Das Beste aus 2017

dm hinterfragt Ginkgo-Sortiment

Karlsruhe - 27.12.2017, 12:45 Uhr

Welche Auswirkungen hat der Ginkgo-Streit auf die Drogeriemarkt-Regale? (Foto: DAZ.online)

Welche Auswirkungen hat der Ginkgo-Streit auf die Drogeriemarkt-Regale? (Foto: DAZ.online)


Ein langjähriger Rechtsstreit zwischen den Herstellern Schwabe und Klosterfrau könnte Auswirkungen auf den gesamten Markt mit Ginkgo-haltigen Produkten haben: Nach Informationen von DAZ.online ist die Drogeriekette „dm“ derzeit in Kontakt mit Herstellern, um die Auswirkungen eines Urteils zur Apothekenpflicht zu prüfen.

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Seit 2008 versucht der Karlsruher Pharmakonzern Schwabe, rechtlich gegen den Konkurrenten Klosterfrau vorzugehen: Nach Ansicht von Schwabe sind Ginkgo-Präparate mit Tagesdosierungen von 100 Milligramm apothekenpflichtig, während Klosterfrau sein „Klosterfrau Ginkgo Plus“ auch in Drogeriemärkten vertrieb. Anders als zuvor das Landgericht Bielefeld, entschied im vergangenen November das Oberlandesgericht (OLG) Hamm (Az. I-4 U 1/10), dass Klosterfrau sein Ginkgo-Präparat nicht ohne arzneimittelrechtliche Zulassung vermarkten darf.

Bereits seit Februar 2016 hat die Drogeriekette dm das Produkt „Klosterfrau Ginkgo Biloba Extrakt“ nicht mehr im Programm. Wie Sebastian Bayer, als dm-Geschäftsführer verantwortlich für das Ressort Marketing und Beschaffung, gegenüber DAZ.online erklärt, war der Rechtsstreit Anlass für die Änderung im Sortiment. „Grund hierfür war eine gerichtliche Verfügung des Unternehmens Dr. Schwabe gegen das Unternehmen Klosterfrau“, bestätigt Bayer.

dm hat weitere Hersteller kontaktiert

Obwohl Klosterfrau den Bundesgerichtshof angerufen hat, welcher nun in dieser Sache entscheiden muss, könnte das Urteil auch für andere Produkte Auswirkungen haben. „Wir sind aktuell mit den Herstellern der bei uns gelisteten Ginkgo-Produkte in Kontakt, um in Erfahrung zu bringen, inwieweit das Urteil Auswirkungen auf andere Artikel hat“, erklärt der dm-Geschäftsführer. Die Karlsruher Drogeriekette führt nach eigenen Angaben noch die Ginkgo-Produkte „Das gesunde Plus Ginkgo Kapseln“, „Zirkulin Ginkgo“, „Doppelherz aktiv Ginkgo + B-Vitamine + Cholin“ sowie „tetesept Ginkgo-Ginseng + B-Vitamine“ im Sortiment. 

Liegen pharmakologische Wirkungen vor?

Schwabe hatte vor Gericht angebracht, dass das Ginkgo-Produkt von Klosterfrau wegen seines Gehalts an Flavonglykosiden und Terpenlactonen über eine pharmakologische Wirkung verfüge. Im Rahmen von humanpharmakologischen Studien seien bei monographiekonformen Ginkgo-Extrakten pharmakologische Wirkungen bereits bei Tagesdosierungen von deutlich unter 100 Milligramm Extrakt wissenschaftlich nachgewiesen worden. Zudem sei die Verkehrsauffassung in Bezug auf Ginkgo-biloba-Extrakte von der jahrzehntelangen Verwendung als Arzneistoff geprägt, argumentierte Schwabe laut dem Urteil des OLG Hamm. Auch sei das Produkt von Klosterfrau nicht als Lebensmittel verkehrsfähig, da es sich bei dem Ginkgo-biloba-Extrakt um einen den Lebensmittelzusatzstoffen gleichgestellten Stoff handele, der wegen fehlender Zulassung nicht in Verkehr gebracht werden dürfe.

Klosterfrau hatte erfolglos eingewandt, es handele sich nicht um ein Funktionsarzneimittel, sondern um ein Nahrungsergänzungs- beziehungsweise Lebensmittel ohne pharmakologische Wirkung. Sein Ginkgo-Produkt sei auch kein Präsentationsarzneimittel: Eine durch die Präsentation hervorgerufene Verkehrserwartung in Bezug auf ein Arzneimittel liege nach Einschätzung von Klosterfrau nicht vor, heißt es im Urteilstext.

Jedoch ließen sich die Richter auch von dem Argument nicht überzeugen, Ginkgo werde seit langer Zeit in einer Vielzahl von Lebens- bzw. Nahrungsergänzungsmitteln verwendet – wie in Teeprodukten. „Diejenigen Wirkungen, die mit dem in Rede stehenden Produkt erzielt werden könnten, könnten auch mit dem Konsum von zwei bis drei Tassen Ginkgo-haltigen Tees erreicht werden“, brachte Klosterfrau laut dem Urteil des OLG Hamm vor. Nun muss der Bundesgerichtshof entscheiden (Az. BGH I ZR 9/17).

Dieser Artikel ist ursprünglich erschienen am 18. April 2017. 



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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