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Der Vorschlag, die 3-Prozent-Marge zu deckeln, hat
beim Deutschen Apothekerverband für Ärger gesorgt. DAV-Chef Fritz Becker
empfindet einen entsprechenden Vorstoß der Regierungsfraktionen als
Provokation. Beckers wichtigste Forderung beim diesjährigen 53.
DAV-Wirtschaftsforum: Ein Fixhonorar von 8,35 Euro für jede Rezeptur.
Das Wirtschaftsforum fällt in eine bewegte Zeit: Die Apotheker verhandeln seit Monaten mit den Krankenkassen darüber, ob Nullretaxationen aufgrund von Formfehlern künftig abgeschafft werden. Zeitgleich zum Pharmadialog haben die Fraktionen von Union und SPD vorgeschlagen, die Vergütungen für Rezepturen und die BtM-Abgabe zu erhöhen. Als Ausgleich müsse aber die 3-Prozent-Marge gedeckelt werden, so der Vorschlag.
DAV-Vorsitzender Becker ging gleich zu Anfang seiner Rede darauf ein. Diese Idee sei eine „Provokation für uns Apotheker“. Es sei schlichtweg eine Missachtung der Arbeit von Apotheken. Bei der Zusammensetzung von Fixhonorar und Marge handele es sich um eine bewährte Mischkalkulation. „Wir tragen das finanzielle Lagerrisiko, wir müssen die Ware zwischenfinanzieren“, sagte Becker. Und weiter: „Wir holen für die GKV den Herstellerrabatt ein und finanzieren ihn vor, wir riskieren unter Umständen für einen willkürlich konstruierten Formfehler einen Nullretax und sollen dann bei der Vergütung gedeckelt werden. Nein, nicht mit uns!“
Risiko ohne Vergütung
Den Vorschlag, die Rezepturvergütung zu erhöhen, nannte der DAV-Chef den „ersten positiven“ Ansatz der Fraktionsvorschläge. Die Herstellung sei aufwändig, gleichzeitig würden Anforderungen und Dokumentationspflichten steigen. Zudem sei oftmals eine intensive Beratung nötig. „Kann hier wirklich noch jemand vertreten, dass die Vergütung seit zehn Jahren stagniert?“, fragte Becker. Seine Forderung ist deshalb klar: Rezepturarzneimittel müssten mit Fertigarzneimitteln gleichgestellt werden und mit demselben Fixhonorar vergütet werden.
Das inzwischen begonnene und vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) in Auftrag gegebene Gutachten zum Apothekenhonorar bezeichnete Becker als „unnötige und provokative Verzögerung“. Zum Stand der Verhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband wollte der DAV-Vorsitzende nichts sagen. Grundsätzlich werde hier aber „Strandräubertum“ an den Apothekern betrieben.
Und das sind die wichtigsten Forderungen und Aussagen von Fritz Becker:
- Flüchtlingsversorgung: Die Pharmazeuten spielen bei der Versorgung von Flüchtlingen eine wichtige Rolle. Becker verbittet sich in diesem Zusammenhang ein „Geringreden der Leistungen“ von Apothekern. Die Politik müsse endlich einsehen, dass die Apotheken diesem Versorgungsauftrag nur nachkommen können, wenn die wirtschaftliche Basis gesichert sei.
- BtM-Abgabe: „Hier muss etwas geschehen!“, forderte Becker. Schließlich habe sich bei der Vergütung in diesem Bereich seit 1978 nichts getan. Die Dokumentationsgebühr decke die Kosten nicht „im Entferntesten“. Eine konkrete Höhe der erhöhten Vergütung nannte Becker aber nicht.
- Notdienstfonds: Der DAV fordert, dass der Anteil am Fixhonorar, der in den Notdienstfonds wandert, von 16 auf 20 Cent steigt. Becker wies darauf hin, dass die Politik ursprünglich 120 Millionen Euro jährlich über die Notdienstpauschale versprochen habe. Auch hier müsse es zu einer regelmäßigen Anpassung kommen.
- Rabattverträge: Die „Grundidee“ der Rabattverträge wird vom DAV unterstützt. Allerdings gebe es immer wieder Lieferschwierigkeiten aufgrund exklusiver Ausschreibungen. Becker forderte die Krankenkassen dazu auf, über Mehrpartnermodelle nachzudenken. Alle Kassen sollten standardmäßig drei Bieter bezuschlagen. „Ich wage sogar zu behaupten, dass wir das Problem bei Rabattarzneimitteln damit fast völlig ausräumen können“, sagte der DAV-Chef. Sehr erfreulich sei allerdings die im Pharmadialog beschlossene sechsmonatige Schonfrist für Generika-Hersteller.
