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Nach Todesfällen
Gröhe plant einheitliche Prüfungen für Heilpraktiker
Nach den tödlichen Zwischenfällen bei einem Heilpraktiker nimmt die Bundesregierung eine „kritische Überprüfung“ der Heilpraktikergesetze vor. Für Grünen-Gesundheitspolitikerin Kordula Schulz-Asche gehen die Pläne jedoch nicht weit genug. Patientenschützer Eugen Brysch fordert ein Verbot aller Therapieformen, die nicht ausdrücklich erlaubt sind.
Nach dem Tod dreier Krebspatienten positionierte sich Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) nur zögerlich zu Forderungen vieler Politiker, die Regeln für Heilpraktiker zu verschärfen. „Die Bundesregierung bedauert die Todesfälle, die in dem ‚Biologischen Krebszentrum Bracht‘ vorgekommen sind, sehr“, erklärt sein Ministerium nun in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen. Die gesundheitspolitische Expertin Kordula Schulz-Asche hatte mit ihren Fraktionskollegen die Regierung aufgefordert, Stellung zu nehmen.
Die Bundesregierung habe Verständnis für Forderungen nach einer grundlegenden Reform des Heilpraktikerrechts einschließlich seiner Anpassung an die Qualitätsstandards anderer heilberuflicher Regelungen, erklärt das Bundesgesundheitsministerium (BMG) – und erwähnt auch Stimmen, die eine Abschaffung des ganzen Berufsfeldes befürworten. So hatte CDU-Gesundheitspolitiker Rudolf Henke gegenüber DAZ.online eine Begrenzung der Kompetenzen von Heilpraktikern gefordert, auch Patientenschützer Eugen Brysch macht sich für strengere Regeln stark. Mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen halte das Bundeskabinett jedoch eine „sachliche Diskussion“ für wichtig, betont das BMG.
Wissen die Patienten um Chancen und Risiken?
„Zu dieser gehört es, die Tatsache zur Kenntnis zu nehmen, dass es in Deutschland viele Menschen gibt, die über eine Behandlung beim Heilpraktiker Gutes berichten und sich für diesen Beruf einsetzen“, schreibt das Ministerium. Diesen Patienten sei es „normalerweise“ auch bekannt, dass sie den klassischen Weg der Schulmedizin verlassen, wenn sie einen Heilpraktiker aufsuchen. „Es ist angemessen, diesen Menschen nach wie vor den Besuch beim Behandler ihrer Wahl zu ermöglichen“, schreibt das BMG.
Während Gröhe bislang auf die Zuständigkeit der Länder verwiesen hatte, was die Durchführung der Zulassungsprüfungen für Heilpraktiker sowie deren Kontrolle anbelangt, zeigt sich sein Haus nun etwas offener für Änderungen. Das Ministerium betont, dass Heilpraktiker sich der Grenzen ihres Wissens und Könnens bewusst sein müssten. Es verweist auch auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs, nach dem Heilpraktiker ähnlich wie Ärzte verpflichtet sind, „sich eine ausreichende Sachkunde über die von ihm angewendeten Behandlungsweisen einschließlich ihrer Risiken“ anzueignen.
Derzeit gibt es keine bundesweiten Anforderungen
„Angesichts der unterschiedlichen Interessenlagen im Bereich des Heilpraktikerwesens nimmt die Bundesregierung die aktuellen Vorgänge zum Anlass für eine kritische Prüfung im Bereich der komplementärmedizinischen Methoden“, erklärt Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz in der Antwort des BMG. „Ob sich daraus rechtlicher Handlungsbedarf ergibt, wird im Rahmen dieser Prüfung zu entscheiden sein.
Die Gesundheitsministerkonferenz hatte Gröhe erst im Juni aufgefordert, für eine einheitliche Überarbeitung der Zulassungsanforderungen für Heilpraktiker zu sorgen. Das Ministerium halte diesen Schritt „für grundsätzlich geeignet, um den Patientenschutz im Bereich der Zulassung von Heilpraktikern zu verbessern“, erklärt Widmann-Maunz nun. Auf die Frage, welche Anforderungen es für den Inhalt und die Ausbildung gibt, räumt das hierfür zuständige BMG ein, es gäbe „derzeit keine durch Bundesrecht geregelten detaillierten Anforderungen“.
