Nach Schließungsplänen

Ministerien wollen Zentralbibliothek Medizin erhalten

Stuttgart - 27.05.2016, 18:00 Uhr

Die vor einigen Wochen protestierenden Nutzer und Mitarbeiter dürfen wieder etwas Hoffnung haben. (Foto: ZB MED)

Die vor einigen Wochen protestierenden Nutzer und Mitarbeiter dürfen wieder etwas Hoffnung haben. (Foto: ZB MED)


Ein Aufsichtsgremium hatte die Schließung empfohlen, doch jetzt sieht es für die Zentralbibliothek Medizin wieder besser aus. Nach Informationen von DAZ.online wollen das Wissenschaftsministerium NRW und das Bundesgesundheitsministerium die Bibliothek vor dem Aus bewahren.

Im März erfuhr die Zentralbibliothek Medizin (ZB MED) eine Hiobsbotschaft: Die Facheinrichtung, die bundesweit eine zentrale Rolle für die Versorgung mit medizinischer Literatur innehat, soll geschlossen werden, empfahl der Senat der Leibniz-Gemeinschaft. Das Gremium dieser Dach-Organisation, zu der die ZB MED gehört, bemängelte mangelnde Forschungsleistung. Dabei war eine Begutachtung zuvor vergleichsweise positiv ausgefallen und zwei Berufungsverfahren für Professoren noch am Laufen.

Auch eine Petition mit knapp 10.000 Unterschriften wird wohl nichts daran ändern können, dass die Einrichtung aus der Leibniz-Gemeinschaft fällt und die Förderung in den nächsten drei Jahren nur noch über eine Auslauffinanzierung sichergestellt wird. Für die Entscheidung ist die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) verantwortlich, in der die Wissenschafts- und Finanzministerien des Bundes und der Länder tagen. Dass dabei in der Sitzung am 24. Juni der Daumen über die ZB-MED gesenkt werden wird, ist absehbar. Doch es gibt Hoffnung – für die Mitarbeiter, aber auch für alle in der medizinischen Forschung Tätigen.

Weitere Finanzierung soll organisiert werden

Auf Anfrage beim nordrhein-westfälischen Wissenschaftsministerium heißt es, dass das Bundesland für eine weitere Finanzierung verantwortlich wäre, wenn es die ZB MED erhalten will. „Dies soll gemeinsam mit dem Bundesgesundheitsministerium organisiert werden, um eine bundesweite Informationsversorgung in den Lebenswissenschaften sicherzustellen“, schreibt das Ministerium gegenüber DAZ.online.

Dieser Satz dürfte auch bei Martin Schulz, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker, für Erleichterung sorgen. Er sprach angesichts der Schließungspläne – und der Abschaffung von Literaturdatenbanken beim DIMDI – von einer „Katastrophe“ für Forschung und Patientenversorgung. Auch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), die ABDA und der Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH) protestierten gegen die Einschnitte.

Kommerzielle Anbieter seien keine Alternative

Für kleinere Unternehmen sind die zentralen Angebote der ZB MED und des DIMDI wichtig, da sie eine kostengünstige oder teils sogar kostenlose Lösung darstellen. Kommerzielle Datenbanken sind aufgrund der sehr hohen Kosten nach Ansicht des BAH „keine Alternative“. Der Verband plädiert dafür, ein breites Angebot von Literaturquellen zu erhalten. Dies sei für wissenschaftliche Auswertungen von zentraler Bedeutung – und um „fundierte Aussagen und Entscheidungen treffen zu können“.

Möglicherweise könnte die Bibliothek zukünftig auch wieder in die Leibniz-Gemeinschaft aufgenommen werden, wenn sie ihr Forschungsprofil neu ausrichtet. Nach früherer Gutachter-Kritik hatte die ZB MED die Berufungsprozesse gestartet, doch der Senat der Leibniz-Gemeinschaft vermisste wohl schnelle Erfolge. 

Update: In den Jahren 2017 bis 2019 wird die Finanzierung der ZB MED über eine Auslauffinanzierung sichergestellt. 


Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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