben beziehungsweise wieder werden müsse. Es habe eine Verteufelung der Biotechnologie und Gentechnik gegeben, die Innovationen wurden lange Zeit ausgebremst. Mit Blick auf die Arzneimittel-Lieferengpässe sagte Merz, es sei inakzeptabel, dass man abhängig sei von Standorten außerhalb Europas. Es sei ein Alarmsignal, wenn es nur eine Herstellungsstätte für Penicillin in Europa gebe. Ausdrücklich sprach Merz auch die Apotheken an, aus denen ihm einiges zugetragen werde: „Wir müssen in der Europäischen Union dafür sorgen, dass unsere Apotheken ausreichend mit Medikamenten versorgt sind“. Dass er so etwas einmal in Deutschland sagen müsse, hätte er nicht gedacht. 

Overwiening: Vertrauenskultur entwickeln

Auch ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening war zu Gast beim BPI. In einer Gesprächsrunde zusammen mit dem BPI-Vorstandsvorsitzenden Oliver Kirst und der Medizinethikerin Alena Buyx – bis vor Kurzem Vorsitzende des Deutschen Ethikrats – betonte sie erneut, dass vieles, das Apotheken tagtäglich leisten, nicht gesehen werde. Etwa, weil die Menschen gesund sind oder Apotheken eben (noch) so selbstverständlich sind „wie der Strom aus der Steckdose“. Doch sie seien nicht nur ein Ort des sozialen Friedens, sondern auch Treiber vieler digitaler Innovationen. Für die Zukunft der Gesundheitsversorgung liegt der ABDA-Präsidentin vor allem Vertrauen und Zusammenarbeit am Herzen: Lange seien die Beteiligten im Gesundheitswesen im Misstrauen trainiert worden – und die Politik habe sie gegeneinander ausgespielt. Das dürfe nicht mehr sein, sondern es müsse eine Vertrauenskultur entwickelt werden – denn das sei am Ende auch das Beste für die Patientinnen und Patienten. Als Beispiel für eine erfolgreiche vertrauensvolle Zusammenarbeit nannte Overwiening das ARMIN-Projekt in Sachsen und Thüringen. Durch die gemeinsame Stärkung der Therapietreue habe man die Sterblichkeit um 16 Prozent senken können. Die ABDA-Präsidentin warb für eine gemeinsame Initiative, um das Vertrauen zu stärken.

Buyx betonte ebenfalls, wie notwendig es sei, zusammenzuarbeiten, um die Resilienz des Gesundheitssystems zu stärken. Das gelte auch im Bereich der Digitalisierung und Künstlichen Intelligenz. Hier müsse man darauf achten, dass „ethisch gute Anwendungen“ geschaffen werden. Den „Nerds“, die hier Programme schreiben, müsse man dazu sagen, was im Alltag wirklich gebraucht werde – zum Beispiel ein automatisiertes Schreiben von Arztbriefen.

BPI fordert Taten

BPI-Vorstandschef Kirst erwartet nun nach den Bekenntnissen von Habeck, Lauterbach und Merz zur Gesundheitswirtschaft Taten. Die Politik müsse „sichtbar Verantwortung übernehmen“, sagte er. Die Industrie wolle keine Subventionen. Aber um Innovationen und den Standort zu stärken, müssten die Rahmenbedingungen stimmen. Unnötige Bürokratie müsse abgeschafft werden, ebenso Zwangsrabatte. Auch beim seit fast 15 Jahren geltenden Preismoratorium, den diversen Preisregelungen, nicht zuletzt den Rabattverträgen, müsse nachjustiert werden. Kirst: „Was unsere Industrie zudem blockiert, ist das enorme Ausmaß an Bürokratie und Regulierung in Deutschland und Europa. Es wirft uns im internationalen Wettbewerb zurück. Vor zehn Jahren waren wir noch auf Platz 6 der weltweit attraktivsten Standorte, aktuell sind wir auf Platz 22.“

Tag der Gesundheitsversorgung am 13. November

Überdies setzt auch der BPI auf gebündelte Kräfte. Für den 13. November hat er den „Tag der Gesundheitsversorgung“ ausgerufen. Mit allen relevanten Partnern der Gesundheitswirtschaft, Politik und Öffentlichkeit wolle man „den Grundstein für eine bessere Zukunft im Gesundheitswesen legen“. Gemeinsam wolle man Antworten auf zentrale Zukunftsaufgaben finden: Digitalisierung, Fachkräftemangel, demografische Entwicklung, medizinischer Fortschritt, limitierte Budgets. „Das gelingt nur, wenn wir Partikularinteressen und Sektorendenken überwinden, die Dinge ganzheitlich betrachten und Partnerschaften schließen“, so Kirst.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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