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Rx-Versandverbot
BMG lässt Grüne mit Apotheken-Fragen im Regen stehen
Die Gesundheitspolitiker der Grünen im Bundestag sind bekennende Freunde des Versandhandels. In einem sehr langen, aufwendigen Fragenkatalog an die Bundesregierung wollten die Grünen nun wissen, wie das Bundesgesundheitsministerium das geplante Rx-Versandverbot begründet und ob es keine milderen Maßnahmen gibt. Das Ministerium weicht aber fast allen Fragen aus und verweist auf die politische Abstimmung.
Schon kurze Zeit nach dem EuGH-Urteil hatte sich die Arzneimittelexpertin der Grünen-Bundestagsfraktion, Kordula Schulz-Asche, zum Versandhandel bekannt. Die Grünen-Politikerin betonte, dass der Versandhandel ein etablierter Bestandteil der Versorgung sei, von dem insbesondere Chroniker und nicht mobile Patienten profitieren könnten. Seitdem kämpft Schulz-Asche gegen das von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) geplante Rx-Versandverbot. Beachtlicherweise schaffte es die Politikerin im November, erstmals seit mehreren Jahren, die ABDA und DocMorris an einen Diskussions-Tisch zu bekommen, um über die Auswirkungen des EuGH-Urteils zu sprechen. Schulz-Asche selbst setzt sich dafür ein, Rx-Boni auch in Deutschland begrenzt zuzulassen und das Apothekenhonorar gleichzeitig so umzugestalten, dass die Pharmazeuten mehr Geld für Beratungsleistungen erhalten.
Ihr Hauptargument gegen das Rx-Versandverbot ist, dass das Bundesgesundheitsministerium (BMG) in der Begründung des Referentenentwurfes die gleichen Gründe angibt, die die Bundesregierung bereits vor dem EuGH zur Verteidigung der Arzneimittelpreisverordnung vorgetragen hatte. In der schriftlichen Anfrage an Gröhes Ministerium ging es den Grünen daher insbesondere darum, abzuklopfen, wie das BMG das Versandverbot begründen will.
Riesiger Fragenkatalog der Grünen
Doch die Grünen nutzten die Gelegenheit, das BMG zu mehreren, grundsätzlichen Fragestellungen zum Versandhandel und zum Apothekenmarkt zu befragen. Der Fragenkatalog umfasst 21 Hauptfragen und zahlreiche Unterfragen. Unter anderem wollte die Oppositionsfraktion wissen, welche Beweise es für die Behauptung gebe, dass der Versandhandel die Apothekenstruktur gefährde, welche Statistiken belegen, dass Patienten im Versandhandel schlechter beraten und versorgt würden oder warum die Freigabe der Arzneimittelpreise die Versorgungsqualität gefährde.
In einer weiteren, recht anspruchsvollen Frage wollten die Grünen vom BMG wissen, wie die Apothekenstruktur und Arzneimittelversorgung in den anderen europäischen Staaten organisiert ist. Außerdem fragte die Fraktion danach, was mit den Patienten geschehen solle, die derzeit von sogenannten Spezialversendern versorgt werden. Letztlich drehten sich einige Fragen darum, wie das BMG die Landversorgung durch Apotheken sicherstellen will und welche Rolle dabei der Versandhandel und die Apotheke vor Ort spielen.
Gröhes Ministerium verweist auf politische Abstimmung
Das BMG nutzt diese Gelegenheit nicht, um der anhaltenden Kritik aus Grünen-Fraktion am Rx-Versandverbot ein Ende zu bereiten. Denn auf fast alle Fragen verweigert das Ministerium eine konkrete Antwort. Lediglich in der Vorbemerkung stellt die parlamentarische Staatssekretärin Ingrid Fischbach (CDU) stellvertretend fest: „Der Meinungsbildungsprozess innerhalb der Bundesregierung ist noch nicht abgeschlossen. Zum jetzigen Zeitpunkt kann die Bundesregierung daher keine Angaben zu Regelungsziel, Inhalt oder Begründung des Entwurfs machen.“ Bis auf wenige Ausnahmen heißt es im Anschluss dann immer: „Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung hingewiesen.“
Grüne attackieren Gröhe
Schulz-Asche ist empört über das Ergebnis der Befragung. In einem Statement erklärt die Grünen-Politikerin: „Vier Monate sind seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes zur in Deutschland geltenden Apothekenpreisbindung vergangen. Vier Monate, in denen Versandapotheken aus dem europäischen Ausland mit Boni von bis zu 30 Euro pro eingereichtem Rezept auf Kundenfang gehen, während sich die inländischen Versand- und Präsenzapotheken weiterhin an die Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente halten müssen. Wann die Bundesregierung bereit ist, diese akute Ungleichbehandlung aufzulösen, bleibt offen.“
Die Grünen-Politikerin kritisiert nach wie vor die Argumentation in Gröhes Referentenentwurf zum Rx-Versandverbot. „Der Entwurf von Minister Gröhe in der bereits nachgebesserten Fassung von Januar 2017, auf die sich unsere Anfrage bezieht, ist voller unbelegter Vermutungen und Widersprüche“, erklärt Schulz-Asche. Die Behauptung von Gröhe, nur die Preisbindung sei Garant für die flächendeckende Versorgung, entbehre jeder empirischen Grundlage. „Dass für Minister Gröhe allein das Rx-Versandhandelsverbot die Lösung sei, liegt daran, dass er sich mit anderen gar nicht beschäftigt hat.“
Schulz-Asche hatte schon mehrfach behauptet, dass Gröhe beim Versandhandel „ein falsches Spiel“ mit den Apothekern spiele. Dabei bleibt die Politikerin: „Angesichts bekannter Daten, wie dem leichten Rückgang der Apothekenzahlen, den deutlichen regionalen Unterschieden in der Verteilung, der starken Umsatzunterschiede und der steigenden Zahl angestellter Apothekerinnen und Apotheker liegt jedoch der Verdacht nahe, dass die Bundesregierung die tatsächliche Lage auf dem Apothekenmarkt ausblendet und die Verunsicherung der Bevölkerung bewusst in Kauf nimmt.“ Denn aus ihrer Sicht sind es die inländischen Apotheken, die durch die „andauernde Ungleichbehandlung durch ausländische Versandapotheken“ nun benachteiligt seien.
Gröhe bleibt auf Kurs
So wie die SPD-Bundestagsabgeordneten Sabine Dittmar und Edgar Franke fordert auch Schulz-Asche die Einbestellung einer Expertenkommission, die sich mit der Umstellung des Apothekenhonorars beschäftigen soll.
Gröhe hatte sich trotz der anhaltenden Kritik am Rx-Versandverbot zuletzt unbeeindruckt gezeigt und einen nächsten Referentenentwurf vorgelegt. Zuvor hatte das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) dem Vernehmen nach Einspruch eingelegt. Offenbar ging es der neuen Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) um rechtliche Bedenken. Gröhe besserte daraufhin die Begründung leicht nach: Unter anderem heißt es im Entwurf nun sinngemäß, dass das Verbot möglichst schnell in Kraft treten müsse, um einen weiteren Rückgang der Apothekenzahlen zu vermeiden.
2 Kommentare
"Den/die ApothekerIn als Kauffrau_mann" wollen die Grünen eben nicht
von Wolfgang Müller am 23.02.2017 um 15:13 Uhr
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Grüne Normen-Hypertrophie-Attacke auf Minister Gröhe.
von Christian Timme am 23.02.2017 um 12:56 Uhr
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