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Management

Grundkurs Apothekenmarketing

Teil 8: Die Marketingstrategie entwickeln

Wir wissen, worauf es beim Marketing ankommt, wir kennen unsere Kunden, unsere Ärzte und unsere Wettbewerber. Außerdem wissen wir, wie die Rezepte und Zusatzumsätze im Non-Rx-Bereich zum Erfolg unserer Apotheke beitragen und wie sie sich nach Kunden-, Indikations- und Warengruppen aufgliedern. Die Ausgangslage unseres relevanten Marktes ist hinreichend bekannt. Wir kennen alle Daten, um zu entscheiden, wie sich unsere Apotheke aufstellen soll, um nachhaltig erfolgreich zu sein. Jetzt kommen wir zur entscheidenden Weichenstellung, nämlich zur Festlegung der Marketingstrategie.

Die Entwicklung der Strategie ist wohl eine der wichtigsten Aufgaben im Rahmen des Apothekenmarketings. Um zu verstehen, was Strategie wirklich bedeutet, wollen wir kurz innehalten und überlegen, was hiermit eigentlich gemeint ist.

Strategie war in früheren Zeiten die Kunst des Feldherrn. Er hatte diese Kunst gegenüber einem oder mehreren Gegnern zu beweisen. Dies geschah vor, während und nach einem bewaffneten Konflikt. Seine Aufgabe war klar: Er musste sicherstellen, dass die Kriegsziele erreicht werden, indem er mit seinen Truppen das Territorium verteidigte oder aber erweiterte und gegnerische Positionen einnahm.

Die Kunst der Strategie stammt also aus dem Kriegshandwerk. Die Kunst des Strategen besteht darin vorauszusehen, wann und wo die Auseinandersetzungen stattfinden, um sich optimal darauf vorzubereiten, die Kräfte entsprechend einzusetzen – und diese Auseinandersetzung zu gewinnen. Es geht darum, zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort das Rich­tige zu tun, um gegenüber einem oder mehreren Gegnern Vorteile zu erzielen. Wenn wir Strategie von Taktik abgrenzen, so fragt die Strategie immer nach der Effektivität, also nach dem „Was“, die Taktik fragt nach dem „Wie“, also der Effizienz.

Konzentration der Kräfte als wichtigster strategischer Grundsatz

Der wohl wichtigste strategische Grundsatz ist die Fokussierung der vorhandenen Kräfte. Der Fokus muss jeweils den vorhandenen Kräften angepasst werden. Je schwächer die eigenen Kräfte sind, umso enger muss der Fokus gezogen werden. Ein konzentrierter Einsatz der Kräfte bedeutet gleichzeitig, dass die Kräfte hier gebunden sind und dass andere Möglichkeiten eben nicht in Betracht kommen. Aber die Konzentration der Kräfte ermöglicht es jedem Unternehmen und jeder Apotheke, zumindest in einem ­definierten Bereich erfolgreich zu sein. Wenn wir strategisch denken, dann ist niemals die absolute Stärke entscheidend. Ausschlaggebend ist immer die relative Stärke, die re­lative Servicequalität, die relative Beratungskompetenz usw. gegenüber dem nächst stärkeren Anbieter.

Dieses strategische Prinzip der Fokussierung kann bei vielen erfolgreich operierenden Unternehmen beobachtet werden. Gerade im Mittelstand, wo häufig finanzielle Mittel begrenzt sind, ist es ein Erfolgsrezept. Das soll uns ein Beispiel außerhalb der Apothekenwelt veranschaulichen: Restaurants befinden sich in einem schwierigen Marktumfeld, insbesondere wenn es sich um Regionen mit wetterabhängigem Saisontourismus handelt. Daher hat sich ein Wirt im oberbayerischen Samerberg eines Tages spezialisiert. Als Entenwirt bietet er ausschließlich Entengerichte an. So ein Fokus ist eine einschneidende, aber wirkungsvolle Konzentration der Kräfte, der im Fall des Entenwirts zu einer stets gut gefüllten Wirtsstube geführt hat.

