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Corona-Ticker

Neuigkeiten zu SARS-CoV-2 in Kürze

mab | Seitdem der Ausbruch des Coronavirus in Wuhan/China bekannt geworden ist und sich zu einer Pandemie ausgeweitet hat, überschlagen sich die Meldungen. Täglich ergeben sich neue Erkenntnisse zu Übertragung, Verlauf und Behandlungsoptionen des Virus.

Wir sichten regelmäßig die Informationsflut und haben wichtige Mitteilungen und neue Erkenntnisse der letzten Wochen zusammengefasst:

Hochinfektiöse Babys?

Grafiken: GEMINI – stock.adobe.com

Kinder weisen tendenziell mildere COVID-19-Verläufe auf als Erwachsene. Daher können sie möglicherweise unerkannt Virusträger sein und dabei andere Menschen mit dem Virus infizieren. Eine kleine amerikanische Fallserie hat sich speziell mit SARS-CoV-2 infizierte Säuglinge angeschaut und deren Viruslast untersucht. Von 171 Kindern, die jünger als 90 Tage alt waren, wurden 18 positiv auf das Coronavirus getestet. Die Hälfte davon wurde stationär aufgenommen, eines der Kinder hatte einen Harnwegsinfekt. Die meisten Säuglinge hatten nur leichtes Fieber (n = 14) ohne Atemwegsbeschwerden, zwei hatten nur Husten, einer war asymptomatisch. Insgesamt hatten bis auf vier Kinder alle zuvor Kontakt mit COVID-19-Erkrankten gehabt. Die Kinder wurden hauptsächlich zur klinischen Überwachung im Krankenhaus einbehalten, aber auch um das Essverhalten der Kinder zu kontrollieren und bakteriellen Infektionen mittels intravenös verabreichten Antibiotika vorzubeugen. Keiner der Säuglinge war hypoxämisch oder musste bei der Atmung unterstützt werden.

Bei der Analyse der Blutproben stellte man fest, dass alle einen relativ niedrigen Ct-Wert in der Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR) aufwiesen. Bei einem Säugling musste die Probe sogar im Verhältnis 1:100 verdünnt werden, um den Ct-Wert bestimmen zu können. Der Ct-Wert stellt die Zahl der PCR-Zyklen da, die notwendig sind, um die Virusgene nachweisen zu können. Ein niedriger Ct-Wert zeigt eine hohe Viruslast und weist somit auf eine wahrscheinlich hohe Infektiosität der Säuglinge hin. [Mithal LB et al. The Journal of Pediatrics 2020. doi:10.1016/j.jpeds.2020.06.047]

Kein Risiko durch Statine

Zu Beginn der Corona-Pandemie standen vor allem ACE-Hemmer und Sartane im Verdacht, schwere COVID-19-Verläufe zu begünstigen, was inzwischen in etlichen Studien jedoch nicht bestätigt werden konnte. Auch bei Statinen konnte in tierexperimentellen Versuchen gesehen werden, dass sie die Expression des Angio­tensin-Converting-Enzym-2, welches SARS-CoV-2 als Eintrittspforte in die Zellen dient, erhöhen können. Daher ist die Angst groß, dass Statine einen schweren Verlauf von SARS-CoV-2-Infektionen begünstigen könnten. Vor allem vor dem Hintergrund, dass Patienten, die diese Medikation bekommen, oft auch andere Risikofaktoren für schwere COVID-19-­Verläufe wie Übergewicht und erhöhten Blutdruck im Gepäck haben. Das Ergebnis einer retrospektiven Beobachtungsstudie aus China, die den Zusammenhang zwischen der Statin-Einnahme und schweren COVID-19-­Verläufen am Menschen untersucht hat, wurde jetzt veröffentlicht und gibt möglicherweise Entwarnung. Von den 13.091 mit SARS-CoV-2 infizierten Patienten nahmen 1219 ein Statin ein. Innerhalb von 28 Tagen waren 5,5% der Patienten, die mit einem Statin behandelt worden waren, verstorben, in der Vergleichsgruppe waren es 6,8%. Nachdem man die Patienten unter Berücksichtigung weiterer Risikofaktoren weiter unterteilt hatte, starben mit 5,2% signifikant weniger Patienten in der Statin-Gruppe als in der Kontrollgruppe (9,4%). Diese Ergebnisse deuten auf potenzielle Vorteile einer Statin-Therapie bei hospitalisierten COVID-19-Patienten hin. Die endgültigen Ergebnisse der randomisierten Studien zu dieser Thematik stehen aber noch aus. [Zhang XJ et al. Cell Metabolism 2020. doi: 10.1016/j.cmet.2020.06.015]