Auch Heilpraktiker dürfen nicht alles
Nach Informationen von DAZ.online will die Bundesregierung die Ausbildung von Heilpraktikern auch zukünftig nicht regeln, doch plant sie zumindest eine kleine Änderung des Heilpraktikergesetzes sowie der zugehörigen Verordnung: Im Rahmen des geplanten Dritten Pflegestärkungsgesetz ist die Erstellung von einheitlichen Leitlinien vorgesehen, wie sie die Gesundheitsministerkonferenz gefordert hatte. Außerdem wolle sie die aktuellen Vorgänge „zum Anlass für die kritische Überprüfung im Bereich der komplementärmedizinischen Methoden nehmen“, erklärt das BMG.
Doch hiermit ist offenbar noch nicht so bald zu rechnen. „Die fachlichen Prüfungen der aufgeworfenen Fragestellungen, die einer abschließenden Bewertung vorausgehen müssen, sind noch nicht abgeschlossen“, erklärt Widmann-Maunz. Sie verweist darauf, dass Heilpraktiker auch heute schon „nicht unbegrenzt“ die Heilkunde ausüben dürften. „Weitergehende Einschränkungen sind im Einzelfall zu prüfen“, schreibt sie.
Bundesregierung muss erhebliche Lücken eingestehen
Für Schulz-Asche bestehen aktuell große Probleme. „Die Bundesregierung kann in ihrer Antwort auf unsere Kleine Anfrage nicht verschweigen, dass es erhebliche Lücken in der Regulierung des Heilpraktikerberufs gibt“, erklärt sie in einer Stellungnahme. Ein Verweis auf die Selbstverantwortung und allgemeine gesetzliche Vorgaben sei auch im Hinblick auf die Vorfälle in Brüggen nicht ausreichend. „Die Bundesregierung ist nun angehalten, gemeinsam mit den Heilpraktikerverbänden für einheitliche, hochwertige und verbindliche Ausbildungsstandards zu sorgen und in Zusammenarbeit mit den Ländern Melde- und Dokumentationspflichten für Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker durchzusetzen“, schreibt die Grünen-Politikerin.
Sie nimmt an, dass die „Lücken in der Kompetenzverteilung“ zwischen Ländern und Bund „gerade Scharlatanen und unseriösen vermeintlichen Heilbringern in die Hände spielen“. Auch verweist Schulz-Asche auf „die klaffenden Lücken von Informationen über den Berufsstand“.
Ein Mindestmaß an Qualitätssicherung
Auch Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, erneuert seine zuvor schon gegenüber DAZ.online geäußerte Kritik an der Bundesregierung. „Bundesweit einheitliche Standards für den Heilpraktikerberuf sind überfällig“, erklärt er in einer Stellungnahme. Das gelte nicht nur für die Zulassungsprüfung, wie sie die Bundesregierung nun einführen will, sondern auch für die Ausbildung. „Was bei Gesundheitsberufen selbstverständlich ist, sollte künftig auch für Heilpraktiker gelten“, erklärt er.
Nur so würde „ein Mindestmaß an Qualitätssicherung“ auch bei Heilpraktikern möglich, sagt Brysch. „Und nur so kann das Vertrauen der verunsicherten Patienten zurückgewonnen werden. Das sollten endlich auch die Interessenvertreter in den Heilpraktiker-Verbänden erkennen.“
Brysch fordert „eindeutige Vorgaben“, was ein Heilpraktiker tun darf und was nicht. „Sowohl für Heilpraktiker als auch für ihre Heilmittel darf nicht länger gelten: Alles ist erlaubt, was nicht ausdrücklich verboten ist“, erklärt er. Im Sinne des Patientenschutzes müsse diese Regel umgekehrt werden: „Verboten ist, was nicht erlaubt ist“, betont Brysch. „Denn sonst kann kreative Therapie auch tödlich enden.“
4 Kommentare
Heilpraktiker
von Kerstin Marx-Broos am 27.09.2016 um 14:30 Uhr
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AW: Wieso leiden?
von Christian Becker am 29.09.2016 um 8:47 Uhr
"Heilpraktiker"
von Andreas Kronsbein am 27.09.2016 um 12:33 Uhr
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AW: Sic transit...
von Peter Behnke am 27.09.2016 um 20:53 Uhr
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