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Hüffenhardt
Gericht verbietet Arzneimittel-Automaten von DocMorris
DocMorris muss seine Videoberatung mit
Arzneimittelabgabe im baden-württembergischen Hüffenhardt vorläufig schließen. Das Landgericht Mosbach hat DocMorris verboten, dort apothekenpflichtige und/oder verschreibungspflichtige
Arzneimittel an Patienten abzugeben. Gleichzeitig wurde DocMorris für jeden
Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro‚ ersatzweise
Ordnungshaft, angedroht.
Am heutigen Mittwochmittag waren die Augen und Ohren der Apothekenwelt auf Mosbach gerichtet: Am Landgericht der größten Stadt des Neckar-Odenwald-Kreis wurde um 13 Uhr das erste Urteil im Fall DocMorris in Hüffenhardt gesprochen - und zwar in dem vom Landesapothekerverband Baden-Württemberg geführten Verfahren. Nach der im Eilverfahren ergangenen Entscheidung darf DocMorris nur noch freiverkäufliche Arzneimittel in Hüffenhardt abgeben. Die Abgabe apothekenpflichtiger und verschreibungspflichtiger Arzneimittel bleibt tabu. DocMorris hat entsprechend angekündigt, seine Videoaberatung vorläufig zu schließen.
Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz und die Apothekenbetriebsordnung
Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, dass die von DocMorris in Hüffenhardt praktizierte Abgabe von Arzneimitteln unzulässig sei. Alleine der Umstand, dass die Arzneimittel über ein Videoterminal angefordert würden, mache deren Abgabe nicht zur einer Bestellung über den Versandhandel. Denn beim Versandhandel sei sich der Kunde bewusst, dass er einige Zeit warten muss, bis er seine Bestellung erhält. Der Kunde, der die Medikamentenausgabestelle in Hüffenhardt aufsuche, beabsichtige hingegen, das Arzneimittel gleich mitzunehmen, wie bei einer zugelassenen Präsenzapotheke. Außerdem sei, wie bei einer Präsenzapotheke, der Kundenkreis der Abgabestelle in Hüffenhardt örtlich eingeschränkt, während den Versandhandel die regelmäßig jedermann zur Verfügung stehende Bestellmöglichkeit auszeichne.
Das Gericht sieht durch das Vorgehen von DocMorris in Hüffenhardt Vorschriften des Arzneimittelgesetzes und der Apothekenbetriebsordnung verletzt. Nach den hier maßgeblichen Vorschriften sei der Apotheker verpflichtet, bei Unklarheiten die Verschreibung vor der Abgabe des Arzneimittels zu ändern, dies auf der Verschreibung zu vermerken und zu unterschreiben. Weiterhin müssten jeder Verschreibung neben bestimmten Angaben das handschriftliche Namenszeichen des Apothekers oder des sonst befugt handelnden pharmazeutischen Personals hinzugefügt werden. Eine solche Unterschrift sei in Hüffenhardt vor der Abgabe eines Medikaments durch den Medikamentenausgabeautomaten nicht möglich.
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Das Landgericht sah auch trotz des parallel laufenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens einen Verfügungsgrund und ein Rechtsschutzbedürfnis für die einstweilige Verfügung gegeben.
DocMorris: LAV verhindert patientenorientierte Versorgung
DocMorris zeigte sich enttäuscht und überschrieb seine Pressemitteilung mit: „Landesapothekerverband verhindert patientenorientierte Versorgung der Gemeinde”. Vorstandsvorsitzender Olaf Heinrich erklärte: „DocMorris steht seit jeher für mehr Wettbewerb und innovative Lösungen im Apothekenmarkt, wie unsere Videoberatung mit Arzneimittelabgabe zeigt. Wir hatten uns daher eine Rechtsprechung im Sinne der Einwohner Hüffenhardts erhofft. Das Urteil erschwert es, die Situation in ländlichen Regionen zu verbessern und die Chancen der Digitalisierung als Lösung zu begreifen."
