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Britische Regierung kooperiert mit Eli Lilly
Abnehmspritzen für mehr Beschäftigung
Die britische Regierung sieht einen Zusammenhang zwischen Übergewicht und Arbeitslosigkeit. Um Menschen mit Adipositas wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren, plant sie deshalb, Abnehmspritzen für Menschen ohne Job zur Verfügung zu stellen. Dafür hat sich die Regierung mit dem Pharmahersteller Eli Lilly zusammengetan.
Im Vereinigten Königreich verursacht Übergewicht jährliche Kosten von über 13 Milliarden Euro für den nationalen Gesundheitsdienst (NHS), teilte der britische Gesundheitsminister Wes Streeting am Dienstag in der Zeitung „Telegraph“ mit: „Unsere immer breiter werdenden Hosenbünde stellen auch eine erhebliche Belastung für unser Gesundheitswesen dar.“ Hinzu kommen Produktionseinbußen infolge von gewichtsbedingter Arbeitsunfähigkeit. Laut dem Nachrichtenportal „BBC“ belaufen sich diese auf 120 Milliarden Euro im Jahr – etwa vier Prozent des Bruttoinlandsproduktes.
Abnehmen für den Arbeitsmarkt
Im Vereinigten Königreich sind aktuell rund 26 Prozent der Erwachsenen fettleibig, 38 Prozent gelten als übergewichtig. Etwa 1,4 Millionen Menschen über 16 Jahren sind als arbeitslos gemeldet, 9,3 Millionen stehen dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung. Streeting zufolge würden Menschen aufgrund von Adipositas-Folgeerkrankungen durchschnittlich vier Tage im Jahr mehr krankgeschrieben. Viele andere seien gezwungen, wegen ihres Übergewichts ihren Job gänzlich aufzugeben.
Deshalb hält es Streeting für sinnvoll, übergewichtige Menschen ohne Job mit Abnehmspritzen zu behandeln, um diese wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Durch die Verhinderung von Folgeerkrankungen könnten Kosten für den NHS gespart und die nationale Wirtschaftsleistung erhöht werden, erhofft sich der britische Gesundheitsminister. Das unterstrich auch Premierminister Keir Starmer am Dienstag gegenüber dem Fernsehsender BBC: „Diese Medikamente könnten für unsere Wirtschaft und für die Gesundheit sehr wichtig sein“.
Eli Lilly finanziert Studie zu Beschäftigungseffekten
Parallel dazu gab die britische Regierung eine Kooperation mit dem US-Pharmaunternehmen Eli Lilly bekannt, das zusammen mit dem dänischen Unternehmen Novo Nordisk zu den wichtigsten Produzenten von Mitteln gegen Adipositas zählt. Eli Lilly plant Investitionen in Höhe von rund 350 Millionen Euro im Vereinigten Königreich. Laut „BBC“ will der Konzern damit sogenannte „Gateway Labs“ finanzieren, in denen die Auswirkungen der Abnehmmittel auf die Beschäftigung untersucht werden sollen.
Mit einer großangelegten Studie im Raum Manchester soll über einen Zeitraum von fünf Jahren geklärt werden, ob die systematische Verabreichung des Abnehmmittels Mounjaro positive Effekte auf die Integration in den Arbeitsmarkt hat. Dabei sollen 3.000 übergewichtige Menschen teilnehmen, die arbeitslos, befristet beschäftigt oder krankgeschrieben sind.
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Der Geschäftsführer von Eli Lilly, Dave A. Ricks zeigte sich erfreut über die Zusammenarbeit mit der Regierung: „Wir begrüßen diese Gelegenheit, mit der britischen Regierung bei der Bekämpfung und Verhütung von Krankheiten zusammenzuarbeiten und die Innovation zu beschleunigen.“
Bisher kann im Vereinigten Königreich Menschen mit starkem Übergewicht Wegovy von Novo Nordisk zur Gewichtsabnahme verschrieben werden, allerdings nur in Kombination mit spezialisierten Abnehmprogrammen, die vom NHS finanziert werden. Mounjaro von Eli Lilly ist noch nicht vom NHS für die Behandlung von Adipositas zugelassen.