Die konsequente Fokussierung und der Verzicht auf andere Betätigungsfelder schafft ein klares Profil. Dies bewirkt nach außen eine Steigerung des Bekanntheitsgrades und eine merkliche Ausweitung des Einzugsbereiches. Auf diese Weise wird die Kundenbasis gesichert und deutlich ausgebaut. Gleichzeitig ermöglicht dies nach innen den weiteren Ausbau der Kompetenzen und damit den Ausbau der Vorteile gegenüber dem Wettbewerb.

Die Kompetenzen: Abilities und Assets

Die bewusste Weiterentwicklung von Kompetenzen in der Apotheke ist wichtig, um deren Attraktivität in den Augen der Patienten zu steigern und damit Vorteile gegenüber den Wettbewerbern zu erzielen. Kompetenzen bestehen einerseits aus „Abilities“, also Fähigkeiten, und andererseits aus „Assets“, also besonderen Vorzügen oder Aktivposten der Apotheke. Die „Abilities“ sind immer an Personen gebunden, also an den Apothekenleiter und sein Team. Das sind die pharmazeutische Ausbildung, die durch Zusatzausbildung erworbenen Fähigkeiten und Kenntnisse sowie auch kommunikative Kompetenzen verbunden mit der Empathie für besondere Patientengruppen. Zu den „Assets“ können z. B. der günstige Standort, die nahe gelegene Klinik, besondere Verträge mit den Krankenkassen oder auch der gute Ruf und das Image der Apotheke gehören.

Die Kompetenzen der Apotheke sind die Wurzeln, welche den Kundennutzen der Apotheke entwickeln. Sie sorgen dafür, dass die Leistungen der Apotheke in den Augen der Kunden attraktiv sind. Diese Tatsache wird anschaulich mit dem Bild eines Baumes (siehe Abb. 1). Die Wurzeln des Baumes stellen die Kompetenzen dar, und seine Früchte sind der sich daraus entwickelnde nachhaltige Kundennutzen in Form von unterschiedlichen pharmazeutischen Angeboten und Dienstleistungen.

Benatzky/Institut für Gesundheitswirtschaft

Abb. 1: Kompetenzbaum Von den Wurzeln zu den Früchten.

Die Kompetenzen der Apotheke sollen so aufgestellt sein, dass die daraus entstehenden Angebote die Erwartungen der Kunden erfüllen und möglichst übertreffen. Außerdem sollten sie im Vergleich zu den Kompetenzen der Wettbewerbs-Apotheken relativ stark sein. In dem Maß, wie dies gelingt, spricht man von Kernkompetenzen. Sie stellen „Abilites“ und/oder „Assets“ dar, über die die Wettbewerber nicht oder nicht in dem Maß verfügen.

Benatzky/Institut für Gesundheitswirtschaft

Abb. 2: Das Kompetenzportfolio verdeutlicht die strategische Aufgabe der Kompetenzentwicklung.

Das Kompetenzportfolio (siehe Abb. 2) verdeutlicht die strategische Aufgabe der Kompetenzentwicklung: Kernkompetenzen müssen gepflegt, entwickelt und ausgebaut werden, Kompetenz-Standards kann man outsourcen.

Gegenüber Drogeriemärkten stellen die pharmazeutischen Kompetenzen in diesem Sinn Kernkompetenzen dar. Sie sollten daher unbedingt in allen Apotheken erlebbar gemacht werden. Zwischen den Apotheken herrscht bezüglich der Kompetenzen häufig ein strategisches Patt: Die Kompetenzen sind weitgehend ähnlich, und entsprechend sind keine wesent­lichen Wettbewerbsvorteile erkennbar.

Hier muss ein strategischer Prozess ansetzen. Das Resultat ist dann eine Apotheke, die aufgrund ihrer Kernkompetenzen einen ganz besonderen Kundennutzen bieten kann. Pharmazeutische Betreuung für Diabetiker oder Asthmatiker, Reise- und Impfberatung für Urlauber und vieles mehr. Die Entwicklung von Kernkompetenzen führt unweigerlich zu einem deutlichen Apotheken-Profil. ­Hieran zu arbeiten ist eine permanente strategische Aufgabe. Alles Wissenswerte zum Profil von Apotheken lesen Sie in der nächsten Folge des Grundkurses Apothekenmarketing. |

Prof. Dr. Dieter Benatzky

Prof. Dr. Dieter Benatzky ist Leiter des Instituts für Gesundheitswirtschaft in Bad Endorf und emeritierter Professor für Marketing an der FH Rosenheim

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