Freude beim LAV
Der Landesapothekerverband (LAV) Baden-Württemberg begrüßt die Entscheidung hingegen: „Das Gericht ist heute unseren guten und überzeugenden Argumenten gefolgt. Die Arzneimittelabgabe in Hüffenhardt bewegte sich abseits aller Vorschriften und Vorgaben, die für eine erlaubte und apothekenrechtlich einwandfreie Abgabe von Arzneimitteln bestehen“, sagte Ina Hofferberth, LAV-Geschäftsführerin und Rechtsanwältin. Dass sich DocMorris in Hüffenhardt über alle Bestimmungen hinweggesetzt habe, greife stark in den Wettbewerb ein und habe all jene benachteiligt, die sich an Recht und Gesetz halten. Die Botschaft für Hofferberth ist klar: Was dort als verlängerter Arm eines zulässigen Versandhandels ausgegeben werden sollte, entbehrt jeglicher rechtlicher Grundlage.“
Hüffenhardt ist kein Phantasialand
Hofferberth macht aber auch deutlich, dass der heutige
Erfolg nur ein erster Etappensieg ist. Das „ungleiche Kräftemessen einer großen
Kapitalgesellschaft gegen kleine inhabergeführte Apotheken” werde weitergehen. Doch die Anwältin betont: „Der LAV wird den Kampf für seine Mitglieder mit aller Entschiedenheit
fortsetzen”. Denn: „Es widerspricht unserem Rechtsempfinden zutiefst, wenn die
öffentlichen Apotheken alle Vorgaben und Regularien für einen rechtmäßigen
Betrieb streng einhalten – und bei Nichtbeachtung bestraft werden, während eine
ausländische Kapitalgesellschaft sich über geltendes Apotheken- und
Arzneimittelrecht hinwegsetzen kann. Die Dreistigkeit, mit der man bestehendes
und geltendes Recht ignoriert hat, ist beispiellos”. Würde dies Schule machen,
käme es zu einem Dammbruch – es tue daher gut, wenn nun ein Gericht bestätige, dass auch Hüffenhardt „kein rechtsfreier Raum, kein Phantasialand ist, in dem man sich die Welt
zurechtbiegt, wie man es gerade will.“
Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen
Das Landgericht Mosbach wird noch in vier weiteren Eilverfahren Urteile zum Fall Hüffenhardt sprechen. Für den 21. Juni ist die nächste Urteilsverkündung anberaumt. Dann geht es um die Verfahren der drei Apothekerinnen und Apotheker, die von Noweda unterstützt werden. DocMorris hatte diese Unterstützung in der mündlichen Verhandlung als rechtsmissbräuchlich kritisiert. Zudem hatten die Vertreter der Versandapotheke bestritten, dass zwischen DocMorris und den in der Hüffenhardter Umgebung gelegenen Apotheken ein Wettbewerbsverhältnis bestehe. Dass die Vorsitzende Richterin am Landgericht Karin Hark in diesen Fällen zu einem anderen Ergebnis kommen wird als heute, ist zwar nach dem heutigen Urteil schwer vorstellbar. Es würde aber ohnehin nichts daran ändern, dass Hüffenhardt erst einmal geschlossen bleibt.
Berufung, Hauptsacheverfahren und Verwaltungsgericht
Grundsätzlich sollte man auch im Hinterkopf behalten: Bei einer einstweiligen Verfügung findet nur eine sogenannte „summarische Prüfung“ der Rechtslage statt – das liegt daran, dass es sich um ein Eilverfahren handelt. Es soll also schnell gehen, eine rechtlich vertiefte Prüfung ist nicht gefordert – diese ist dem sogenannten „Hauptsacheverfahren“ vorbehalten, das parallel zu oder nach dem einstweiligen Verfügungsverfahren angestrengt werden kann.
Kommt das Gericht im Eilverfahren also zu der Erkenntnis, dass der Anspruch mit überwiegender Wahrscheinlichkeit besteht und überdies so dringlich ist, dass er schnellstmöglich bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache gesichert werden sollte, erlässt es die einstweilige Verfügung. Das letzte Wort ist heute also noch nicht gesprochen worden – aber das Mosbacher Urteil wird auf jeden Fall ein Wegweiser sein.
Das am heutigen Mittwoch
verkündete Urteil ist mit dem Rechtsmittel der Berufung anfechtbar.
Diese kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim
Oberlandesgericht
Karlsruhe eingelegt werden. DocMorris hat schon im Vorfeld angekündigt,
im Fall einer für sie ungünstigen Entscheidung Rechtsmittel einzulegen.
Mehr Bedeutung werden die vor dem Verwaltungsgericht anstehenden Entscheidungen haben. Dort geht es um die Rechtmäßigkeit der Schließungsverfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe – sowohl in einem Eil- als auch in einem Hauptsachverfahren. Hier ist DocMorris selbst Antragstellerin beziehungsweise Klägerin – ihr Gegner ist das Regierungspräsidium Karlsruhe.
6 Kommentare
Entschuldigung
von Christiane Patzelt am 14.06.2017 um 19:56 Uhr
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Bravo Ina Hofferberth und Team!
von Uwe Hansmann am 14.06.2017 um 17:48 Uhr
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Ein ehrliches und herzliches Dankeschön
von Christiane Patzelt am 14.06.2017 um 13:45 Uhr
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AW: Ein ehrliches und herzliches Dankeschön
von LAV-Pressestelle am 14.06.2017 um 15:18 Uhr
AW: Ein ehrliches und herzliches Dankeschön
von Frank Ebert am 14.06.2017 um 17:56 Uhr
AW: Ein ehrliches und herzliches Dankeschön
von Christiane Patzelt am 14.06.2017 um 19:46 Uhr
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