Abnehmspritzen auf Kassenkosten auch in Deutschland gefordert
Auch in Deutschland wird darüber diskutiert, Abnehmspritzen, die bisher als „Lifestyle“-Medikament eingestuft werden, von den Kassen zahlen zu lassen. Dafür hatte sich beispielsweise der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion Andrew Ullman ausgesprochen: „Abnehmspritzen sollten nicht als Lifestyle-Medikament betrachtet werden, sondern als Teil eines umfassenden Ansatzes zur Behandlung schwerer Adipositas und zur Verhinderung ihrer Folgeerkrankungen“, sagte Ullmann im April gegenüber dem Handelsblatt. Auch der gesundheitspolitische Sprecher der Union, Tino Sorge, hält es für richtig, Abnehmspritzen zur Bekämpfung kardiovaskulärer Erkrankungen von den Kassen erstatten zu lassen.
Kein Ersatz für gesunde Ernährung und Bewegung
Diese Pläne sind jedoch nicht unumstritten. Die ABDA machte am Dienstag gegenüber der Deutschen Presseagentur klar, dass Arzneimittel nicht als schneller Ersatz für gesunde Ernährung und Bewegung angesehen werden dürfen. Auch Mittel zur Gewichtsreduktion können schwere Nebenwirkungen und Risiken mit sich bringen, dazu zählen laut ABDA „Kopfschmerzen, Übelkeit, Durchfall und Erschöpfung“. Zudem seien die Langzeitfolgen der Abnehmspritzen bisher nicht geklärt.
Und auch im Vereinten Königreich gibt es kritische Stimmen zu den aktuellen Plänen der Regierung. Der ehemalige Gesundheitsminister James Bethell sagte gegenüber der „BBC“, es gehe darum die Prävention zu stärken, das nationale Problem der Fettleibigkeit könne nicht einfach medizinisch behandelt werden.
Zusammenhang zwischen Übergewicht und Beschäftigung bisher ungeklärt
Das Magazin „The New Statesman“ verweist auf Studien, die einen Zusammenhang von Fettleibigkeit und Arbeitslosigkeit belegen. Allerdings zeigten diese lediglich, dass der Verlust des Arbeitsplatzes zu Übergewicht führen kann. Bisher ist nicht geklärt, ob auch in der anderen Richtung ein Zusammenhang besteht, ob also durch Gewichtsverlust die Beschäftigung erhöht werden kann. Ob aus der von Eli Lilly finanzierten Studie gesicherte Erkenntnisse dazu hervorgehen werden, bleibt abzuwarten.
Darüber hinaus sei es falsch, Krankheitsbilder, die in Folge von Arbeitslosigkeit gehäuft auftreten, auf Fettleibigkeit zu reduzieren. Vor allem psychische Erkrankungen und Muskel-Skelett-Probleme spielten hierbei eine Rolle. Die gesundheitlichen Probleme der benachteiligten Gesellschaftsgruppen seien komplex, heißt es, und es sei „höchst unwahrscheinlich“, dass diese „durch eine Spritze gelöst werden könnten.“
An die eigene Nase fassen
Menschen mit Adipositas – auch im Gesundheitswesen wird stigmatisiert!
Kritiker bemängeln auch, dass in den Darstellungen der britischen Regierung stigmatisierende Denkweisen gefördert würden. So würden Faulheit und Fettleibigkeit in einen Topf geworfen. Zudem bestehe, die Gefahr, dass durch die massenhafte Verabreichung der Abnehmmittel eine „Kultur der Abhängigkeit“ gefördert werden könnte. Das hat selbst Gesundheitsminister Streeting zu bedenken gegeben: Die Mittel dürften nicht für kosmetische Zwecke missbraucht werden, sagte er gegenüber „Sky-News“.
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