Preisbindung und Versandhandel im Bundestag

EU-Versandapotheken wollen sich in die Bücher schauen lassen

Berlin - 17.05.2017, 16:55 Uhr

Diskussion über Honorar, Versandhandel und Preisbindung: Im Gesundheitsausschuss des Bundestages wurden unter anderem Apotheker und Versandapotheker zum Apothekenmarkt befragt. (Foto: DAZ.online)

Diskussion über Honorar, Versandhandel und Preisbindung: Im Gesundheitsausschuss des Bundestages wurden unter anderem Apotheker und Versandapotheker zum Apothekenmarkt befragt. (Foto: DAZ.online)


Wäre das Versandverbot europarechtskonform?

Gegen das Rx-Versandverbot sprach sich Professor Ernst Hauck, Vorsitzender Richter am Bundessozialgericht, aus. Hauck hatte in einem Fachaufsatz im März erklärt, dass das Verbot aus seiner Sicht nicht europarechtskonform sei. Das Verbot sei eine Einfuhrbeschränkung schränke die Warenfreiheit ein. Ein solcher Eingriff sei nur möglich, wenn eventuelle negative Erfahrungen mit dem Versandhandel vorlägen, was nicht der Fall sei. Sodan konterte, dass der EuGH den Mitgliedsstaaten im sogenannten „DocMorris-Urteil“ (2003) eingeräumt habe, dass der Rx-Versand im Gegensatz zum OTC-Versand reguliert werden könne und dass dies auch im überwiegenden Teil der europäischen Länder auch so gehalten werde.

Nachdem die Juristen und Ökonomen ihre Meinungsverschiedenheiten ausgetauscht hatten, stellten die Politiker auch Fragen an die Vertreter der Apotheker und Versandapotheker. ABDA-Präsident Friedemann Schmidt war alleine im Bundestag erschienen. Schmidt zeigte erneut, wo seine Stärken liegen: Als einziger Sachverständiger erschien Schmidt ohne Notizen oder Akten und redete frei. Inhaltlich brachte der ABDA-Präsident jedoch wenig neue Argumente mit in den Gesundheitsausschuss. Angesprochen darauf, ob die Präsenzapotheken den Wegfall des Versandhandels „auffangen“ könnten, erklärte Schmidt: „Es gibt schlichtweg keine Patienten, die auf den Versandhandel angewiesen sind. Die Apotheken sicherten die Versorgung über Rezeptsammelstellen und Botendienste.“

Schmidt: Patienten brauchen den Versandhandel nicht

Auch das Argument, dass die Apotheker die Patienten der sogenannten „Spezialversender“ nicht versorgen könnten, wies Schmidt erneut von sich. „Das sind einige wenige hochspezialisierte, Versandapotheken, die in einzelnen, sehr seltenen Indikationen überregional Patienten beliefern.“ Der ABDA-Präsident wies erneut auf den Vorschlag der ABDA hin, dass Apotheker sich auch gegenseitig mit solchen besonderen Rezepturen beauftragen können sollten.

Außerdem sprach sich Schmidt vehement gegen den Antrag der Grünen aus, der einen sogenannten „Boni-Deckel“ beinhaltet. Gefragt wurde er, ob auch kleine Rx-Boni von etwa einem Euro wirklich schon negative Auswirkungen auf die Apotheken haben könnten. Schmidt brachte dazu Zahlen aus seiner eigenen Apotheke mit: „Dort gebe ich pro Jahr etwa 36.000 Rx-Packungen an GKV-Versicherte ab. Bei einem OTC-Anteil von etwa 10 Prozent habe ich ein Betriebsergebnis von rund 83.000 Euro. Ein Preiswettbewerb von einem Euro würde mein Betriebsergebnis um ein Drittel absinken lassen, der Anreiz zur Selbstständigkeit wäre auf Null reduziert.“ Auch der Ökonom Uwe May erklärte, welche Auswirkungen der 1-Euro-Bonus aus seiner Sicht hätte: „Das würde in etwa 1000 Ortschaften die Apotheke kosten.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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2 Kommentare

Zahlen aus erster Hand ... für "Sonderschüler" ...

von Christian Timme am 17.05.2017 um 23:56 Uhr

Nicht nur vor dem Hintergrund des noch ausstehenden Gutachtens von 2hm sind die "eigenen Zahlen" von Herrn Friedemann Schmidt ein genialer Schachzug. Hochachtung ... bitte weiter so ...

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RX-Versandverbot

von Dr. Radman am 17.05.2017 um 17:45 Uhr

Danke Herr Schmidt....
Wer macht schon die eigenen Daten public, um die Sache zu dienen?.
Nochmals : Hochachtung...

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