Management

Filiale im Fokus

Teil 6: Der Filialleiter als Primus inter Pares

Zur Vorbereitung auf die Rolle, Erster unter Gleichen zu sein, muss sich der Filialleiter bereits im Vorfeld Gedanken machen, wie er vor Ort ein Team bildet und welche rechtlichen Aspekte dabei helfen oder im Wege stehen können. Nur wenn dies vor Beginn der Tätigkeit durchdacht wurde, kann es erfolgreiche Gespräche und Verhandlungen mit dem Inhaber geben. Dieser Beitrag soll auf wichtige Einzelheiten im Bereich des auf den Filialleiter übertragenen Weisungsrechtes und des dennoch beim Inhaber als Arbeitgeber verbleibenden Direktionsrechtes sowie auf Nebenpflichten des Arbeitsverhältnisses hinweisen. Von Iris Borrmann

Ganz zu Beginn steht das bereits in AZ 21 und AZ 25 angesprochene arbeitsrechtliche Instrument des Weisungsrechtes. Die erste Frage „Wer übt die Weisungsrechte gegenüber den Angestellten in der Filialapotheke aus und wie weit geht die Befugnis des Filialleiters?“ hat entscheidende Bedeutung und sollte so detailliert wie möglich geregelt werden.

Gerade die Weisungsbefugnis führt in Filialapotheken häufig zu Streit. Überträgt der Apothekenleiter die Weisungsbefugnis nicht an den Filialleiter oder wird dies den Filialangestellten nicht mitgeteilt und in deren Arbeitsverträge aufgenommen (Stichwort Zusatz oder Ergänzung zum Arbeitsvertrag), kommt es häufig schon bei der Erstellung der Dienstpläne zur ersten Auseinandersetzung zwischen Filialleiter und Filialangestellten.

Die Mitarbeiter, die sich übergangen fühlen oder aber immer anders gearbeitet haben, halten dann erst einmal Rücksprache mit dem Inhaber. Dies ist zwar nicht gerade eine erwachsene und förderungswürdige Eigenschaft. Allerdings „verbrennen“ sich die Angestellten dabei nicht die Finger, da sie immer noch davon ausgehen dürfen, dass auch die alltäglichen Dinge stets der Zustimmung des Inhabers bedürfen.

Für den Filialleiter und auch für den Inhaber ist dies jedoch ärgerlich: Der Inhaber fühlt sich bei seinen anderen Aufgaben gestört und der Filialleiter kann nicht die Position einnehmen, die er zur Leitung einer Apotheke benötigt.

Wichtig ist es daher, bereits im Vorfeld eine Liste aufzustellen mit allen Punkten, bei denen der Filialleiter weisungsbefugt ist. Diese Liste sollte dann den Filial­angestellten – gegebenenfalls auch in schriftlicher Form – mitgeteilt werden.

Inhalte dieser Liste können unter anderem sein:

  • Erstellen von Dienst- und Ver­tretungsplänen,
  • Erstellen bzw. Genehmigen von Urlaubsplänen,
  • Zuweisung von Tätigkeiten (die dem Stellenprofil der Mitarbeiter entsprechen),
  • Einsatzplanung bei bestimmten Aktionen,
  • Anordnung von Überstunden,
  • Führen der Dokumentation von 450-Euro-Kräften,
  • Zuteilung von Notdiensten.
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Wenn von vornherein genau festgelegt ist, für was der Filialleiter weisungsbefugt ist, erleichtert dies seinen Alltag und den der Angestellten ungemein.

Werden die oben genannten Weisungsrechte an den Filialleiter übertragen, muss dieser sich selbstverständlich bei der Ausübung an die arbeitsrechtlichen Vorschriften halten. Dies wiederum setzt voraus, dass er die ­arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Mitarbeiter kennt, was ­datenschutzrechtlich heikel ist und zwingend zwischen Inhaber und Filialleitung geregelt werden muss.

Wenn der Filialleiter nicht weiß, ob der Mitarbeiter überhaupt zur Leistung von Überstunden verpflichtet ist, kann er keine vernünftige Einsatzplanung machen. Dies gilt ebenso für die Höhe des Urlaubsanspruches oder die Festlegung der Dienstzeiten der Mitarbeiter.

Rechtswidrigen Weisungen muss nach Auffassung des 10. Senates des Bundesarbeitsgerichtes nicht Folge geleistet werden (BAG, Beschluss vom 14.06.2017, Aktenzeichen 10 AZR 330/16), sodass die Mitarbeiter ihnen, ohne Konsequenzen zu befürchten, nicht nachkommen müssen.

Weisungsrecht des Inhabers

Aber auch wenn bestimmte Weisungsrechte auf den Filialleiter übertragen werden, heißt das nicht, dass der Inhaber als Arbeitgeber dadurch sein Weisungsrecht gänzlich verliert.

