Versandapotheken im Test

Rezepte fälschen (zu) leicht gemacht

Stuttgart - 26.08.2016, 17:00 Uhr

Ein Formblatt für Privatrezepte gibt es, vorgeschrieben ist es allerdings nicht. (Klaus Eppele / Fotolia)

Ein Formblatt für Privatrezepte gibt es, vorgeschrieben ist es allerdings nicht. (Klaus Eppele / Fotolia)


Mehr Formvorgaben oder den Rx-Versandhandel ganz verbieten?

Ein Privatrezept zu fälschen ist derzeit ein Kinderspiel. Aber hätten nicht die derzeitig gültigen Regeln, die die Telefonnummer des Arztes auf dem Rezept vorschreiben, in Kombinationen mit Verordnungen über Potenzmittel, Psychopharmaka oder Benzodiazepine von einem unbekannten Arzt einen aufmerksamen Apotheker zumindest zur Nachfrage veranlassen sollen?

Die befragten Politiker sehen das so. So bezeichnete Petra Grimm-Benne, Ministerin für Arbeit, Soziales und Integration des Landes Sachsen-Anhalt, die Ergebnisse als „nicht akzeptabel“. Sie hält die bestehenden gesetzlichen Regeln aber für ausreichend. Es sei Aufgabe der Überwachungsbehörden, dafür zu sorgen, dass sie eingehalten werden.

Ähnlich äußert sich der Sprecher des Ministeriums für Arbeit, Gleichstellung und Soziales Mecklenburg-Vorpommern: „Es ist nicht akzeptabel, dass Rezepte von Apotheken beliefert werden, bei denen diese Angaben ungeklärt sind.“ Gleichzeitig merkt er ebenfalls an: „Die vorhandenen gesetzlichen Regelungen sind ausreichend.“

Lediglich ein Sprecher des BMG erklärte, dass man die Testergebnisse als Anlass nehmen werde, die Einführung eines einheitlichen Formblattes für Privatrezepte erneut zu prüfen. In erster Line verwies er aber auch auf die geltende Arzneimittelverschreibungsverordnung. Niedersachsens Sozial- und Gesundheitsministerin Cornelia Rundt (SPD) und NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) fordern ein Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln.

Anonymität erleichtert den Betrug

Ein Vertreter der Versandapotheke apomagic.de, die den Test bestand, erklärte, dass nicht auszuschließen sei, dass einzelne Versandapotheken hier nachlässig arbeiten. Dabei mögen sich widersprechende Interessen eine Rolle spielen, sagte sie. Der Gesetzgeber müsse überlegen, ob ein Versand verschreibungspflichtiger Arzneimittel in dieser Form gewollt und sinnvoll ist.

Klar stehen bei der Verifizierung von Privatrezepten Vor-Ort-Apotheken vor ähnlichen Problemen wie die Versender. Die Anonymität erleichtert den Betrug aber noch einmal. So braucht man, um persönlich ein gefälschtes Rezept vorzulegen, in jedem Fall ein gutes Pokerface – auffälliges Verhalten lässt pharmazeutisches Personal hellhörig werden. Um die Fälschung in einen Umschlag zu stecken und zu versenden, ist dieses hingegen nicht nötig. 

Arbeitshilfen

Die BAK hat in ihren Leitfaden für den dritten Abschnitt Merkmale zusammen gestellt, die auf Fälschungen hindeuten. Sie findet sich im Arbeitsbogen 20 „Das Rezept – rechtliche Grundlagen und Abrechnung“.

Außerdem finden sich auf der ABDA-Homepage Hinweise, die auf gefälschte Kassenrezepte hindeuten. 



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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1 Kommentar

Ich sehe das Problem nicht

von Markus Licht am 11.09.2018 um 18:44 Uhr

Es ist doch schon schlimm genug, dass man als Verbraucher in diesem "freien Land" derart bevormundet wird. Solange ein Apotheker rechtlich sicher ist, indem er vorgeben kann, von nichts gewusst zu haben, finde ich es gut, wenn dem Wunsch des Kunden nachgekommen wird. Daher versuche ich es als Verbraucher auch gerne bei der nächsten Apotheke, sofern eine Zicken macht. Offenbar hat sie dann ja genug Kunden. Es ist mein Körper und ich möchte mir nicht, von anderen vorschreiben lassen, wie ich Beschwerden behandle, unter denen ich stark leide, wenn ich ein wirkungsvolles Gegenmittel kenne. Ebensowenig möchte ich tagelang leiden, nur weil mein Arzt mal wieder erst nächste Woche einen Termin frei hat.

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