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Am Dienstag wurden auf der Kammerversammlung in Hamburg wichtige Themen besprochen: Präsident Kai-Peter Siemsen warnte vor dem Angriff auf das Apothekerwesen. Die Kammer beschloss deutliche Beitragsanhebungen, und in der Geschäftsstelle gibt es eine Überraschung.
Bei der Kammerversammlung der Apothekerkammer Hamburg am gestrigen Dienstagabend warnte Kammerpräsident Kai-Peter Siemsen eindringlich vor den möglichen Folgen des EuGH-Urteils zur Preisbindung. Die Erklärung des Gerichts, ländliche Apotheken sollten sich durch höhere Preise finanzieren, übersetzte er volkssprachlich mit: „Die Landeier könnt Ihr abzocken. Die merken das eh nicht!“ Dies erkläre auch die Verdrossenheit gegenüber der EU.
Das Abwandern der Chroniker ins Ausland ist für Siemsen klassische Rosinenpickerei. Diese sei leicht möglich, zumal ausländische Apotheken nicht den deutschen Begrenzungen für Einkaufsrabatte unterliegen. Doch für solche Verluste hätten die Apotheken keinen Spielraum mehr. „Mittel- und langfristig ist die flächendeckende, wohnortnahe Versorgung mit Arzneimitteln durch inhabergeführte Apotheken in Gefahr“, folgerte Siemsen. Daher müssten Politiker und Bevölkerung überzeugt werden, dass gerade die Kranken und Schwachen die Leidtragenden würden, wenn Apotheken ihre Gemeinwohlpflichten nicht mehr wie gewohnt erfüllen würden. „Das wäre eine Abkehr vom Solidarprinzip“ sagte Siemsen.
Außerdem würden die Krankenkassen übersehen, dass die Rabattverträge auf einheitlichen Preisen aufbauen. Doch die Folgen gingen weit über die Arzneimittelversorgung hinaus. „Es stehen alle nationalen Systeme der staatlichen Daseinsvorsorge vor dem Aus, wenn es der deutschen Politik nicht gelingt, die neoliberale EU-Krake wieder in ihre Schranken zu verweisen, so wies es die EU-Verträge mit dem Subsidiaritätsprinzip ja auch vertraglich bestimmen“, erklärte Siemsen.
Siemsen erklärt seinen Verzicht auf das ABDA-Präsidentenamt
Zugleich appellierte er an die Apotheker, die ABDA-Kampagne zum Rx-Versandverbot zu unterstützen. Alle Apotheker sollten kämpfen und individuelle Briefe über ihre Ängste und Nöte an Politiker auf allen Ebenen schreiben. Auch gegenüber Kunden und Patienten und in sozialen Netzwerken sollten sie die Gefahren aufzeigen und die Zusammenhänge erklären.
Nur kurz ging Siemsen auf seine zurückgezogene Kandidatur für das Amt des ABDA-Präsidenten ein. Seit geraumer Zeit entferne sich die aktuelle Ausübung und Wahrnehmung des Amtes von seinen Vorstellungen, erklärte Siemsen, doch nach dem EuGH-Urteil habe er auf die Kandidatur verzichtet. Denn jede Energie und Zeit werde jetzt im Abwehrkampf gegen diesen Angriff auf das Apothekenwesen benötigt.
Beitragserhöhung für ein Jahr
Zur Kammerversammlung legte die Kammer den Haushaltsplan für 2017 vor, der bei zwei Positionen einmalig erhebliche Mehrausgaben enthält. Erstens soll eine neue Software für die Mitgliederverwaltung und die übrigen Kammeraufgaben angeschafft werden, weil der Anbieter die bisherige Software nicht mehr aktualisiert. Zweitens soll eine Rückstellung gebildet werden, um mögliche hohe Steuerforderungen schnell bedienen zu können. Dabei geht es um Nachforderungen, weil die Vergütungen für den Präsidenten möglicherweise rückwirkend für zehn Jahre als umsatzsteuerpflichtig eingestuft wird.
Siemsen kündigte an, der Vorstand werde nach einer solchen Forderung entscheiden, ob Finanzmittel freigegeben oder eine gerichtliche Klärung herbeigeführt werden soll. Daraufhin schlug der Vorstand vor, die Kammerbeiträge für 2017 deutlich zu erhöhen, und kündigte zugleich an, dass die Beiträge im Folgejahr wieder gesenkt werden könnten. Siemsen riet davon ab, die einmalig erforderlichen Beträge dem Vermögen zu entnehmen. Denn das Vermögen werde 2017 voraussichtlich auf weniger als einen halben Jahresetat sinken und solle danach wieder über diese Marke steigen. Eine solche Reserve sei nötig, damit die Kammer handlungsfähig bleibe, auch wenn große Beitragszahler in Konkurs gingen.
Daraufhin schlug der Kammervorstand vor, die Grundbeiträge für alle Mitglieder um knapp 25 Prozent und den Betriebsstättenbeitrag in allen Positionen der Beitragsstaffel um 20 Prozent anzuheben. Der Grundbeitrag für Vollzeitbeschäftigte wird dann 25 Euro pro Monat betragen. Sowohl der Jahresetat mit den erhöhten Ausgaben als auch die erhöhten Beiträge wurden nach kurzer Diskussion mit deutlicher Mehrheit beschlossen. Siemsen bekräftigte, dass die Beiträge in Hamburg stets nur für ein Jahr festgelegt werden und damit im nächsten Jahr neu über die Beiträge entschieden wird.
Wechsel in der Geschäftsführung
Außerdem beschloss die Kammerversammlung eine neue Weiterbildungsordnung, nachdem dies schon im Frühjahr vertagt worden war. Für Kammergeschäftsführer Dr. Reinhard Hanpft war es nach 26 Jahren die letzte Kammerversammlung in dieser Funktion. Er hatte im Januar angekündigt, zum Jahresende in den Ruhestand zu treten. Die Kammerversammlung dankte Hanpft mit lang anhaltendem Applaus. Für den Januar ist ein Abschiedsempfang geplant. Hanpft erklärte, bei seiner Arbeit sei ihm wichtig gewesen, immer das Vertrauen der Kollegen zu spüren - und dies habe er gespürt. Für die weitere Arbeit der Kammer verwies Hanpft auf das Zitat des früheren ABDA-Präsidenten Wolf: „Die Zukunft wird pharmazeutisch entschieden.“ Gerade nach dem EuGH-Urteil sei die Arbeit der Kammer besonders wichtig, betonte Hanpft.
Eine große Überraschung war die Vorstellung von Hanpfts Nachfolgerin. Im neuen Jahr wird Ena Meyer-Bürck Geschäftsführerin der Apothekerkammer Hamburg. Die Volljuristin war zuletzt Geschäftsführerin des Landesapothekerverbandes Niedersachsen. Siemsen stellte sie als ausgewiesene Kennerin der Apothekerschaft mit schneller Auffassungsgabe und politischem Geschick vor. Meyer-Bürck erklärte, es sei für sie reizvoll, sich nach der Verbandsarbeit nun den Herausforderungen der ordnungspolitischen Seite zu stellen.
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