Rabattgrenzen im Direktvertrieb

Dämpfer für Eurim-Bonusprogramm für Apotheken

Berlin - 23.02.2017, 17:05 Uhr

Gibt es bald nur noch abgespeckte Eurim-Boni für Apotheken? (Foto: Fotogestoeber / Fotolia)

Gibt es bald nur noch abgespeckte Eurim-Boni für Apotheken? (Foto: Fotogestoeber / Fotolia)


Das Bonusprogramm „EurimSmiles® Plus“ des Arzneimittelimporteurs EurimPharm steht auf der Kippe: Das Oberlandesgericht München hat es für wettbewerbswidrig befunden, soweit es Apotheken Rabatte für verschreibungspflichtige Arzneimittel gewährt, die über die prozentuale Großhandelsspanne hinausgehen.  

Der Verein für lautere Heilmittelwerbung Integritas hat schon vor einiger Zeit die Bonusprogramme von Importeuren für Apotheken genauer unter die Lupe genommen – unter anderem das von EurimPharm. Schon seit mehr als zehn Jahren bietet der Importeur sein „EurimSmiles® Plus“-Programm an, bei dem Partner-Apotheken für die Abgabe eines Arzneimittels aus dem Eurim-Portfolio Bonuspunkte erhalten – und zwar für verschreibungspflichtige wie auch für OTC-Arzneimittel. Diese Punkte stehen stets für einen bestimmten Geldwert. Und dieser ist höher, wenn die Arzneimittel im Direktvertrieb bezogen werden (0,75 bis 1,05 Euro pro Punkt) – wenngleich es auch für den Großhandelsbezug für jedes Eurim-Produkt Punkte gibt (im Wert von 0,50 bis 0,70 Euro).

Je mehr Punkte die Apotheke sammelt, desto höher ist deren Geldwert. Diese Bonuspunkte können dann gegen Ware, Geld- und Sachprämien eingetauscht werden. Wählt die Apotheke Ware, erhöht sich der Punktwert nochmals um 10 Prozent.  

Integritas sieht durch dieses Programm das im Heilmittelwerbegesetz geregelte Zuwendungsverbot und die Vorgaben der Arzneimittelpreisverordnung verletzt. Da Eurim auf eine Abmahnung nicht reagierte, zog Integritas vor Gericht. Zunächst erwirkte der Verein eine einstweilige Verfügung in seinem Sinne – dann entschied jedoch das Landgericht Traunstein im Juni 2016, dass das Bonus-Programm zulässig sei. 

Verstoß gegen Arzneimittelpreisverordnung

Auf die Berufung von Intergritas hat das Oberlandesgericht München das Urteil aus Traunstein teilweise aufgehoben. Es untersagt dem Importeur nun, Apotheken für jede abgegebene Packung eines bei Eurim direkt bezogenen verschreibungspflichtigen Arzneimittels einen geldwerten Vorteil zu gewähren, der jeweils insgesamt über dem Großhandelszuschlag von 3,15 Prozent des betreffenden Arzneimittel-Abgabepreises liegt. 

Das Gericht sah hier einen Verstoß gegen die Arzneimittelpreisverordnung – und damit einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch gegeben. Die schriftlichen Urteilsgründe liegen zwar noch nicht vor. Seitens des Gerichts hieß es aber, dass bei Abgabe der in § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV erfassten Arzneimittel durch den Großhandel an Apotheken der Verkaufspreis die Summe aus der Addition von Herstellerpreis, Festzuschlag von 0,70 Euro und Umsatzsteuer nicht unterschreiten dürfe. Das heißt: Allein die prozentuale Spanne von 3,15 Prozent ist Rabatten zugänglich – und zwar auch, wenn der Hersteller seine Arzneimittel im Direktvertrieb abgibt, quasi selbst zum Großhändler wird.

Erlaubt: Vorteile für OTC und Überlassen von Werbematerial

Das Bonus-Punkte-Programm für über den Großhandel bezogene Rx-Arzneimittel hält das Oberlandesgericht ebenfalls für wettbewerbswidrig. Unabhängig von der Höhe des Rabatts liege ein Verstoß gegen § 78 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 AMG vor, weil kein einheitlicher Abgabepreis sichergestellt werde, erklärte das Gericht.

Bestätigt hat das Oberlandesgericht das Urteil des Landgerichts jedoch in der Abweisung zwei weiterer Unterlassungsanträge. So hatte es Integritas auch beanstandet, wenn Apotheken für jede abgegebene Packung eines nicht-verschreibungspflichtigen Eurim-Arzneimittels ein Vorteil im Marktwert von über einem Euro gewährt wird – sofern es kein Barrabatt ist. Auch der Antrag, Eurim zu untersagen, Apotheken kostenlos Werbe- und Kundenbindungsmaterial zu überlassen, hatte keinen Erfolg. Weder liege hier ein Verstoß gegen das Preisrecht vor, noch handele es sich um eine unzulässige Zuwendung im Sinne des § 7 Heilmittelwerbegesetzes.    

Eurim kann Revision einlegen

EurimPharm bleibt nun die Möglichkeit gegen die Entscheidung Revision zum Bundesgerichtshof einzulegen – nur hinsichtlich der Anträge, mit denen sich Intgritas gegen den Importeur durchgesetzt hat, ließ das Oberlandesgericht das Rechtsmittel zu.  

Die Frage, wie dehnbar der Großhandelsrabatt ist, wird der Bundesgerichtshof auch im Verfahren der Wettbewerbszentrale gegen den Großhändler AEP zu klären haben. Das Oberlandesgericht hat nun jedenfalls festgestellt, dass auch im Direktvertrieb eines Arzneimittelherstellers die für Großhändler geltenden Obergrenzen für Rabatte gelten. So hatte das Oberlandesgericht Saarbrücken bereits im vergangenen Jahr entschieden. In diesem Verfahren war Integritas gegen das Bonusprogramm von Kohlpharma für Apotheken  vorgegangen. 

Urteil des Oberlandesgerichs München vom 23. Februar 2016, Az.: 29 U 2934/16



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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