Entschädigungsfonds

Conterganopfer befürchten Entmachtung durch Bundesregierung

Berlin - 30.11.2016, 08:50 Uhr

Contergan: Ein Arzneimittel mit schwerwiegenden Folgen. (Foto: picture alliance / JOKER)

Contergan: Ein Arzneimittel mit schwerwiegenden Folgen. (Foto: picture alliance / JOKER)


Vorstand ruhte, Informationen stockten

Laut Tolmein seien auch die zur Verfügung gestellten Mittel nicht in angemessener Weise verwaltet und verteilt worden. „Eine vom Gesetzgeber großzügig konzipierte ausgestattete Erweiterung der Leistungen für die geschädigten Betroffenen, führte im Ergebnis zu einem Vertrauensverlust bei zumindest einem erheblichen Teil der Betroffenen“, erklärte er. Die Stiftung habe versucht, alle Regularien streng auszulegen, sodass der Großteil der Mittel nicht ausgegeben wurde und „viele Leistungsberechtigte die Stiftung als Gegnerin wahrnahmen“ – auch vor Gericht.

Innerhalb der Stiftung scheint es ohnehin schwer zu knirschen: Im vergangenen Jahr trat ein Vorstandsmitglied nach nur drei Monaten Tätigkeit wieder zurück – nachdem die Tätigkeit zuvor laut Ministerium drei Monate „ruhen gelassen“ wurde, obwohl derartiges nicht vorgesehen ist. Laut Stiftungsratsmitglied Meyer seien wichtige Informationen erst über ein Gerichtsverfahren an die Öffentlichkeit gekommen, während personenbezogene Daten von Betroffenen über ungesicherte E-Mails verschickt worden seien.

Einmischung durch das Ministerium

Margit Hudelmaier, die früher als Betroffene im Stiftungsrat saß und inzwischen vom Bundesfamilienministerium in den Vorstand berufen wurde, freute sich bei der Anhörung zwar über die Klarstellung der Kompetenzen des Vorstands. Doch auch sie habe als Vorstandsmitglied erfahren müssen, „dass sich das aufsichtsführende Ministerium zunehmend in einer Weise und Intensität einmischt, die es zu Zeiten meiner Stiftungsratsmitgliedschaft nicht gegeben hat“, wie sie schriftlich erklärte.

Das geplante „Vierte Gesetz zur Änderung des Conterganstiftungsgesetzes“ wird nun im nächsten Schritt vom Familienausschuss des Bundestags verhandelt. Abzuwarten bleibt, ob er den Empfehlungen vieler Betroffenen und Experten folgt und einen radikalen Schnitt macht, indem er die geplanten Erleichterungen der Leistungsauszahlung befürwortet – aber die Änderungen an der Tektonik innerhalb der Stiftung zunächst belässt. 



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.