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Trotz Misserfolg
Drogeriekette dm schielt weiter auf Arzneimittel
Auch wenn die Kooperation mit der Versandapotheke Zur Rose laut dm-Chef Erich Harsch „gelaufen“ ist, hat die Drogeriekette den Arzneimittelmarkt nicht aufgegeben. „Im Moment sind die Möglichkeiten für uns sehr beschränkt“, erklärte Harsch mit Blick auf die Gesetzeslage gegenüber DAZ.online. Doch insbesondere die Rechtsprechung auf EU-Ebene halte der Konzern genau im Blick.
Bio-Linie, klimaneutrales Bauen und Elektro-Truck: Bei der gestrigen Halbjahrespressekonferenz der Drogeriekette dm ging es um viele Themen, die dem guten Image des Konzerns gerecht wurden. Für Journalisten warteten Lippenpflege Tropical, Geschirr-Reiniger „nature“ oder Falafel-Trockenpulver – und gute Zahlen: Allein im letzten Halbjahr eröffnete die Kette 31 neue Filialen in Deutschland, dort waren es Ende März 1856 – in ganz Europa sind es 3404 Filialen und 56.522 Mitarbeiter, bei einem Jahresumsatz von bald 10 Milliarden Euro. Bald soll eine erste Filiale in Italien eröffnet werden, nachdem dm dort früher schonmal gescheitert war – und auch in China ist der Konzern nun mit einem Online-Shop vertreten.
Nicht zur Sprache brachte Erich Harsch, Vorsitzender der dm-Geschäftsführung, dabei den Arzneimittelbereich. Hier hatte die Drogeriemarktkette vor einem Jahr einen Verlust hinnehmen müssen: Aufgrund eines Gerichtsverfahrens um die Apothekenpflicht eines Ginkgo-Präparates von Klosterfrau ist dieses seitdem nicht mehr im Sortiment zu finden, der Streitfall geht derzeit zum Bundesgerichtshof. Zwar meldet dm „mehr Produktvielfalt für die Kunden“, prüft aber gleichzeitig, ob andere Ginkgo-Extrakte noch eine Zukunft im Sortiment haben.
dm beobachtet Arzneimittelbereich „ständig intensiv“
Doch wie geht es ansonsten weiter im Arzneimittelbereich? „Das ist natürlich ein Thema, das wir ständig intensiv beobachten und wo wir einfach schauen, wie sich die Möglichkeiten entwickeln“, erklärte Harsch auf Nachfrage von DAZ.online. „Insbesondere beobachten wir natürlich auch aus Deutschland heraus, was sich da in Österreich tut“, betonte er: Die dortige dm-Geschäftsleitung will es auf dem Klageweg erreichen, nicht rezeptpflichtige Arzneimittel verkaufen zu dürfen.
Verstößt österreichische Apothekenpflicht gegen EU-Recht?
Hierzu stellte dm einen Antrag beim Verfassungsgerichtshof, § 59 des österreichischen Arzneimittelgesetzes und § 5 des dortigen Apothekengesetzes für verfassungswidrig zu erklären. Diese Paragrafen regeln, dass Arzneimittel im Normalfall nur von Apotheken abgegeben werden dürfen. Nach dm-Argumentation verletzen sie bislang die „verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Freiheit der Erwerbsausübung und Gleichheit vor dem Gesetz“. Außerdem verletzten sie das Unionsrecht, sagt dm.
Für dm-Chef Harsch stellt sich diesbezüglich die Frage, in welchem Verhältnis die Entwicklungen im EU-Bereich zu nationalen Gesetzgebungen stehen, erklärte er. „Da haben wir in Deutschland doch andere rechtliche Voraussetzungen“, sagte er. Auch Liberalisierungs-Folgen wie jene des EuGH-Urteils zu Rx-Rabatten hat er dabei im Blick, wie er auf Nachfrage erklärte. „Da spielt alles eine Rolle, was da in diesem Zusammenhang Relevanz hat.“
Wird dm „einfach“ sehen, was möglich ist, wie Harsch erklärte? Wenn sich Möglichkeiten ergeben, könne dm nur sagen, das stärke seine Kompetenz in einem „wichtigen gesundheitlichen Bereich“, betonte der dm-Chef. „Dann werden wir schauen, ob wir uns da neue Wege erschließen können.“ Im Moment sei aber „einfach noch recht wenig möglich“ in Deutschland, betonte der in Österreich geborene Harsch. Interessant sei der Gesundheitsbereich natürlich – „insbesondere die freiverkäuflichen Arzneimittel“, ergänzte der dm-Chef.
Zur-Rose-Kooperation habe „nicht den großen Boom ausgelöst“
Dabei hatte dm mit der Kooperation mit der DocMorris-Mutter und den Pick-Up-Stellen große Ambitionen im Rx-Bereich – doch blieb der große Erfolg bislang aus. „Das ist eine Sache, die gelaufen ist“, erklärte Harsch nun sogar auf Nachfrage von DAZ.online. „Ich erzähle bestimmt nichts Neues: Das hat sicher nicht den großen Boom ausgelöst“, erklärte er.
„Sonst knallt’s“ überschrieb dm-Gründer Götz Werner ein Buch, das eine Steuerrevolution und das bedingungslose Grundeinkommen fordert – welches gleichfalls in der dm-Gabentüte für die zur Pressekonferenz anreisenden Journalisten lag. Auch bei der Drogeriekette selber wird sich einiges tun müssen, wie Harsch sagte: Der Konzern versucht aktuell, durch einen Ausbau des Online-Shops, drahtlose Bezahlmöglichkeiten oder Beauty-Blogs bei der zunehmenden Digitalisierung den Anschluss zu behalten. Auch sollen Smartphones für alle Mitarbeiter es diesen erlauben, bei Kundenanfragen schnell online recherchieren zu können.
„Jeder weiß, dass sich sehr viel verändern wird – aber keiner weiß, wie“, betonte Harsch auf der Pressekonferenz. Dem Schicksal seines ehemaligen Konkurrenten Schlecker versucht dm unter anderem dadurch zu entgehen, dass die Kette jede Filiale spätestens alle zehn Jahre renoviert. Nun ist auch der Hauptsitz dran, der bisherige ist deutlich in die Jahre gekommen. Das große Bauvorhaben liege im Plan, den Einzug plane dm für das Jahr 2019. Erneuerbar wird die dort verbrauchte Energie natürlich sein.
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