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Pharmacon Meran 2013
Dosisanpassung bei Leberfunktionsstörungen
In nur wenigen Apotheken werden Leberwerte regelmäßig gemessen. Dabei könnten solche Messungen wichtige Hinweise für eine mögliche Leberschädigung oder Leberfunktionsstörung geben. Das bestätigt auch eine vor Kurzem veröffentlichte Studie, die von der Deutschen Leberstiftung in Zusammenarbeit mit Linda-Apotheken durchgeführt worden ist und bei der in den Apotheken ein Screening auf ALT (Alanin-Aminotransferase) und AST (Aspartat-Aminotransferase) durchgeführt worden ist [1]. Hier konnten bei 16,4% der Frauen und 13% der Männer erhöhte Werte festgestellt werden.
Screening, Diagnose, Verlaufskontrolle
Wichtige Leberwerte gibt Tabelle 1 wieder. Ihr ist auch zu entnehmen, unter welchen Bedingungen Leberwerte erhöht sein können und durch welche Arzneistoffe sie beeinflusst werden. Die Bestimmung von Leberwerten dient vor allem der Diagnose und der Verlaufskontrolle von Lebererkrankungen. Aber auch ein Screening bietet sich an, da sich Lebererkrankungen erst in fortgeschrittenem Stadium bemerkbar machen.
Tab. 1: Wichtige Leberwerte im Plasma [Jaehde U: Abstract Pharmacon Meran 2013; nach 2; 3] | |||
Kurzbezeichnung |
Referenzbereich |
Interpretation |
beeinflussende Arzneistoffe |
ALT (GPT) |
< 19 U/l (♀)
< 23 U/l (♂)
|
stark erhöht bei akutem Leberzelluntergang
leicht erhöht bei chronischen Lebererkrankungen
höhere Leberspezifität von ALT
|
erhöht durch Paracetamol, Diclofenac, Methotrexat, Allopurinol, Amiodaron, Amoxicillin/ Clavulansäure, Haloperidol, Phenytoin, Valproinsäure, antiretrovirale Arzneistoffe u. v. m. |
AST (GOT) |
< 15 U/l (♀)
< 19 U/l (♂)
|
||
GGT (γ-GT) |
4 – 18 U/l (♀)
6 – 28 U/l (♂)
|
erhöht bei Alkoholismus und Cholestase |
erhöht durch enzyminduzierende Arzneistoffe, z. B. Carbamazepin, Benzodiazepine, trizyklische Antidepressiva, Phenytoin, Thiazide |
AP |
35 – 104 U/l (♀)
40 – 129 U/l (♂)
|
erhöht bei Leber- und Gallenerkrankungen, Leber- und Knochen-Tumoren/-Metastasen |
erhöht durch Allopurinol, orale Kontrazeptiva, Lithium, Phenytoin, Verapamil |
Bilirubin (gesamt) |
0,1 – 1,0 mg/dl |
erhöht bei vielen Leber- und Gallenerkrankungen (u. a. Hepatitis, Leberzirrhose, Cholestase) |
siehe ALT/AST |
Albumin |
3,5 – 5,0 g/dl |
erniedrigt bei Hepatitis, Leberzirrhose, Proteinverlust, Mangelernährung u. v. m. |
wichtig bei stark proteingebundenen Arzneistoffen, z. B. Phenytoin, Phenprocoumon |
INR |
0,9 – 1,2 |
erhöht bei Leberzirrhose |
erhöht durch Antikoagulanzien
erniedrigt durch β-Lactam-Antibiotika, Antikonvulsiva
|
Titrieren bei Funktionseinschränkungen
Ist die Leberfunktion eingeschränkt, beispielsweise bei Leberzirrhose, hat dies vor allem Einfluss auf Arzneistoffe mit hoher hepatischer Extraktionsrate (high extraction drugs; Tab. 2).
Tab. 2: High extraction drugs (Beispiele) [Jaehde U: Abstract Pharmacon Meran 2013; nach 4] | |
Analgetika |
Morphin, Pentazocin |
Antianginosa |
Isosorbiddinitrat, Nitroglycerin |
Antidepressiva |
Dibenzepin, Doxepin, Imipramin, Mianserin, Sertralin, Trimipramin, Venlafaxin |
Antihistaminika |
Promethazin |
Antineoplastika und Immunsuppressiva |
Ciclosporin, Mercaptopurin, Tacrolimus |
Antiparkinsonmittel |
Bromocriptin, Selegilin |
Antipsychotika |
Chlorpromazin, Quetiapin, Perphenazin |
Betablocker |
Metoprolol, Propranolol |
Calciumkanalblocker |
Nicardipin, Verapamil |
Hypnosedativa, Anxiolytika |
Buspiron, Clomethiazol, Zaleplon |
Migränetherapeutika |
Sumatriptan |
Phosphodiesterasehemmer |
Sildenafil |
Statine |
Fluvastatin, Lovastatin |
Die Bioverfügbarkeit kann stark erhöht sein, weil bei der ersten Leberpassage weniger Arzneistoff eliminiert wird, der First-pass-Effekt ist also vermindert. Damit steigt bei diesen Arzneistoffen das Risiko für Nebenwirkungen, wenn die Dosis nicht angepasst wird. Allerdings kann anhand der Leberenzymwerte keine Aussage zur Metabolisierungskapazität getroffen werden, so dass diese Werte nicht zur Dosisanpassung herangezogen werden können. Daher sollten high extraction drugs bei eingeschränkter Leberfunktion nach Möglichkeit gemieden werden. Ist das nicht möglich, wird nach dem Prinzip "start low, go slow" mit 25 bis 50% der Normaldosis begonnen und zunächst eine Erhaltungsdosis von 50% angestrebt. Dabei wird die Therapie engmaschig überwacht und die Dosis weiter erhöht, wenn die erwünschte Wirkung noch nicht eingetreten ist und unerwünschte Wirkungen dem nicht entgegenstehen. Bei low extraction drugs beginnt man mit 100% der Normaldosis und reduziert dann schrittweise auf 50%.
Quelle[1] Jüngst C et al.: Z Gastroenterol 2013; 51: P3 14.[2] Rudorf D, Pindur U: Klinische Labordaten. In: Jaehde U, Radziwill R, Kloft C (Hrsg.): Klinische Pharmazie. 3. Aufl. WVG Stuttgart, 2010.[3] Thomas L: Labor und Diagnose. 8. Aufl. TH-Books Verlagsgesellschaft mbH Frankfurt, 2012.[4] Krähenbühl S: Patienten und Organerkrankungen. In: Jaehde U, Radziwill R, Kloft C (Hrsg.): Klinische Pharmazie. 3. Aufl. WVG Stuttgart, 2010.
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