Forschungsfreiheit in Mainz

Streit um Boehringer-Verträge erreicht den Landtag

Mainz - 01.09.2016, 09:00 Uhr

Der Landtag wird nicht nur renoviert, auch innen rumort es: Sind die Millionen-Verträge illegal? (Foto: Berthold Werner / Wikimedia, CC BY-SA 3.0)

Der Landtag wird nicht nur renoviert, auch innen rumort es: Sind die Millionen-Verträge illegal? (Foto: Berthold Werner / Wikimedia, CC BY-SA 3.0)


Beschränken Millionen-Abkommen mit der Boehringer-Stiftung die Forschungsfreiheit an der Uni Mainz? Ihr Präsident will Fehler korrigieren, die Experten als verfassungswidrig bezeichnen.  Im Wissenschaftsausschuss des Landtags kritisierten Politiker fast aller Faktionen Uni und Ministerium. Grünen-Politikerin Eveline Lemke will die Angelegenheit zum Präzedenzfall machen.

Natürlich spreche vieles für Zweifel an der Freiheit der Forschung, sagte der rheinland-pfälzische Staatssekretär Salvatore Barbaro (SPD) am Mittwochnachmittag bei der Sitzung des Wissenschaftsausschusses im Landtag. „Es ist wichtig, dass wir als Forschungsausschuss ein Signal setzen“, ergänzte Grünen-Politikerin Eveline Lemke. Noch ging es nicht um die Situation im eigenen Lande: Der Ausschuss beriet über die Lage nach dem Putsch in der Türkei und Präsident Recep Tayyip Erdoğans hartes Durchgreifen auch gegen Wissenschaftler.

Doch dann ging es zu Tagesordnungspunkt vier. Auch wenn am Rhein weder Reiseverbote noch Verhaftungen drohen, glauben Kritiker, dass dort einiges im Argen liegt: Nicht die Politik, sondern private Institutionen hätten unzulässigen Einfluss. „Presseberichten zufolge hält die vertragliche Gestaltung der Kooperation zwischen der Böhringer Ingelheim Stiftung und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz einer rechtlichen Prüfung nicht stand“, erklärte die oppositionelle CDU. 

Staatssekretär bedauert Kritik

Stellungnahmen und Presseveröffentlichungen, die das großzügige 150-Millionen-Sponsoring der Boehringer-Stiftung für die Uni Mainz in ein schlechtes Licht rücken, seien „sehr bedauerlich“, sagte Barbaro. Sie würden dem Vertrag nicht gerecht. Auch hätten sich bisher keine Wissenschaftler gemeldet, die sich eingeschränkt gefühlt hätten. „Es ist sehr fragwürdig, wenn das andere tun, die nicht vom Recht betroffen sind“, erklärte der Staatssekretär.

Er räumte jedoch ein, dass man den Vertrag „anders auslegen kann“, als es Uni und Stiftung seiner Einschätzung nach vor hatten. Vom Deutschen Hochschulverband, der knapp 30.000 Professoren vertritt, war insbesondere eine Regel als unzulässiger Eingriff angesehen worden: Wenn mit dem Stiftungs-Geld Professoren berufen werden, hat sie laut Vertrag ein Vetorecht beim Abschluss der Berufungsvereinbarungen. Laut Ministerium wäre ein Vetorecht bei der Berufung rechtswidrig, doch zähle die Klausel zur Berufungsvereinbarung nicht mehr hierzu.

„Es gibt an keiner Stelle Einfluss auf das Auswahlverfahren“, erklärte Barbaro, der selber Honorarprofessor an der Uni Mainz ist. „Ich halte es für eine Selbstverständlichkeit, dass derjenige, der sich über Jahre bindet, zumindest am Ende nochmal gefragt wird“, sagte der SPD-Politiker. Anders sehen dies neben dem Hochschulverband auch mehrere Experten.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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