- Importquote: Dafür gebe es „keinen Anlass“ mehr, sagte Becker. Der bürokratische Aufwand sei immens. Außerdem sei es ein „deutliches Signal“, wenn er einmal mit Christopher Hermann, dem Vorstandsvorsitzenden der AOK-Baden-Württemberg, übereinstimme. Auch Hermann hatte mehrfach gefordert, die Quote abzuschaffen.
- Zytostatika: Rabattverträge für die Zytostatika-Versorgung sind ein Dorn im Auge des DAV. „Da die Krankenkassen hier leider kein Maß kennen, fordern wir die Politik zum Handeln auf“, monierte Becker. Die freie Apothekenwahl sei dadurch gefährdet. Setzten sich solche Ausschreibungen durch, könne binnen kürzester Zeit die flächendeckende Krebsversorgung zerstört werden, warnte Becker.
- Medikationsplan: Der DAV ist nach wie vor erzürnt darüber, dass die Apotheker im E-Health-Gesetz nur am Rande erwähnt werden. Es sei unverständlich, dass nur Ärzte Medikationspläne erstellen dürften und Apotheker lediglich ergänzen dürften. „Trauern ist jedoch nicht angesagt“, kündigte Becker an. Man wolle aus der gesetzlichen Vorgabe nun das Beste machen. Trotzdem reiche eine reine Medikationsliste ohnehin nicht aus. „Es bedarf einer strukturierten Analyse der Gesamtmedikation. Daher fordern wir den Anspruch der Patienten auf eine Medikationsanalyse!“
- PKV: Becker kündigte an, dass der DAV seine Zusammenarbeit mit privaten Krankenversicherungen ausbauen werde. Einerseits sollten Privatversicherten künftig immer mehr pharmazeutische Dienstleistungen (Medikationsanalyse, Medikationsmanagement) angeboten werden. Andererseits soll es immer mehr Verträge zur Direktabrechnung geben. Zwei eben solche Veträge habe der DAV gerade ausgehandelt, mit der AXA. Diese würden bald von der DAV-Mitgliederversammlung beschlossen.
- Prävention: Dass der GKV-Spitzenverband die Apotheker in seinem „Leitfaden Prävention“ weiterhin außen vor lässt, verärgert den DAV. Die Kassen sähen Apotheker immer noch mehr als „Einzelhandelsgeschäfte“ denn als Orte beruflicher Leistungserbringung. Man wolle notfalls juristische Schritte einleiten, um an dem Präventionskonzept mitwirken zu können, kündigte Becker an.
14 Kommentare
Es läuft wirklich einiges verkehrt bei den Apotheken
von Albert Bonell am 02.05.2016 um 15:09 Uhr
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warum jetzt noch die Geduld verlieren?
von Meier am 28.04.2016 um 14:33 Uhr
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"Provoziert uns nicht!"
von Wüstefeld am 28.04.2016 um 13:47 Uhr
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PKV
von Karl Friedrich Müller am 28.04.2016 um 7:58 Uhr
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Lebensfähige Betriebe noch erwünscht?
von Reinhard Rodiger am 27.04.2016 um 23:11 Uhr
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Konsequenzen?
von Karl Friedrich Müller am 27.04.2016 um 21:04 Uhr
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Provoziert uns nicht........
von A. Stuhler am 27.04.2016 um 18:50 Uhr
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Das darf Alles nicht wahr sein
von Wolfgang Müller am 27.04.2016 um 17:03 Uhr
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Von Verdi lernen
von Dieter Dosquet am 27.04.2016 um 16:43 Uhr
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Quo vadis?
von Uwe Hansmann am 27.04.2016 um 12:07 Uhr
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"Provoziert uns nicht!"
von Rolf Lachenmaier am 27.04.2016 um 11:11 Uhr
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AW: Wann folgen Taten?
von Uwe Hansmann am 27.04.2016 um 11:27 Uhr
AW: Aber, aber Herr Lachenmaier !
von gabriela aures am 27.04.2016 um 11:30 Uhr
Jawoll Fritz!
von Uwe Hansmann am 27.04.2016 um 11:05 Uhr
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