So entstehen möglicherweise ­Probleme, wenn der Inhaber mit knapper Personaldecke arbeitet und immer wieder Angestellte von der Filialapotheke in die Hauptapotheke (oder umgekehrt) versetzt. In diesem Bereich liegt zunächst der Ball im Feld des Inhabers als Arbeitgeber; will er eine „Springermannschaft“ zulassen, muss er für die Arbeitsverträge, die meist eine bestimmte Apotheke als Arbeitsort ausweisen, Änderungskündigungen aussprechen, um die Mitarbeiter an einem weiteren Arbeitsort zu verpflichten. Tut er das nicht, entfallen auf den Mitarbeiter auch keine Verpflichtungen.

Der Arbeitgeber muss ferner aufpassen, dass der Versicherungsschutz der Mitarbeiter sich auch auf den jeweils anderen Arbeitsplatz bezieht. Der Arbeitnehmer, der entsprechende Weisungen erhalten hat, kann hierbei nicht haftbar gemacht werden.

Beruft der Inhaber einen seiner ­Filialangestellten kurzfristig ab und wird so das ganze Dienstplankonzept der Filiale über den Haufen geworfen, gleicht in vielen Fällen der Filialleiter die fehlenden Stunden aus. Dabei sollte er sich zumindest klarmachen, dass niemand über 60 Stunden in der Woche arbeiten muss, auch nicht beim Ausfall anderer Mitarbeiter.

Hier prüfen außerdem die Gewerbeaufsichtsämter gerade bei Kleinbetrieben sehr genau. Steht eine Prüfung ins Haus und das Aufsichtsamt stellt die Überschreitung der Höchstarbeitszeiten oder die Nichteinhaltung von Ruhe- oder Pausenzeiten fest, verhängt es empfindliche Geldbußen für den Inhaber. Dieser sollte daher frühzeitig in Kenntnis gesetzt werden, wenn ein Überschreiten der Grenzen droht.

Nebenpflichten gegenüber Filialangestellten

Mit der Befugnis, bestimmte Rechte gegenüber Angestellten auszuüben, gehen auch diverse Pflichten auf den Filialleiter über. Gemeint ist hier vor allem die etwas altbacken titulierte Fürsorgepflicht. Die Hauptpflichten (wie z. B. die Gehaltszahlung, Abschluss des Vertrages etc.) verbleiben beim ­Inhaber als Arbeitgeber.

Die Fürsorgepflicht gebietet es beispielsweise, für das Leben und die Gesundheit des Arbeitnehmers Sorge zu tragen (§§ 617, 618 BGB). Das beinhaltet auch, geeignete Maßnahmen des Arbeitsschutzes in der Apotheke zu treffen. Dazu muss zwingend eine Gefahren­beurteilung erstellt werden. Die ­Beschäftigung mit dem Arbeitsschutzgesetz, dem Arbeitssicherheitsgesetz und den Unfallver­hütungsvorschriften ist unumgängliche Pflicht des Filialleiters. Diesbezüglich muss ein Gespräch mit dem Inhaber geführt werden. Falls dieser nicht auf die mündliche Ansprache reagiert, sollte der Filialleiter zumindest eine E-Mail absetzen, damit er sich bei einer eventuellen Prüfung exkulpieren kann. Arbeitssicherheitsmaßnahmen kosten immer Geld und/oder Zeit.

Außerdem sollte sichergestellt werden, dass für eine geschützte Aufbewahrungsmöglichkeit für Eigentum, das der Arbeitnehmer in den Betrieb mitbringt, gesorgt ist. Bei Verlust oder Zerstörung von Eigentum des Mitarbeiters können ansonsten Schadensersatzansprüche das Klima vergiften.

Nicht zuletzt ist auch von der Filialleitung der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz zu berücksichtigen. Bereits bei der Erstellung des Dienstplanes ist darauf zu achten, dass nicht immer ein und derselbe Mitarbeiter den unbeliebten Samstagsdienst oder die Nachtdienste vor Feiertagen erhält. Sorgfältig davon zu unterscheiden ist, wenn einer Mitarbeiterin aus familiären Gründen gestattet wird, meistens vormittags ihre Arbeitsleistung zu erbringen, da sie auch noch einen Kindererziehungsauftrag hat.

Prämien für die Mitarbeiter

Zum Schluss noch ein Tipp zur ­effektiven Teambildung: Wenn ein Filialleiter eine Gewinn- oder Erfolgsbeteiligung mit dem Inhaber vereinbaren konnte, tut er gut daran, diese so großzügig auszuhandeln, dass er im Erfolgsfalle auch einen Anteil an die Angestellten auskehren kann. Alternativ hat er die Möglichkeit, einen gewissen Prozentsatz für die Angestellten in der Filialapotheke mit zu verhandeln. Denn der Erfolg stellt sich bekanntlich nur dann ein, wenn auch das Team am selben Strang zieht. |

Iris Borrmann, Rechtsanwältin

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