Chemotherapie und COVID-19

Bis zum 10. April 2020 waren in New York 180.458 COVID-19-Erkrankungen gemeldet worden, 9385 Patienten waren an der Infektion verstorben, 8,4% davon waren Krebspatienten. Dass eine erhöhte Sterblichkeit für Krebspatienten, die an COVID-19 erkranken, besteht, haben mehrere Studien gezeigt. Ob dabei die Krankheit an sich oder die Therapie den ausschlaggebenden Faktor darstellt, ist bisher unbekannt. Dies ist aber wichtig für die Entscheidung, ob die Krebstherapie im Falle einer COVID-19-Erkrankung fortgesetzt werden soll oder nicht. Amerikanische Forscher haben in einer epidemiologischen Studie festgestellt, dass von 423 Krebspatienten knapp 40% aufgrund von einer SARS-CoV-2-Infektion hospitalisiert werden mussten. 20% dieser Patienten entwickelten schwere Atemwegsbeschwerden, 9% mussten künstlich beatmet werden und knapp 9% verstarben. Dabei konnten die Forscher detektieren, dass vor allem Patienten, die älter als 65 Jahre waren und innerhalb der letzten 90 Tage mit Immuncheckpoint-­Inhibitoren behandelt worden waren, eine erhöhte Sterblichkeit aufwiesen. Dies konnte dagegen nicht bei Tumorpatienten festgestellt werden, die innerhalb der letzten 30 Tage eine Chemotherapie erhalten oder eine Operation hatten. [Robilotti EV et al. medRxiv preprint 2020. doi: 10.1101/2020.05.04.20086322doi]

Ungenaue Antikörpertests

Nach einer durchlebten Infektion bildet der Körper Antikörper, die anschließend im Blut detektiert werden können. Das europäische Netzwerk zur Gesundheitstechnologie-Bewertung (EUnetHTA) hat in Zusammenarbeit mit dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) die Aussagekraft von SARS-CoV-2-Antikörpertests beurteilt. In die Auswertung wurden weltweit 40 Studien einbezogen. Das EUnetHTA kommt zu dem Ergebnis, dass mittels Antikörpertest zwar eine zurückliegende SARS-CoV-2-Infektion detektiert werden kann, jedoch kann nicht auf eine Immunität gegen eine erneute Infektion geschlossen werden. Außerdem stellt ein positives Test­ergebnis keinen sicheren Nachweis dafür dar, dass die getestete Person keine anderen Menschen mehr infizieren kann. In drei Monaten sollen die Antikörper-Tests laut IQWiG erneut bewertet werden.

Auch ein systematischer Cochrane Review von 54 Studien kam zu dem gleichen Ergebnis. Am besten werden die Tests auf Antikörper zwei bis drei Wochen nach Symptombeginn durchgeführt. So konnten innerhalb der ersten Woche nach Beginn der Symptome nur bei weniger als 30,1% der Patienten Antikörper ermittelt werden, in der zweiten Woche schon bei 72,2%. Mit 91,4% war die Sensitivität der Antikörpertests 15 bis 21 Tage nach Erkrankungsbeginn am höchsten. [Pressemitteilung des IQWiG vom 24. Juni 2020; Deeks JJ et al. Cochrane Library 2020, doi: 10.1002/14651858.CD013652]

Jeder fünfte Mensch betroffen

Eine kürzlich in „Lancet Global Health“ veröffentlichte Studie hat sich mit der Frage beschäftigt, wie viele Menschen weltweit mindestens einen Risikofaktor für einen schweren COVID-19-Verlauf aufweisen und daher besonders geschützt werden müssen. Als Datengrundlage diente die „Global Burden of Diseases, Injuries and Risk Factors Study“, die für das Jahr 2017 die Prävalenz von Gesundheitsstörungen ermittelt hatte. Insgesamt wurde die Datenbank nach zehn Risikofaktoren (unter anderem Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronische Nieren-, ­Leber- und Atemwegserkrankungen, Diabetes mellitus, Krebserkrankungen) durchsucht. Es stellte sich heraus, dass weltweit knapp 1,7 Milliarden Menschen, das entspricht 22% der Weltbevölkerung, mindestens einen Risikofaktor für eine schwere SARS-CoV-2-Infektion aufweisen, knapp 6% sogar zwei oder mehr Risikofaktoren. Dabei sind mit 10% der 25-Jährigen deutlich weniger Menschen in dieser Altersgruppe von einem schweren Verlauf bedroht als bei der älteren Generation (66% der über 70-Jährigen). Die Forscher gehen davon aus, dass etwa jeder fünfte Erdenbürger (entspricht knapp 349 Millionen Menschen) bei einer SARS-CoV-2-Infektion eine Hospitalisierung benötigt. Insgesamt weisen Männer ein doppelt so hohes Risiko für schwere COVID-19-Verläufe auf als Frauen (6% vs. 3%). Nicht eingeflossen in die Bewertung sind mögliche andere Risikofaktoren wie ethnische Zugehörigkeit, sozioökonomische Benachteiligung und Fettleibigkeit. [Clark A et al. The Lancet Global Health 2020. doi: 10.1016/S2214-109X(20)30264-3] |

 

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